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Die Bauunternehmer müssen sich vor dem Amtsgericht Potsdam verantworten.

© Hajo von Cölln

Bauunternehmer vor Gericht: Zwei Stahnsdorfer sollen fast 700.000 Euro veruntreut haben

Die Bauunternehmer stehen wegen nicht bezahlter Sozialabgaben in mehr als 160 Fällen vor Gericht. Schon im Mai 2012 wurde der Zoll auf die Vorgänge aufmerksam.

Von Sarah Stoffers

Potsdam/Stahnsdorf - Mehr als eine Stunde dauerte die Anklageverlesung am Amtsgericht Potsdam am gestrigen Mittwoch im Prozessauftakt gegen zwei Angeklagte aus Stahnsdorf. Den beiden 63 und 49 Jahre alten Männern wird in 162 Fällen das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt zur Last gelegt. Insgesamt geht es um eine Summe von 663.765 Euro.

Die beiden Angeklagten sollen in ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer beziehungsweise Mitgesellschafter von fünf Bau- und Vermietungsfirmen in der Zeit von Januar 2010 bis Januar 2013 Arbeitnehmer nicht bei den Sozialversicherungsträgern angemeldet und die Sozialversicherungsabgaben nicht an die zuständigen Krankenkassen abgeführt haben. Dem 49-jährigen Angeklagten wird darüber hinaus zur Last gelegt, entsprechende Lohnsteuer für die Arbeitnehmer zu niedrig beziehungsweise bewusst nicht beim Finanzamt angegeben zu haben.

Zoll wurde aufmerksam

Der Zoll wurde laut Anklageschrift am 9. Mai 2012 bei der Kontrolle eines Bauvorhabens in der Potsdamer Friedrich-Ebert-Straße, das von einer der fünf Firmen betreut wurde, auf die Vorgänge aufmerksam. Dort wurden rumänische Bauarbeiter angetroffen, die angaben, als selbstständige Einzelunternehmer zu arbeiten. Die gleiche Behauptung stellten 21 ebenfalls rumänische Bauarbeiter bei einer Kontrolle einer Baustelle in der Teltower Iserstraße auf, die am 10. Oktober 2012 stattfand. 

Laut Anklage hätten Untersuchungen allerdings ergeben, dass die Bauarbeiter in den genannten Fällen in einem abhängigen Arbeitsverhältnis zu der Firma standen und somit Scheinselbstständige waren, für die Sozialabgaben hätten abgeführt werden müssen. Da die Firma von den beiden Angeklagten gemeinsam geführt wird, gerieten auch die anderen Firmen der beiden in den Fokus weiterer Ermittlungen. Insgesamt geht die Anklage von 90 rumänischen Arbeitskräften aus, die von den beiden Angeklagten in ihren Firmen als Scheinselbstständige beschäftigt wurden.

Streit um Anklageschrift

In der Anklageschrift sind minutiös alle jährlichen und monatlichen Beträge jeder einzelnen Firma aufgelistet, die die beiden Angeklagten nicht abgeführt haben sollen.

Die Verteidigung drängte zum Prozessauftakt auf die Verlesung des kompletten Schriftstücks. Allen Verfahrensbeteiligten sollte damit deutlich gemacht werden, welche Schwächen die Anklageschrift aufweise, sagte Carsten Wegner, Anwalt der Verteidigung. Sie sei strukturell ein Desaster. Es sei nicht ersichtlich, wie sich die einzelnen Beträge zusammensetzen. Ohne verständliche Anklageschrift fehle eine zwingende Grundvoraussetzung für den Prozess und die Arbeit der Verteidigung. Der Prozess soll am 22. Januar fortgeführt werden. Bis dahin soll über die Anklageschrift noch einmal beraten werden.

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