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In Stahnsdorf wurden heute bereits erste Reparaturen an den Dächern erledigt.

© Andreas Klaer

Update

Aufräumarbeiten in Stahnsdorf: Wer zahlt den Schaden durch die Fliegerbombe?

Nach der Sprengung der Fliegerbombe fragen sich viele Stahnsdorfer, ob ihre Versicherungen die Schäden an den Häusern zahlen. Bis Sonntagnachmittag wurden Fenster und Dächer vor dem Sturm Sabine gesichert. 

Von
  • Valerie Barsig
  • Enrico Bellin

Stahnsdorf - Die Stahnsdorfer haben ihre nach der Bombensprengung in der Nacht zum Samstag beschädigten Häuser am Sonntag notdürftig vor dem Sturmtief "Sabine" gesichert. Wie die Feuerwehrchefin Steffie Pietzner den PNN am Sonntagnachmittag sagte, hatte die Baufirma, deren Mitarbeiter am Freitag auf die 500-Kilo-Fliegerbombe englischer Herkunft gestoßen war, unkompliziert zusätzliche Handwerkerfirmen organisiert, die den Stahnsdorfern schnell geholfen haben. "Es wurde gesichert, was irgendwie ging", so Pietzner. Teilweise wurden zerstörte Fenster zunächst mit Pressspahnplatten abgedichtet, um vor dem am Sonntagnachmittag heranziehenden Sturmtief Sabine sicher zu sein.

Die Druckwelle breitete sich am Hügel aus

Bereits am Samstag waren auf beschädigten Dächern Dachdecker zu sehen. Viele Schaulustige sahen sich den Bombenkrater vom Zaun der Baustelle aus an. Gegen 3.30 Uhr in der Nacht war die Fliegerbombe kontrolliert gesprengt worden, nachdem eine Entschärfung misslang. Mehrere Tausend Stahnsdorfer hatten wie berichtet ihre Häuser und Wohnungen verlassen müssen, durch die Druckwelle wurden Dächer abgedeckt und Scheiben gingen zu Bruch - zwei Häuser wurden am Samstagmittag für unbewohnbar erklärt. Die meisten Schäden sind Pietzner zufolge in der Ruhlsdorfer Straße, der Wilhelm-Külz-Straße und der Mühlenstraße aufgetreten, die Druckwelle der Detonation hatte sich dort an einem Hügel aufwärts bewegt. 

Einiges muss künftig besser laufen

Trotz der Schäden ist Pietzner mit dem Verlauf des Einsatzes zufrieden. Insgesamt betrachtet habe alles gut geklappt. Sie bittet die Bürger darum, diese Leistung nicht in Frage zu stellen: "Die Leute müssen sich keinen Kopf machen, ob wir hier gut gearbeitet haben. Es ist erschreckend, wie doch viele in den sozialen Netzwerken alles besser wissen." Es gibt Pietzner zufolge jedoch einige Bereiche, in denen für die Zukunft nachgearbeitet werden müsse: So sei die Erreichbarkeit von Mitarbeitern der Gemeinde und der Hilfskräfte anfangs schlecht gewesen, auch habe es zu lange gedauert, bis brauchbares Kartenmaterial zum Eintragen des Sperrkreises vorhanden war. Bis Freitagabend gab es nur eine grobe Skizze. Und auch die Ausstattung der Notunterkünfte mit Betten hätte der Feuerwehrchefin zufolge schneller gehen können. "Es war aber auch eine Situation, die wir nicht alle Tage haben wollen", so Pietzner. Die Feuerwehr sei teils bis 7 Uhr Samstagmorgen im Einsatz gewesen.

Am Haus von Thomas Steinecker (49), der auch bei der Freiwilligen Feuerwehr in Stahnsdorf arbeitet, wurden fünf Fensterscheiben beschädigt. Wie er berichtet, flogen auch einige Dachziegel durch die Druckwelle ab und fielen danach zurück, wodurch sie das Dach weiter beschädigten. 

Einige Uneinsichtige wollten ihre Häuser zunächst nicht verlassen

Steinecker war auch an der Evakuierung von Freitag auf Samstagnacht beteiligt. Der Einsatzstab, der nachmittags eingerichtet wurde und zu dem er gehörte, versuchte, den Sperrkreis zügig zu räumen. "Allerdings hatten wir das Problem, dass viele Leute nicht selbstständig in ihre Wohnungen verlassen konnten." Außerdem hätten sich einige Uneinsichtige zunächst geweigert, ihr Haus zu verlassen, berichtet er. 

Steineckers Nacht war kurz: Er hat nur zwei Stunden geschlafen. Erst heute Morgen begutachtete er die Schäden an seinem Haus. Dachdecker und Glaser, die in der Nähe seines Hauses Werkstätten haben, haben schnell ein paar notdürftige Reparaturen vollzogen, berichtet Steinecker. 

Wer zahlt jetzt?

Für Steineckers Vater Volkmar (77) stellt sich nun allerdings die Frage, wer die Schäden bezahlt. Ob ihre örtliche Versicherungsagentur die Schäden übernimmt, ist für die Steineckers bisher noch unklar.

Laut Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft werden Schäden durch kontrollierte Sprengungen von Fliegerbomben in der Regel von der Gebäudeversicherung, im Innern des Hauses von der Hausratsversicherung übernommen, auch wenn sie nicht im Versicherungskatalog aufgenommen sind. "Dem GDV ist kein Fall bekannt, bei dem Versicherer einen solchen Schaden nicht reguliert hätten", sagte auch Gerhard Ponzel, Sprecher des GDV auf PNN-Anfrage. Allerdings sind Versicherungsunternehmen nicht an die Musterbedingungen des GDV gebunden.

Schäden werden Montag begutachtet

Am Montag sollen auch die Schäden an den Rohbauten neben der Fundstelle der Bombe untersucht werden, sagte Christopher Haak, Projektleiter der Bonava den PNN. Die Käufer der Wohnungen stehen bereits fest, Beschwerden gab es von ihnen allerdings nicht. Laut Haak sei derzeit nicht sicher, ob einer der aufgestellten Kräne weiter in Betrieb genommen werden könne. Ein Festigungsseil hatte sich gelöst, das inzwischen zwar wieder für die Stabilität des Krans sorge, allerdings sei der Kran eventuell nicht mehr voll funktionsfähig. Am Sonntagmorgen wurde er laut Haak demontiert, weil er wegen des heraufziehenden Sturmtiefs Sabine ein zu hohes Sicherheitsrisiko darstellte.  

Kurzerhand ins Ferienhaus

Tina Schulz ist mit ihrem Ehemann und den zwei Kindern nach der ersten Nachricht über die Bombe einfach kurzerhand in das Ferienhaus der Familie nach Straußberg gefahren. Ihr Haus im Weinbergviertel von Kleinmachnow lag auch im Sperrkreis, 500 Meter entfernt vom Ort der Sprengung. Kaputtgegangen ist dort nichts, allerdings haben die Schulzes beim heutigen Spaziergang zahlreiche andere Schäden bemerkt: "Vom Kran sind Splitter abgeflogen und bei einem Haus auf der Straßenseite gegenüber ist die Bodenplatte durchgebrochen, weil es keinen Keller hat", berichtet Tina Schulz. Auch der im Ort bekannte Ballsaal "Ballerino" brauche nun ein neues Dach. Die zwei Kinder der Schulzes, sieben und 13 Jahre alt, fanden das ganze hingegen sehr spannend. "Das ist ein Einblick in die Zeitgeschichte, den sie da bekommen haben."

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