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Marsch auf die Insel. Bürgermeisterin Saß weiß, dass den Bewohnern einiges zugemutet wird. Die Sicherheitsmaßnahmen seien aber in den vergangenen Jahren verstärkt worden.

© Paul Zinken/dpa

Baumblütenfest in Werder: Das Blütenfest fällt nicht aus

Ein Bewohner wollte das Spektakel per Eilantrag verhindern. Bürgermeisterin Manuela Saß ist froh, dass das nicht klappte.

Werder (Havel) - Das war knapp für das am Samstag beginnende Baumblütenfest: Ein Bewohner der Inselstadt, der Rechtsanwalt Hans Hinrich Schroeder-Hohenwarth, wollte das neuntägige Obstweinspektakel per einstweiliger Gerichtsanordnung verhindern. Schroeder-Hohenwarth sieht seine Freiheitsrechte durch die Sperrung der Inselstadt beeinträchtigt, unter anderem, weil er mit seiner Familie nicht mit dem Auto zu seinem Haus oder zur Kirche gelangen kann. Doch das Potsdamer Verwaltungsgericht wies seinen erst am vergangenen Sonntag gestellten Eilantrag zurück.

Besonders ältere Menschen hätten Probleme

Ein Rechtsanspruch, jederzeit sein Wohnhaus mit dem Kraftfahrzeug erreichen zu können, bestehe nicht, urteilten die Richter. Veranstaltungen wie das Blütenfest seien durch Anlieger grundsätzlich hinzunehmen. Werders Bürgermeisterin Manuela Saß (CDU) begrüßte gestern den Beschluss. „Wir wissen natürlich, dass wir den Bürgern auf der Inselstadt mit dem Baumblütenfest besonders an den Wochenenden einiges zumuten“, sagte Saß gegenüber den PNN. Den Bewohnern sei aber bekannt, dass „das Baumblütenfest zu Werder gehört wie das Oktoberfest zu München“. Die Stadt habe sich durch das Fest einen Namen gemacht und würde vom Besucheransturm profitieren.

Schroeder-Hohenwarth zeigte sich gestern unterdessen verärgert, dass das Verwaltungsgericht auf seine Argumente gar nicht eingegangen sei. „Dass kein Mensch den Anspruch hat, dauerhaft sein Haus mit dem Auto zu erreichen, wusste ich auch“, sagte er den PNN. Die Richter hätten sich aber nicht mit der besonderen Gefährdungslage auf der Insel mit der engen Brücke befasst und ebenso wenig mit den Problemen, die besonders ältere Menschen mit der tagelangen Sperrung haben – so auch, wenn sie einen Notarzt benötigen und der nicht auf die Insel komme. Schroeder-Hohenwarth ist selbst Jahrgang 1944, er war letzter Präsident der Treuhandanstalt.

Angst vor Lärm, Fäkalien, Drogen und marodierenden Betrunkenen

In seinem Eilantrag zitiert er aus der amtlichen Bekanntmachung, in der die Stadt am 11. April die Sperrungen angekündigt hat. Demnach ist die Innenstadt an den Wochenenden und am 1. Mai ab 10 Uhr auch für Anwohner-Kfz gesperrt, aus Sicherheitsgründen können weitere Sperrungen vorgenommen werden. Unklar bleibe, ab wann die Anwohner wieder auf die Insel fahren dürfen, moniert Schroeder-Hohenwarth. Auch Parkmöglichkeiten auf der Insel seien zum Blütenfest eingeschränkt, selbst davor und danach. „Alles zusammengenommen führt daher das Fest auf der Insel während zweier Wochen zu unterschiedlich intensiven Beeinträchtigungen für die Inselbewohner, von Lärm, Fäkaliengestank, Erbrochenem, Drogenkonsum und -dealerei sowie der Angst vor marodierenden Betrunkenen ganz abgesehen.“

Das Fest gehöre nicht auf die Insel

Schroeder-Hohenwarth will nicht ausschließen, Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss einzulegen. Er hatte schon im Frühjahr 2014 gedroht, dass Blütenfest per Eilantrag platzen zu lassen. Mit einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft war er Ende letzten Jahres gescheitert, auch mit einer Beschwerde beim Generalstaatsanwalt, der keine Anhaltspunkte für eine Nötigung sah. Straftatbestände, etwa Amts- und Vermögensdelikte, seien nicht geprüft worden, kritisiert Schroeder-Hohenwarth.

Für ihn gehört das Fest nicht auf die Insel. Die Stadt habe es versäumt, bei der Ausdehnung des Festes seit den 90er-Jahren für Sicherheit zu sorgen, „So hat sie die besonderen Chancen nach der ,Wende’ nicht genutzt, zum Beispiel mit Unterstützung der Treuhand und des Landes Brandenburg das Blütenfest an den ehemaligen sowjetischen Militärstandort in den heutige Havelauen ... als kaum störanfälligen Ereignisort zu verlegen“, wie es im Eilantrag weiter heißt.

Eine Verlegung kommt für die Bürgermeisterin nicht infrage

Für Bürgermeisterin Saß steht eine Verlegung des Blütenfestes derweil nicht zur Debatte. Sie betonte gestern, dass die Sicherheitsaktivitäten in den vergangenen Jahren massiv verstärkt worden seien und das Fest nach unschönen Schlagzeilen seit dem Jahr 2010 zunehmend wahrgenommen werde als „schönes Volksfest, auf das sich alle freuen“. Soweit wie möglich werde Rücksicht auf die Belange der Bewohner genommen, so sei die Festzeit auf 22 Uhr beschränkt worden und es fänden keine Großkonzerte mehr auf der Insel statt. Bauzäune würden Privathäuser schützen. „Natürlich können wir trotzdem nicht verhindern, dass der eine oder andere Gast die Toilette nicht aufsucht“, so Saß. Gegen Hinterlassenschaften an Hauswänden helfe ein Gartenschlauch, wenn nötig, helfe die Stadt.

Auch die ärztliche Versorgung für die Bewohner sieht die Bürgermeisterin nicht gefährdet. „Zu keinem Zeitpunkt im Jahr ist ein Notarzt oder Sanitäter näher als zur Baumblüte.“ Selbst wenn ein Rettungswagen etwas länger brauchen sollte, sei die Erstversorgung durch die Festsanitäter stets gewährleistet.

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