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Potsdam-Mittelmark: Auf dem Irrweg?

Diakonissenhaus will historische Straße wegen Bauplänen verlegen. Doch der Widerstand wächst

Teltow - In Teltow könnte schon bald eine historische Wegeverbindung aus dem Stadtbild verschwinden. Das Evangelische Diakonissenhaus Berlin Teltow Lehnin plant, ein Teilstück der Osdorfer Straße und damit einen bei Radlern und Spaziergängern beliebten Weg zu bebauen. Der Entwurf zum Bebauungsplan wurde bereits abgesegnet und öffentlich ausgelegt. Doch noch hoffen Stadtverordnete und Fahrradclub, die Pläne zu verhindern. Am Montag wird sich der Hauptausschuss mit dem Thema befassen. Dort liegt ein Antrag der Grünen sowie der gemeinsamen Fraktion von Linke/Umweltaktiven/BfB und Piraten zum Erhalt des Weges vor. Aus Sicht des Diakonissenhauses gibt es jedoch keine Alternative.

Unterstützt wird der Evangelische Träger dabei ausgerechnet von der SPD, die bislang in den Gremien für die Pläne votierte. Dabei hätten mit der Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung, Andrea Scharrenbroich, sowie der Fraktionsvorsitzenden Christine Hochmuth zwei Stadtverordnete über den Bebauungsplan mit beraten und abgestimmt, die im Verbund des Diakonissenhauses tätig sind, kritisiert der Grünen-Politiker Eberhard Adenstedt. Von den Betroffenen wird dies weniger problematisch gesehen. Die Kommunalaufsicht hätte beide Fälle geprüft und keine Bedenken gehabt, entgegnen die Frauen.

In den Einrichtungen des Unternehmensverbundes seien mehr als 2300 Mitarbeiter beschäftigt, wovon sich etliche auf unterschiedlichen Ebenen und im gesamten politischen Spektrum engagieren, erklärte zudem der Sprecher des Diakonischen Unternehmensverbundes, Alexander Schulz. Einen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten von frei gewählten Abgeordneten würde das Unternehmen aber nicht ausüben, betonte er.

Die Kritiker beklagen, dass mit den Bauplänen ein weiteres Stück Geschichte der Stadt verschwinden würde. Schon vor wenigen Monaten waren an der Potsdamer Straße Bäume einer zu einem ehemaligen Gutshof führenden Allee gegen den Widerstand von Umweltschützern und Heimatverein für Wohnbauten geopfert worden (PNN berichteten). Wie diese Allee sei auch der Osdorfer Weg, heute Osdorfer Straße, historisch bedeutsam. Von den ehemaligen Scheunen am Ruhlsdorfer Platz führte er hinter dem Diakonissenhaus in Teltow-Seehof entlang zum einstigen Örtchen Osdorf.

Der Bebauungsplan sieht auf dem bislang unbebauten Areal Wohn- und Zweckbauten vor, die der im Sozial-, Alten- und Gesundheitswesen tätige Träger dort realisieren will. Ein Teilstück der Osdorfer Straße führt jedoch von der Evangelischen Schule im Norden quer durch das geplante Baugebiet und mündet in der Spitze in den Heinersdorfer Weg. Nach den Plänen des Diakonissenhauses soll die Straße nun etwa 300 Meter vor der Einmündung nach Süden hin abgeknickt werden und hinter dem zur Schule gehörigen Sportplatz entsprechend eines bereits vorhandenen Trampelpfades in Richtung S-Bahn verlaufen. Dies sei erforderlich, da sonst Teile des Plangebietes verkehrlich nicht erschlossen werden können, so der Pressesprecher des Diakonissenhauses. Eine alternative Bebauungsplanung gäbe es nicht, erklärte Schulz.

Der Teltower und passionierte Radler Roland Schmid begleitet die Entwicklung vor Ort schon seit Jahren mit kritischem Blick. Er sieht durchaus Möglichkeiten, den Weg zu erhalten: „Die geplanten Neubauten könnten leicht anders platziert und der Abschnitt der Osdorfer Straße als Anliegerstraße ausgebaut werden“, meint er. Die Wegeverbindung werde nicht nur rege von Fußgängern und Radfahrern genutzt. Auch diene die mit orts- und landschaftsprägenden Bäumen und Sträuchern gesäumte Allee den Patienten der nahen Reha-Klinik zur Erholung, mahnen die Stadtverordneten in ihrem Antrag. „Der Ausbau des Fuß- und Radwegenetzes sowie der Erhalt vorhandener, funktionierender Wegestrukturen sollte ebenfalls Ziel der städtebaulichen Entwicklung neuer Baugebiete in Teltow sein“, heißt es dort.

Auch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) interveniert. „Wenn man den Bürgern als Angebot immer nur komfortable Straßen macht, Radwege unzureichend ausbaut, mangelhaft pflegt oder gleich abschafft, darf man sich nicht wundern, wenn die überwiegende Mehrheit konsequent das Auto nutzt“, klagt Stefan Overkamp, Sprecher der Teltower Ortsgruppe des Fahrradclubs. Gerade für Radfahrer sei eine Wegeverbindung wie die der Osdorfer Straße sehr attraktiv, weil sie ein hohes Sicherheits- und Komfortgefühl vermittle. Eingebunden in einen vernünftigen Radwegenetzplan käme ihr zudem eine wichtige Verbindungsfunktion zu. Altstadt und Geschäfte in der Potsdamer Straße, Schulen und Kindergarten wären über den Weg schnell und einfach zu erreichen. Anstelle eines konstruktiven Kompromisses drücke die Stadt Teltow die Maximalforderung der Diakonie durch, ärgert sich der ADFC-Sprecher.

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