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Baumkronenpfad in den Beelitzer Heilstätten: Über den Wipfeln der Ruinen

In vier Wochen soll der Baumkronenpfad zwischen den Ruinen der Beelitzer Heilstätten eröffnen. Die PNN durften schon einmal exklusiv in 25 Metern Höhe über Baumkronen und Hausdächer wandeln.

Von Enrico Bellin

Beelitz - Der Aussichtsturm steht. Auch der Pfad 25 Meter über den Beelitzer Heilstätten ist fast fertig, einige vormontierte Wegstücke müssen noch auf ihre Pfeiler gesetzt werden. In vier Wochen soll der Baumkronenpfad auf dem Gelände der einstigen Lungenheilanstalt eröffnet werden – und, so viel ist schon klar, die Blicke sind atemberaubend.

Der dreieckige Turm, der 40 Meter über die Heilstätten ragt, passt sich überraschend gut in das mehr als 100 Jahre alte Gebäude- und Parkensemble ein. Durch den dichten Wald auf dem Gelände ist er vom Boden aus meist nicht zu sehen, der Blick des Besuchers bleibt bei der Hauptattraktion: den Ruinen, die seit mehr als 20 Jahren sich selbst überlassen sind. Inzwischen sind sie eingezäunt, um Vandalismus zu verhindern.

Eintritt für den Baumkronenpfad der Beelitzer Heilstätten

An ihnen vorbei geht es zu den hölzernen Liegehallen, in denen Lungenkranke einst bei frischer Waldluft kurierten. Die beiden Hallen direkt am Hauptweg sind bereits mit neuem Dach und Holzwänden versehen. Boden und Metallgerüst sind meist original, ausgebesserte Stellen gut zu sehen. „Es gehört zu unserem Konzept, das Material soweit möglich zu erhalten und nur wo es wirklich nötig ist auszubessern“, sagt Georg Hoffmann, Geschäftsführer der Heilstätten Projektentwicklungs GmbH (HPG). Auch die Farbgebung des neuen Dachs ist original, innen in Weiß und Beige. „Die Architekten haben das früher so gemacht, da Beige die Schattenfarbe von Weiß ist und man so keine Schatten sieht“, erklärt Hoffmann.

In der rechten Halle werden die Kassen eingerichtet, erst ab diesem Punkt müssen Besucher Eintritt zahlen. 9,95 Euro werde das Ticket für Erwachsene kosten. Die linke Halle soll für einen Souvenirladen und Gastronomie genutzt werden, davor wird ein Biergarten angelegt. Wer darin sitzt, blickt direkt auf die Hauptattraktion: die frühere Frauenklinik, die seit 1945 unangetastet ist und auf deren Dach ein Wald wächst.

Blick in Höhe von 38 Metern

Um sie herum schlängelt sich die Stahl- und Holzkonstruktion des Baumkronenpfades, am Donnerstag sind die Bauarbeiter gerade dabei, die Brückenteile hinter der Klinik zu montieren. Nach wenigen Minuten Waldwanderung steht man vor dem Turm, daneben ein Flachbau für ein Restaurant und Toiletten sowie ein weiterer Souvenir-Shop. Auf Stufen aus gelochtem Stahl, durch die man geradewegs in die Tiefe sehen kann, geht es den Turm hinauf. Die Aussichtsplattform in 38 Metern Höhe muss noch beplankt werden, auf einem Balken kann man an das Geländer balancieren und den Rundumblick genießen: Aus dem dichten Grün der Baumkronen ragen in alle Richtungen Dachgiebel und spitze Erker der Ruinen hervor, Wetterfähnchen drehen sich im Wind. Ruhe liegt auf den Heilstätten, von der nahen Autobahn oder den Bahngleisen ist nichts zu hören – ein Ort zum Innehalten.

Der Fahrstuhlschacht ist noch leer, doch beim Baumkronenpfad in den Heilstätten werden auch Rollstuhlfahrer die Aussicht genießen können. In 25 Metern Höhe zweigt der eigentliche Pfad vom Turm ab. Der 300 Meter lange Pfad, der inklusive Turm etwa drei Millionen Euro kostet, hat drei Ausbuchtungen, auf denen der Ausblick ungestört zu genießen sein wird.

Spuren der Geschichte bleiben erhalten

Höhepunkt wird wohl der Blick auf das bewaldete Hausdach sein. Eine 27 Meter lange Brücke, die noch angeliefert werden muss, führt einmal über das Haus zu einer dreieckigen Aussichtsplattform, die mit 15 Metern Schenkellänge die gleichen Ausmaße hat wie der Turm. Dort und in der Mitte des Pfades wird es eine Treppe geben, über die der Pfad geräumt werden kann. „Im Normalfall sollen die Besucher aber wieder zurücklaufen und über den Turm absteigen“, sagt Georg Hoffmann. Ein Zählsystem am Turm soll Gedränge auf dem Pfad verhindern.

Hoffmann plant bereits die nächsten Bauabschnitte, die Ruinen sollen schließlich wieder genutzt werden, beispielsweise als Restaurants oder Hotels. „Dabei werden wir Spuren der Geschichte wie Einschusslöcher in den Wänden bewusst erhalten“, sagt der Geschäftsführer. Die Häuser sollen einmal ähnlich aussehen wie das gegenüberliegende Landhotel Gustav.

40 Millionen Euro investiert

Auch der Baumkronenpfad soll schrittweise erweitert werden, auf eine Länge von etwa einem Kilometer. „Im nächsten Abschnitt, der über Wald führen wird, werden wir Netze rund um den Pfad anbauen“, so Hoffmann. Kinder könnten dann einmal um ihre auf dem Steg wandernden Eltern herumklettern. Inklusive der Gebäudesanierung sollen in das Areal 40 Millionen Euro fließen, davon seien fast sieben Millionen bereits investiert.

„Eigentlich sind die Heilstätten jetzt schon gerettet“, sagt Georg Hoffmann. Mit dem neuen Pfad werde es einen Anlaufpunkt geben, von dem aus Gäste das Gelände erleben können. Ein Baumkronenweg bei Bad Harzburg in Niedersachsen habe in den ersten zwei Monaten nach Eröffnung 50 000 Besucher angelockt, und das ohne historische Gebäude rundherum. „Wir arbeiten momentan Führungen zu verschiedenen Themen wie Medizingeschichte, Architektur oder Forstwirtschaft aus.“ Den Gästen soll Vielfalt geboten werden, sie sollen schließlich wiederkommen.

Keine große Eröffnungsparty

Der Park wird Hoffmann zufolge ganzjährig geöffnet bleiben, Besucher werden im Sommer von 9 bis 19 Uhr empfangen. Im Winter wird mit einbrechender Dunkelheit geschlossen, da der Weg über den Bäumen unbeleuchtet ist.

Wer Lust auf die Heilstätten bekommen hat, sollte sich bis zur um den 20. August herum geplanten Eröffnung gedulden. Um das Gelände patrouilliert rund um die Uhr Wachschutz. Eine große Eröffnungsparty soll es vorerst nicht geben. „Wir wollen nicht von den Massen überrannt werden“, sagt Hoffmann. Das Beispiel eines Spargelessens, das im benachbarten Teil der Heilstätten stattfinden sollte und abgesagt wurde, weil im Internet fast 20 000 Menschen ihr Kommen ankündigten, hat abgeschreckt.

Lesen Sie weiter: Die Geschichte der Beelitzer Heilstätten >>.

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