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Potsdam-Mittelmark: Auf Halde

Die Neuseddiner Firma Egerland ist der größte Umschlagpunkt für Autos in der Region

Seddiner See - Zuerst wirft Simone Hormig einen Blick in den Computer, dann über ein Meer aus Blech, Stahl und Glas. Ihr Arbeitsplatz besteht aus 400 000 Quadratmetern Betonfläche, auf denen fast 8000 Autos stehen. Hormig ist eine von insgesamt 16 Frauen, die bei der Firma Egerland in Neuseddin arbeiten. Auf dem Gelände des europaweit tätigen Unternehmens werden jährlich rund 100 000 Fahrzeuge repariert, gewartet und gereinigt. Hormigs Aufgabe ist es, deren Verteilung in die einzelnen Service-Bereiche zu organisieren.

Das Unternehmen Egerland verdient sein Geld mit Neu- und Gebrauchtwagen. Haben neue Autos das Werk verlassen, kommen sie auf Wunsch des jeweiligen Händlers direkt nach Neuseddin. Dort können sie komplett aufbereitet werden. „Das heißt, dass wir die Wagen Showroom-fertig machen“, sagt Standortleiter Frank Wessolowsky. „Das schließt alles vom Entfernen der Transportschutzfolie bis zum Betanken ein.“ Anschließend werden die Fahrzeuge an Händler in Berlin und Brandenburg geliefert. Die haben zudem die Möglichkeit, bei Egerland Lagerplatz für ihre Autos zu mieten.

Zum anderen lebt das Unternehmen von der sogenannten Gebrauchtwagenlogistik: Fahrzeuge aus Firmenflotten sowie Leasing- oder Mietwagen werden für den Wiederverkauf durch die Hersteller vorbereitet. Das wird als Remarketing bezeichnet und beinhaltet die Instandsetzung und Säuberung der Autos. Dabei werden die Autos nicht nur mal eben aufpoliert, die Arbeiten reichen bis zur Geruchsneutralisierung des Innenraums, etwa bei ehemaligen Pizzadienst- oder Raucherfahrzeugen.

Als Fahrzeugbereitstellerin prüft Simone Hormig jeden Morgen zunächst die Aufträge der Händler: „So weiß ich dann, welches Auto welchen Service bekommen soll“, sagt sie. Anschließend suche sie auf dem Platz die Fahrzeuge raus und schicke sie in die jeweiligen Abteilungen, ins Lager, ins Lackierzentrum, in die Werkstatt oder in die Waschstraße. Dort fährt sie viele von ihnen gleich selbst hin. Außerdem ist Hormig für die Zuweisung an die Autovermietungen zuständig. Denn bevor es per Laster zu den einzelnen Stationen geht, müssen an jedem Wagen Kennzeichen und Plaketten angebracht werden. Dafür, dass Zulassung und Verbandskasten vorhanden sind, sorgt Hormig ebenfalls.

In Neuseddin ist Egerland seit 1990 ansässig. Dort befindet sich die größte von sieben Niederlassungen deutschlandweit. Darauf lässt wenig schließen, wenn man mit dem Auto in Richtung Beelitz fährt. Denn das riesige Areal liegt versteckt inmitten des waldigen Gebietes an der Bundesstraße 2. Auf dem ehemaligen NVA-Gelände sind derzeit 166 Mitarbeiter beschäftigt. Den Standort selbst hat noch die inzwischen verstorbene Felicitas Egerland, die Frau des Firmengründers Werner Egerland, ausgesucht. „Zum einen wurde die Firma 1949 in Berlin gegründet, sodass Frau Egerland gern wieder in die Region zurück wollte“, sagt Frank Wessolowsky. „Zum anderen ist die Lage günstig, denn wir haben einen direkten Zugang zur Autobahn.“ Hinzu kommt die Nähe zum Bahnhof Seddin, mit dem das Gelände über zwei Gleisanschlüsse verbunden ist.

Seit einiger Zeit können auch Privatkunden ihr Auto bei Egerland reparieren lassen, unabhängig von der Marke. „Dieser Bereich ist uns sehr wichtig, denn erst durch ihn erreichen wir die konstante Auslastung unserer Kapazitäten“, sagt Wessolowsky. „Darum haben wir den Privatkundenservice in den letzten Jahren als drittes Standbein ausgebaut.“ Er reiche vom Reifenwechsel über Inspektionen und Unfallreparaturen bis hin zur Verständigung mit der Versicherung. Dafür stünden ein Lackierzentrum sowie die Werkstatt für Autos und Lastwagen zur Verfügung. Die Reparaturen würden komplett von den eigenen Mitarbeitern ausgeführt, ohne Zeitarbeitsfirmen.

Seit Anfang 2016 gehört Egerland zur französischen Unternehmensgruppe STVA. Die Werner Egerland Automobillogistik GmbH & Co. KG besteht weiter, aber als Tochterfirma unter dem gemeinsamen Dach. In die Zukunft blickt man in Neuseddin optimistisch. „Wir wachsen in allen drei Bereichen“, sagt Frank Wessolowsky. Darum würden auch dringend Azubis gesucht.

Simone Hormig ist inzwischen seit 25 Jahren bei Egerland beschäftigt. Ihr Job mache ihr nach wie vor Spaß. „Ich liebe es, mit den verschiedenen Autos umherzufahren“, sagt sie. Auch in einem von Männern dominierten Berufszweig zu arbeiten, sei für Hormig kein Problem. „Anfangs musste ich lernen, mit den Sprüchen der Kollegen umzugehen, aber ich habe mich schnell dran gewöhnt“, sagt sie lachend, als sie an diesem Tag einen letzten Kontrollgang über den Platz macht.

Stefan Kahlau

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