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Ausstellung in Petzower Schinkelkirche: Im Turm der Erinnerung

Die Künstlergruppe Konnex Berlin stellt in der Petzower Schinkelkirche Abstrakt-Poetisches aus

Werder (Havel) - Einmal im Jahr raus aus Berlin und woanders ausgestellt, damit man nicht in sich versumpft und versandet, und auch nicht im metropolen Kulturbetrieb! So hält es die Künstlergruppe Konnex Berlin seit ihrer Gründung im Jahr 2013. Also Dortmund, Hannover, Borgwedel seitdem, dazu ’rein in die Warteschleife, um endlich auch mal in der begehrten „Galeriekirche Petzow“ ausstellen zu dürfen. Drei Jahre musste man sich gedulden, doch nun ist es soweit: Seit Sonntag zeigen Jutta Barth, Jürgen Kellig, Annette Polzer und die Caputherin Siegrid Müller-Holtz in der Schinkel-Kirche, was sie unter „abstrakt-poetisch“ verstehen. Um es vorweg zu sagen: Die Ausstellung hält in weiten Teilen, was der paradoxe Titel verspricht, obwohl man das angesichts einer durchweg „postmodernen“, weitgehend abstrakten Bildsprache in Malerei, Fotografie und Collage eher nicht vermuten würde. Vom Gesamteindruck her strahlt sie eine erstaunliche Harmonie aus, Zeichen für ein funktionierendes Gruppen-Empfinden. Farbkraft und traditionelle Figürlichkeit sucht man vergeblich, dafür scheint ein Hang zur Minimierung von Linie und Farbe die Vier zu vereinen. Klar, was urban ist, wird auch in Petzows Landluft nicht paganischer. Wo gäbe es einen „Turm des Erinnerns“ denn nicht.

Auffällig linkerhand die großformatigen Fotografien von Annette Polzer, Sie hat Alltagsgegenstände nach ihren Schatten befragt, und, wie Goethe in seiner Farblehre, genau dort den fast sphärischen Anklang gefunden, wo Schwarz und Weiss sich begegnen. Toll, wie das weht und webt, auch im Gemüt des Betrachters. Eher nüchtern treten einem die Ölbilder von Jürgen Kellig entgegen. Spurensuche mit Punkten und Streifen im Netzwerk des Seins. Es ist fast so, als wollte er dem guten alten Pointillismus wie auch Miró eine Renaissance bescheren. Auch hier größere Formate („informell-gestisch“), unübersehbar. Wer will, kann jede Menge Mikro-Struktur in endloser Vernetzung entdecken. Wie bei seinen Kolleginnen findet man auch von ihm rechts am Eingang Zeichnung und Druckgrafik. Manches ist einfach kleiner viel größer.

Siegrid Müller-Holtz beschäftigt sich seit langem mit Materialbild und Collagen, wie man sie bei den Offenen Ateliers oft schon gesehen hat. Und so entdeckt man auch hier Entsprechendes unter programmatischen Titeln wie „Faszination Material“, „Horizonte“ und „Klimawandel“. Dreidimensional in den Raum gehievt, ringen nicht selten Vernunft und Gefühl um Einklang darin. Dies alles in einem fahlen Licht. Ihre Spezialität heißt „Upcycling“, also die nochmalige Verwendung des bereits Aufgearbeiteten. Schön, dass sie auch ein paar Farbzeichnungen im Postkarten-Format mitgebracht hat. Jutta Barth nun schöpft sich ihren papiernen Grund per Büttentechnik selber. Auch sie hat Sinn für „Abgelegtes“: In „So viel Maria“ baut sie ein Netzwerk aus Eschensamen, welche die Gestalt der Muttergottes zu haben scheinen. Bei „Lunarien“ sind es Silberblatt-Samen, durch zarte Tuschelinien verbunden. Hier wird „Abstrakt-Poetisch“ sogar richtig konkret. Formale Erklärung braucht es da nicht, es genügt, solche Bildkonstruktionen, wie „Turm der Erinnerung“, auf sich wirken zu lassen.

Eine echte Ensemble-Leistung also, aus ganz unterschiedlichen Teilen von „abstrakt“ und „poetisch“ gewoben, harmonisch, und noch immer reichlich modern. Obwohl aus Berlin, obwohl auf dem Lande. Gerold Paul

Schinkelkirche Petzow, bis zum 2. Juli Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr

Gerold Paul

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