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Das Digitalwerk im Werderaner Bahnhof wurde am Mittwoch eröffnet.

© E. Bellin

Bahnhof Werder: Digitalwerk liefert Ideen für das Handwerk 2.0

Fit für die Zukunft: Im neuen Digitalwerk im Werderaner Bahnhof gibt es kostenlose Fortbildungen auch für kleine Firmen. 

Von Enrico Bellin

Werder (Havel) - Die kleine Karte in der Hand von Sebastian Enger wirkt unscheinbar, soll aber drei Karten ersetzen und Handwerkern mehr Umsatz bescheren: „Die Karte vereint eine Guthabenkarte, eine EC-Karte und eine Cashback-Karte in sich“, sagt der Entwickler aus dem Werderaner Digitalwerk bei dessen Eröffnung im Werderaner Bahnhof am Mittwochnachmittag. Der Datenträger im Kreditkartenformat hat einen Funkchip und kann von umgerüsteten iPods ausgelesen werden. Das System, das auch eine Selbstbedienungskasse und ein Barzahlerterminal beinhaltet, wurde von einem privaten Anbieter entwickelt und soll in den nächsten Wochen in Betrieb gehen.

Damit Kunden zu der kleinen Kette und nicht zur großen Konkurrenz gehen

Im Digitalwerk wird erklärt, warum es dem Handwerk nutzt: Die Karte soll kleine Boni auf ein Kundenkonto laden, etwa 25 Cent bei einem Einkaufswert von zehn Euro. „Wenn ihre kleine Bäckereikette dieses Bezahlsystem nutzt und Rabatte anbietet, wird der Kunde sicher öfter zu ihren Filialen gehen statt zu Konkurrenten um die Ecke“, so Engel. Da das Bezahlen hauptsächlich ohne Bargeld funktioniert, gehe es schneller. Zudem wird die Kommunikation mit dem Finanzamt einfacher: Wenn das Amt einmal die Umsätze der vergangenen drei Jahre sehen will, muss man nur einen Knopf am Hauptterminal drücken und bekommt meterlange Ausdrucke.

Michael Grothe findet das bargeldlose Zahlen – eine von acht zur Eröffnung aufgebauten Lernstationen im Digitalwerk – faszinierend, auch wenn in seiner Firma Greibo Chemie in Velten (Oberhavel) eher Großkunden kaufen und das Geld überweisen. „Es ist einfach spannend, was man heutzutage so machen kann.“ Digitalisierung halte auch bei ihm im Chemiewerk Einzug. Auch wenn das Digitalwerk eigentlich fürs Handwerk zuständig ist, die Firma aber zur Industrie gehört, erhofft sich Grothe Unterstützung. Die Produktion sei bereits digitalisiert, um eine höhere Fertigungsqualität zu erreichen. Aber noch müssten Arbeitsplätze gestaltet werden, die auch Menschen die Arbeit in der Fertigung erlauben, „die die Chemieherstellung nicht von der Pike auf gelernt haben.“ Dabei hofft Grothe auf die Unterstützung des Digitalwerkes.

Wie berichtet ist das Werk ein Projekt des Instituts für Innovations- und Informationsmanagement, das an die Technische Hochschule Brandenburg angegliedert ist. Drei Jahre lang wird das Digitalwerk, in dem ständig sieben Mitarbeiter vor Ort sein sollen, mit insgesamt zwei Millionen Euro gefördert, das Land gibt dafür Fördergelder der Europäischen Union weiter.

19 Lernstationen im Digitalwerk

Neben dem bargeldlosen Bezahlen konnte man sich zur Eröffnung unter anderem über digitale Personalplanung, kundenfreundliche Terminplanung oder das digitale Vermessen von Räumen sowie dreidimensionale Drucke informieren. „Künftig werden wir 19 solcher Lernstationen anbieten, aber nicht immer alle aufgebaut haben“, sagt Projektmanagerin Silja Wolff. Die Veranstaltungsangebote stehen auf der Homepage. Vom 21. bis zum 25. Januar gibt es etwa jeweils zwischen 9 und 10 Uhr die Möglichkeit, sich kostenlos in den Räumen im früheren Güterschuppen des Bahnhofes Möglichkeiten zur digitalen Personalplanung aufzeigen zu lassen. Mit den Handwerkskammern will man sich Wolff zufolge abstimmen, welche Kurse nötig sind.

Der Präsident des Brandenburger Handwerkskammertages Robert Wüst betonte zur Eröffnung die Notwendigkeit des Digitalwerks. „Manche Unternehmen denken, das Kapitel Digitalisierung ist mit dem Erstellen einer Homepage abgeschlossen.“ 

Doch Digitalisierung könne Zeit sparen und Freiräume in der Firma schaffen, wenn man sie richtig plant. Gleichzeitig sagte Wüst in Richtung von Wirtschaftsminister Jörg Steinbach, dass dafür auch überall im Land Breitbandanschlüsse nötig sind. Steinbach nannte dafür keinen Zeitraum, rief die Handwerksfirmen aber dazu auf, das Angebot des Digitalwerks rege zu nutzen und sich auf neue Technik einzulassen.

Doch noch sehen nicht alle Unternehmer die Notwendigkeit. So wollte sich Ronald Dieckmann, der im sachsen-anhaltinischen Genthin einen Schrotthandel und Containerverleih mit sechs Mitarbeitern betreibt, zwar gestern informieren. „Wir werden die Digitalisierung aber so lange wie möglich rausschieben.“ Um die Touren seiner beiden Lastwagen zu planen, brauche er keine komplizierte Technik. Und auch bargeldlose Bezahlung sei in dem Gewerbe nicht gefragt: „Die Kunden, die mir Schrott oder Altpapier bringen, wollen sofort ihr Geld ausgezahlt haben.“ Da könne er nicht sagen, der Betrag sei dann in einigen Tagen auf dem Konto.

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