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Arbeiten auf dem südlichen Berliner Ring: „Bei den Bauplanern fehlt es absolut an Kommunikation“

Dauerstau wegen Markierungsarbeiten auf dem südlichen Berliner Ring bei Potsdam: Der ADAC-Experte Jörg Becker wirft im PNN-Interview den Planern Kommunikationsversagen und Sparen auf Kosten der Autofahrer vor.

Von Enrico Bellin

Herr Becker, um acht Kilometer Autobahn neu zu markieren braucht die bundeseigene Fernstraßenplanungs- und Bau GmbH Deges derzeit acht Tage. Zwischen den Dreiecken Nuthetal und Potsdam stehen nur zwei, teilweise sogar nur eine Fahrspur zur Verfügung. Ist das normal?

Ich bin darüber sehr überrascht. Es gab ja im Vorfeld viele Interviews, in denen versprochen wurde, dass die Arbeiten zum Autobahnausbau ohne größere Verkehrsbehinderungen ablaufen werden. Zwar sind Markierungsarbeiten immer mit erheblichen Staus verbunden. Der Bauablauf ist aber kritikwürdig und scheint mir auf Kostenersparnis ausgelegt zu sein. Statt mit einem Mal den gesamten Abschnitt zu markieren, hätte man an mehreren Wochenenden kürzere Abschnitte markieren können. So hätte man etwa samstags von 18 bis 22 Uhr und sonntags von 5 bis 10 Uhr arbeiten können, wenn deutlich weniger Autos unterwegs sind.

Laut Deges können Markierungsarbeiten nicht bei Dunkelheit durchgeführt werden. Stimmt das?

Aus Gründen der Arbeitssicherheit ist das sicher vernünftig. Auf der Berliner Avus hat man allerdings auch Tag und Nacht markiert und mit Flutlicht gearbeitet. Man hätte die Arbeitszeit wesentlich besser auf das Verkehrsaufkommen abstimmen müssen.

Für Kritik sorgte, dass am vergangenen Sonntag trotz der Rückreisewelle vom DFB-Pokalfinale nur eine Fahrspur zur Verfügung stand. Das sorgte für kilometerlange Staus. Ist der Zeitraum für die Arbeiten klug gewählt?

Zunächst einmal fehlt es bei den Bauplanern absolut an Kommunikation. Man hätte bereits in den Nachbarbundesländern über die Bauarbeiten informieren müssen und auch im Verkehrsfunk deutlich auf die Ausweichmöglichkeiten aufmerksam machen sollen. Wer im Süden von der A13 kommt und in Richtung Norden will, sollte etwa statt über den südlichen Ring über den östlichen und nördlichen Ring fahren. Und wer vom Westen über die A9 oder A2 in das Berliner Zentrum will, sollte auf jeden Fall über den westlichen Autobahnring in die Berliner Innenstadt fahren, etwa über die Abfahrt Spandau. Diese Informationen fehlten im Verkehrsfunk völlig. Vor dem Pokalfinale hätten sie zudem auch im Ruhrgebiet um Dortmund herum und in Bayern bekannt gemacht werden müssen.

Am morgigen Donnerstag ist zudem Fronleichnam, ein Feiertag in acht Bundesländern. Hat das weitere Auswirkungen?

Wir rechnen deshalb bereits ab Mittwochabend mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen. Für Polen ist das ein sehr hoher Feiertag, viele werden durch Brandenburg hindurch in ihr Heimatland fahren. Dazu werden noch die Durchreisen von Wochenendausflüglern nach Mecklenburg-Vorpommern kommen. Sie alle müssten besser informiert werden, zudem war der Zeitpunkt für die Arbeiten sehr schlecht gewählt.

Vor dem Beginn der Markierungsarbeiten gab es feiertagsbedingt zwei lange Wochenenden, am Wochenende danach ist das Beelitzer Spargelfest. Hätte man da überhaupt Alternativen gehabt?

Die Frage ist, warum man das Baufenster so gewählt und nicht bereits im März statt im April mit den Arbeiten begonnen hat. Momentan gibt es ja nicht nur die Durchgangsreisenden, sondern auch viele Berliner, die zu den Beelitzer Spargelhöfen wollen oder Anfang des Monats zum Baumblütenfest nach Werder (Havel) gefahren sind. Bei einem Beginn der Markierungsarbeiten im März hätte man da rechtzeitig fertig sein können. Bis Mitte April gibt es ja erfahrungsgemäß ein eher geringeres Verkehrsaufkommen. Auch die Koordination mit Baustellen außerhalb des Autobahnnetzes lief schlecht. So wird derzeit etwa auch im Beelitzer Stadtgebiet eine Straße gebaut, die sonst als Umfahrung dient. Auch das trägt dazu bei, dass es in Beelitz teilweise zum Verkehrskollaps kommt.

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Viele Staus in der Baustelle entstehen, weil Autofahrer nach kleineren Unfällen auf der Fahrbahn stehen bleiben und auf die Polizei warten. Die Polizei rät, die Fahrbahn schnell zu verlassen.

Bei Bagatellunfällen sollte man den Unfall schnell dokumentieren und dann die Unfallstelle räumen. Schließlich kann auch ein kleiner Unfall mit leichtem Blechschaden im Baustellenbereich schnell zum Mega-Stau führen. Wenn die Schuldfrage am Unfall aber ungeklärt ist, sollte man auf jeden Fall auf die Polizei warten, bis man die Autos bewegt. Um Unfälle zu vermeiden, fordern auch wir vom ADAC die Autofahrer dazu auf, die Höchstgeschwindigkeit von 60 Stundenkilometern am Baustellenbeginn einzuhalten und sich ans Reißverschlussverfahren zu halten, also stets bis zum Ende der Fahrspur vorzufahren.

Das Gespräch führte Enrico Bellin

ZUR PERSON: Jörg Becker (62) ist Leiter der Verkehrsabteilung des ADAC Berlin-Brandenburg. Er hat Verkehrswesen in Dresden studiert und arbeitet seit 19 Jahren für den Automobilclub.

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