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Sanierungsfall. Besonders die den Bahnsteigen zugewandte Bahnhofsseite in Michendorf ist in schlechtem Zustand. Die Grundsanierung der Station würde eine halbe Million Euro kosten.

© A. Klaer

Bahnhof in Michendorf: Michendorf gibt grünes Licht für den Bahnhofskauf

Nach einer Entscheidung der Gemeindevertreter kann die Michendorfer Verwaltung mehr als 200 000 Euro für ihren Bahnhof ausgeben. Sie darf aber darauf verzichten, wenn sich ein privater Investor darauf einlässt, den Bahnhof zügig zu sanieren. Mehrere Investoren signalisierten bereits Interesse.

Von Enrico Bellin

Michendorf - Die Zukunft des Michendorfer Bahnhofes ist weiter unklar. Zwar haben die Gemeindevertreter am Montagabend mehrheitlich mit einer Gegenstimme beschlossen, dass die Gemeinde bei der Bahnhofsversteigerung mitbieten darf. Sie kann aber auch einen Deal mit einem privaten Investor abschließen.

Mindestangebot der Deutschen Bahn: 98.000 Euro

Das Mindestgebot für den Bahnhof wurde von der Deutschen Grundstücksauktionen AG, die das Gebäude im Auftrag der Deutschen Bahn versteigert, mit 98 000 Euro angegeben. Der Bahnhof kommt am 24. März unter den Hammer. Bis zu welcher Höhe die Gemeinde mitbieten darf, wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit entschieden, um privaten Mitbietern keinen Vorteil zu verschaffen. Fest steht jedoch, dass das Höchstgebot über der Grenze von 200 000 Euro liegen wird: Die Gemeindevertreter mussten einen Nachtragshaushalt bestätigen, der erst ab dieser Grenze nötig wird.

Ein Änderungsantrag der SPD-Fraktion wurde am Montagabend in den Beschluss zur Ersteigerung integriert: Demnach kann der Bürgermeister auf die Abgabe eines Angebotes verzichten, wenn sich ein privater Bieter noch vor der Versteigerung in gut einer Woche notariell dazu verpflichten sollte, bis zur von den Gemeindevertretern festgelegten Höchstgrenze mitzubieten. Zudem muss er nach spätestens zwei Jahren einen Bauantrag für die Bahnhofssanierung gestellt und drei Jahre nach der Baugenehmigung alle Arbeiten abgeschlossen haben. So soll verhindert werden, dass der Bahnhof zum reinen Spekulationsobjekt wird. SPD-Gemeindevertreter Volker-Gerd Westphal hält zwar den Erwerb durch die Gemeinde für eine bessere Variante. „Wir wissen aber, dass der Bürgermeister für einen Kauf durch Privatinvestoren ist und wollten durch den Antrag verhindern, dass die Gemeinde zu leichtfertig auf ein eigenes Angebot verzichtet“, erklärt Westphal den PNN.

Sanierung des Bahnhofs könnte zwei Millionen Euro kosten

„Ich glaube aber, dass die Leistungsfähigkeit bei einem privaten Investor höher ist“, bestätigt denn auch Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU). Er rechne damit, dass eine komplette Sanierung des Bahnhofes inklusive der nötigen Ausschreibungen zwei Millionen Euro kosten würde. Diese Summe ist nach einem Gutachten der Gemeinde für eine komplette Sanierung nötig. Westphal verweist jedoch darauf, dass eine Grundsanierung den Gutachtern zufolge schon für etwa 500 000 Euro machbar ist. Zudem könne man Fördergelder einwerben.

Wie viele Mitbieter die Gemeinde haben wird, ist noch unklar. Der zuständige Mitarbeiter des Auktionshauses war am gestrigen Dienstag jedoch sehr beschäftigt. Wie eine Mitarbeiterin bestätigte, sei der Bahnhof Michendorf derzeit ziemlich gefragt. Auch Michendorfs Bürgermeister selbst habe an mehreren Bahnhofsbesichtigungen mit Investoren teilgenommen. Wer davon schlussendlich mitbieten wird, wisse aber auch er nicht. „Ich bin sehr gespannt, wie sich der Auktions-Freitag entwickeln wird“, so Mirbach. Wie berichtet hatte die Gemeinde der Bahn bei einem ersten Kaufangebot 50 000 Euro für das Gebäude mit 700 Quadratmetern Fläche und das 1640 Quadratmeter große Grundstück geboten, was mehrere Gemeindevertreter als zu niedriges Alibi-Angebot bezeichneten. Wie es zur Differenz zum jetzt deutlich höheren Angebot kam, wollte Mirbach nicht kommentieren.

Bahnhof steht unter Denkmalschutz

Das bis 1913 gebaute Bahnhofsensemble mit einem Anbau von 1925 steht unter Denkmalschutz und liegt im Sanierungsgebiet. In solchen Fällen hat die Gemeinde nach Paragraf 24 des Baugesetzbuches grundsätzlich ein Vorkaufsrecht, das aber nur greift, „wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt“. Zudem muss die Gemeinde dem Gesetz zufolge beim Kauf den Verwendungszweck des Grundstückes angeben.

Der steht jedoch noch nicht fest. Derzeit sind ein Restaurant, eine Arztpraxis, ein Lagerraum und zwei Wohnungen im Bahnhof vermietet. Laut Versteigerungskatalog kommt damit eine Jahresnettomiete von 17 400 Euro zustande. Stephan Wilhelm von der Agentur BahnStadt, die Investoren zu Bahnhofskäufen berät, hat am Montagabend eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vorgestellt. Demzufolge wäre eine gewerbliche Nutzung der meisten Bahnhofsflächen die gewinnbringendste Variante, sehr knapp dahinter sei aber eine Variante mit sozialem Schwerpunkt gelandet: In der würde die Gemeinde etwa ihr Familienzentrum, für das sie derzeit Räume bei der Caritas angemietet hat, im Bahnhof unterbringen und dementsprechend Miete sparen. Kosten dieser Varianten wurden im öffentlichen Teil nicht genannt.

Dass Investoren es für möglich halten, den Bahnhof gewinnbringend zu sanieren, zeigen zwei Interessenten: Der Wilhelmshorster Projektentwickler Jürgen Stoye hat in der Gemeindevertretersitzung dargelegt, dass er gern mitbieten werde und mit einer Rendite zwischen sechs und neun Prozent rechnet. Laut Reinhard Mirbach ist auch ein Investor aus der Schweiz interessiert und rechnet mit einer Rendite von fünf Prozent.

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