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700. Stadtjubiläum für Werder: Protest gegen Wehrmacht im Festumzug

Bürger kritisieren die geplante Darstellung eines NS-Soldaten auf dem Festumzug in Werder. Sie befürchten, Rechtsextreme könnten diese Idee als Einladung auffassen.

Werder (Havel) - Gegen die geplante Darstellung eines Wehrmachtssoldaten im 700-Jahr-Festumzug gibt es nun Proteste von Werderaner Bürgern. Der Gymnasiallehrer Marcus Hausmann hat einen offenen Brief an das Festkomitee geschickt, in dem er „Sorgen und Bedenken hinsichtlich eines unter Umständen fragwürdigen Umgangs mit Geschichte“ äußert.

Stadtjubiläen seien dazu gedacht, „über die Traditionspflege einerseits Identität und Gemeinsinn“ zu stiften und andererseits „Gelegenheit zum Feiern und zur Unterhaltung“ zu bieten. Intensivere Erinnerungsarbeit zu komplexen Themen sei in Vortragsreihen, Diskussionsforen oder Museen gut aufgehoben, nicht aber in einem Festumzug: „Die DDR- und NS-Vergangenheit sind, anders als weiter zurückliegende historische Epochen, keinesfalls Themen, die in einem solchen Rahmen einer im besten Falle volkstümlichen Feierkultur in einer Festtagsprozession gut aufgehoben wären“, heißt es in dem Brief.

Einladung für Rechtsextreme zur Jubiläumsfeier befürchtet

Hausmann unterrichtet selbst Geschichte an einem Gymnasium in Dessau, ist aber familiär bedingt sehr häufig in Werder. Im Telefongespräch mit der PNN sagt er, er befürchte, dass die Umzugsszenen als Einladung an Extremisten verstanden würden: „Es kann ja immer sein, dass jemand – sei es aus Spaß oder was auch immer – dann den Hitlergruß zeigt, wenn die vorbeifahren.“ Der 1. Beigeordnete Christian Große (CDU) bestätigte auf PNN-Anfrage gestern den Erhalt des Briefs, wollte sich jedoch ausdrücklich nicht zu dessen Inhalt äußern.

Auch die Neu-Werderanerin Simone Holzwarth gehört zu einer Bürgergruppe, die einen Protestbrief gegen die Darstellung der NS-Zeit im Festumzug aufgesetzt hat. Darin sei noch von einem SA-Mann die Rede, sagt Holzwarth. Sie habe erst vor Kurzem erfahren, dass nun stattdessen ein Wehrmachtssoldat im Fahrzeug sitzen solle. „Wir haben unseren Brief nicht abgeschickt, auch weil wir den Eindruck hatten, es bringt nichts mehr – wo jetzt sogar die Linken zurückgerudert sind.“ Die Verfasser des Briefs lehnten die geplante Umzugsszene jedoch nach wie vor ab, „weil sie nur die Täterperspektive repräsentiert“, so Holzwart. „Man hätte ja auch Widerstandskämpfer zeigen können.“ Sie gehe davon aus, dass im festlichen Trubel die wenigsten Zuschauer auf die Erläuterungen achten werden, die die Organisatoren über Lautsprecher und per Informationsblatt zu der Szene geben wollen. 

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