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Aktien für gesunde Lebensmittel: Regionalwert AG unterstützt Ökobetriebe in der Mittelmark

Die Regionalwert AG investiert in regionale Lebensmittelbetriebe. Die "Bürgeraktie" wird aktuell angeboten. Doch bei der geht es nicht um schnelle Rendite.

Potsdam - "Havelmi" ist Paavo Günthers großer Stolz. Der Haferdrink mit dem außergewöhnlichen Namen wird  in Ketzür produziert, einem Ortsteil der Gemeinde Beetzseeheide in Potsdam-Mittelmark. Dahinter steht eine Genossenschaft, die im April 2019 gegründet wurde. Die Produktionsstätte wurde mithilfe der Regionalwert AG finanziert. Letztere hatte am Donnerstag zum Pressetermin in das Potsdamer Rechenzentrum geladen, um auf ihre neue Finanzierungsrunde aufmerksam zu machen.

Hinter Havelmi steht eine Genossenschaft mit 56 Mitgliedern. Für Herstellung und Vermarktung gebe es zurzeit drei festangestellte Mitarbeiter, sagt Günther. Pro Woche würden etwa 1000 Flaschen produziert. Diese Menge solle in Zukunft deutlich gesteigert werden, daher würden noch zwei bis drei weitere Kräfte gesucht. An der Nachfrage mangle es jedenfalls nicht. Das Produkt werde über den Großhändler Terra an Biomärkte in der Region geliefert und sei immer schnell ausverkauft, sagt Günther.

Das Hafer, aus dem das Getränk hergestellt wird, bezieht Havelmi von einer Mühle in Vetschau, die es wiederum von drei Höfen der dortigen Umgegend bekommt. “Mittelfristig wird eine direkte Zusammenarbeit mit Biobauern angestrebt”, sagt Holger Fritz, Vorstand der Regionalwert AG. Eine Besonderheit der Finanzierung sei, dass die Maschinen zur Herstellung des Drinks nicht dem Start-Up gehörten, sondern der Mosterei Ketzür, in deren Räume sie auch stünden. Havelmi miete die Anlage von der Mosterei. Die Regionalwert AG ist an der Mosterei ebenfalls beteiligt. Fritz sieht in dieser Kooperation ein Modell für eine kooperative Form des Wirtschaftens entlang der Wertschöpfungskette “vom Acker bis zum Teller”.

Wenn es bei der Bank nicht so recht klappt

Die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg ist eine sogenannte Bürger-Aktiengesellschaft, die den Anspruch hat, in nachhaltige und ökologische Unternehmen zu investieren. Das Prinzip: Die AG nimmt durch den Verkauf von Aktien Geld ein, mit dem sie sich an regionalen Betrieben beteiligt. Das können Landwirtschaftsbetriebe ebenso sein wie lebensmittelverarbeitende Unternehmen,  Händler oder Gastronomen. Langfristig soll die gesamte Wertschöpfungskette abgebildet werden.

Fritz sagt, die Regionalwert AG wolle vor allem Unternehmen unterstützen, die ansonsten nur mit Schwierigkeiten Banken oder Risikokapitalgeber von sich überzeugen könnten. Etwa, weil es sich um junge Marken wie Havelmi handle oder weil sie wegen mangelnder finanzielle Rendite weniger attraktiv seien. Im Sinne eines verantwortungsbewussten Unternehmertums lege seine Gesellschaft vor allem Wert darauf, dass die Firmen soziale und ökologische Nachhaltigkeitsstandards einhalten.

Aufbau eines Netzwerkes

Neben der direkten finanziellen Investition unterstützt die Regionalwert AG die einzelnen Betriebe auch durch die die Vermittlung von Geschäftskontakten und den Aufbau eines Netzwerkes. Das erste dieser ungewöhnlichen Finanzunternehmen wurde 2006 von dem Freiburger Unternehmer Christian Hiß gegründet. Es folgten weitere, unter anderem in West- und Norddeutschland. Die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg besteht seit 2018, entstanden ist sie aus dem Hof Apfeltraum, einem Demeter-Betrieb im ostbrandenburgischen Müncheberg. Im vergangenen Jahr wurden erstmals Aktien ausgegeben. Inzwischen ist die AG nach eigenen Angaben in acht Betrieben in der Mark investiert.

Das Kapital wird durch die Ausgabe von Namensaktien eingesammelt, die ausschließlich über die Umweltfinanz Wertpapierhandelshaus GmbH gezeichnet werden können und nicht in den freiverkäuflichen Verkehr gelangen. Bei der aktuellen Finanzierungsrunde werden Aktien zu einem Nennwert von einem Euro ausgegeben. Deren Ausgabepreis beträgt 1,10 Euro, weil eine Verwaltungsgebühr anfällt.

Eine langfristige Anlage

„Wer investiert, muss wissen, dass es sich um eine langfristige Investition handelt“, sagt Fritz. Die Anleger seien in der Regel keine Börsenprofis, für viele sei es sogar das erste Mal, dass sie Aktien kauften. Es ginge ihnen nicht um schnelle Rendite, sondern um die Unterstützung der Agrarwende. “Die Hauptversammlung musste wegen der Coronakrise in diesem Jahr online stattfinden”, erzählt Fritz. Dass die AG einen Teil des eingesammelten Geldes zu ihrem eigenen Aufbau verwende, werde klar kommuniziert. Bis sie in die schwarzen Zahlen kommen und womöglich Dividenden ausschütten würden, könne es aber “fünf bis zehn Jahre" dauern. „Es soll keiner investieren, der das Geld nicht übrig hat“, empfiehlt Fritz.

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