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Bahnhof in Schwielowsee: Ein Bahnhof für 50 Pendler

Schwielowsees Grüne fordern Halbstundentakt nach Berlin. Derzeit werden die Züge aber kaum genutzt.

Von Enrico Bellin

Schwielowsee - Montagvormittag in der Regionalbahn von Potsdam nach Michendorf. „Nächster Halt: Caputh-Geltow. Bedarfshalt, zum Aussteigen bitte Sprachtaste betätigen.“ Michael Jungclaus, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion und geübter Bahnfahrer, sucht lange nach der Taste, die links neben der Tür versteckt ist. „Ja, ick halte“, sagt der Fahrer durch den Lautsprecher. Außer Jungclaus und seinem Begleiter Nils Naber steigt niemand am Bahnhof ein oder aus. Weder Fahrräder noch Autos stehen rund um das verfallene Bahnhofsgebäude. Mit etwa 50 Reisenden am Tag gehört der Bahnhof zu den Stationen im Land mit den wenigsten Fahrgästen.

Dabei sind die Voraussetzungen nicht schlecht: Vom Ortskern sind es gute fünf Minuten mit dem Rad zum Bahnhof, der Zug fährt stündlich und braucht neun Minuten in die Potsdamer Innenstadt. Zudem ist die parallel verlaufende Bundesstraße oft zugestaut, die Fahrt mit dem Auto nicht schneller als per Bahn. „Wir müssen unsere Einwohner überzeugen, öfter die Bahn zu nehmen“, sagt Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) beim Gespräch mit Jungclaus, der derzeit 60 kleine Stationen im Land besucht.

Nutzerzahlen sind überschaubar

Seit Gründung der Gemeinde vor 13 Jahren arbeite man Hoppe zufolge an einem besseren Nahverkehr in der Region. Kurzzeitig stand die Bahnstrecke vor Jahren schon einmal vor dem Aus, was Schwielowsee mit drei Bahnhöfen besonders treffen würde. Grund waren die Nutzerzahlen: Auch in Caputh-Schwielowsee, dem bestfrequentierten, steigen täglich nur 250 Leute ein, in Ferch-Lienewitz, mehrere Kilometer außerhalb von Ferch gelegen, sind es nur 30. „Das Problem ist die Abstimmung von Bus und Bahn, Verhandlungen mit der Deutschen Bahn dauern über Jahre und gestalten sich extrem zäh“, so Hoppe. Nach langen Verhandlungen konnte sie kürzlich einen Erfolg verbuchen: Seit Februar gibt es erstmalig eine Busanbindung von Ferch-Lienewitz in den Ortskern und weiter bis nach Werder, zunächst aber nur bis zum Herbst. Vor einer Verlängerung werde geschaut, wie die Fahrgäste den neuen Service nutzen.

In Caputh-Geltow gibt es indes noch immer keine Bushaltestelle, nicht einmal ausgeschilderte Parkplätze. Doch das ist Hoppe zufolge nicht das größte Problem: „Von Berlin nach Geltow muss man in Potsdam umsteigen, und wenn der Regionalexpress Verspätung hat, muss man in Potsdam eine Stunde auf den Anschluss warten.“ Die meisten Geltower würden daher mit dem Auto zunächst sogar in die entgegengesetzte Richtung nach Werder (Havel) fahren, um dort gleich in den Regionalexpress nach Berlin zu steigen. Pendler aus Caputh würden, statt die Regionalbahn zu nutzen, mit dem Auto nach Potsdam fahren und dort in den Regionalexpress umsteigen.

Bessere Busanbindung und Bau von Park&Ride-Parkplätzen

Der Basisverband der Schwielowseer Grünen fordert daher eine Durchbindung der Züge zumindest zur Hauptverkehrszeit bis nach Berlin im Halbstundentakt sowie den Bau von Park&Ride-Plätzen und eine verbesserte Busanbindung. „Das Problem dabei ist aber, dass das Infrastrukturministerium Mehrbestellungen bei Zügen nur vornimmt, wenn an anderer Stelle gekürzt wird“, so Michael Jungclaus. Für die Forderung sehe der daher keine guten Chancen.

Jungclaus lobte indes das Engagement der Gemeinde für besseren Nahverkehr: 10.000 Euro zahlt Schwielowsee jährlich, damit auch der Ortsteil Ferch ins Berliner Tarifgebiet integriert ist. Dazu kommen noch einmal mehrere Tausend Euro, die die Gemeinde für den Bus nach Werder zahlt. Dem Fercher Ortsvorsteher Roland Büchner (Bürgerbündnis) zufolge könne die Gemeinde nicht mehr Geld für Bahnhofsgestaltungen oder Busanbindungen ausgeben. Das Land sei gefragt, ein Förderprogramm für bessere Bahnhofsanbindungen aufzulegen.

Verkehrsprobleme mit Potsdam lösen

Büchner und Hoppe plädierten auch für eine gemeinsame Verkehrsplanung mit der Stadt Potsdam. „Die Stadtverwaltung scheint nicht mehr daran interessiert, die Verkehrsprobleme gemeinsam zu lösen“, sagte Hoppe im Hinblick auf die bekannt gewordenen Umbaupläne in der Zeppelinstraße. Sie soll wie berichtet auf eine Fahrspur pro Richtung eingeengt werden. „Wir werden uns gegen solche Pläne immer mehr wehren, und wenn wir notfalls auf der Zeppelinstraße demonstrieren“, so Hoppe. Schließlich werde das Problem dadurch nur von Potsdam nach Schwielowsee verlagert.

Die Zugfahrt nach Potsdam könnte der Bürgermeisterin zufolge wenigstens bald attraktiver werden: So seien vom privaten Besitzer des Geltower Bahnhofes Bauanträge an das Landratsamt geschickt worden, der Bahnhof soll zu einem kulturellen Treffpunkt umgestaltet werden. Auch neue Parkplätze sind geplant. Genaue Pläne zum Umbau sollen im Sommer vorgestellt werden.

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