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Kunstsammlung. Doro lässt sich von ihrer Umgebung und vom Internet zu Motiven inspirieren – zum Beispiel zum nackten Oberkörper von Jason Derulo. Ihre Bilder malt sie dann in Acryl vor laufender Handykamera. Im Zeitraffer ist der Malprozess anschließend auf der App musical.ly zu sehen.

© Andreas Klaer

16-jährige Malerin aus Teltow: Kunst für 36 000 Zuschauer

Mit 16 Jahren ist Dorothee Berger aus Teltow bereits ein angehender Social-Media-Star. Mehr als 36 000 Fans verfolgen im Internet regelmäßig, wie ihre Acryl-Gemälde entstehen.

Potsdam/Teltow - Unter dem Begriff „Musical“ verstehen die meisten erwachsenen Menschen ein Musiktheaterstück mit mehreren Sängern und Tänzern, wie zum Beispiel „Das Phantom der Oper“. Jugendliche, die sich mit sozialen Medien auskennen, verstehen darunter heutzutage: Ein 15-sekündiges Video, das sie mit der Handy-App musical.ly aufnehmen und in dem sie Playback singen oder – seltener – ein künstlerisches Talent präsentieren.

Die 16-jährige Dorothee Berger zeigt auf der Internet-Plattform Acryl-Gemälde, die sie auf einer Staffelei in ihrem Jugendzimmer anfertigt. Zu sehen sind auf den Bildern meist Tiere, Prominente oder einfach junge Frauen, die der Fantasie der Schülerin entspringen. Zwar braucht Doro, wie die 16-Jährige meist genannt wird, drei bis vier Stunden für ein Bild. Die App musical.ly hat aber eine Aufnahmefunktion mit Zeitraffer, sodass sich der gesamte Entstehungsprozess eines Gemäldes in 15 Sekunden zeigen lässt. Mit solchen Kurzvideos hat sich die Schülerin unter dem Namen @doro_dori eine beachtliche Fangemeinde erarbeitet. Rund 36 000 Menschen sehen sich regelmäßig die Entstehung ihrer Werke an.

Kein Mobbing - dafür viel Wohlwollen

Aktuell steht auf der Staffelei in Doros Zimmer das Bild eines brünetten Mädchens in einem rosa T-Shirt: „Das ist niemand Bestimmtes“, sagt die Schülerin, die vor drei Jahren mit ihrer Familie von Berlin-Schöneberg nach Teltow zog. Sie lasse sich davon inspirieren, was sie im Alltag sehe, von Buchtiteln oder von Fotos im Internet. Ein weiteres Bild, das sie vor Kurzem gemalt hat, zeigt den Sänger Jason Derulo, der der Lieblingsstar der 16-Jährigen ist, mit unbekleidetem, muskulösem Oberkörper.

Was der 16-Jährigen besonders an der App musical.ly gefällt, ist, dass die Nutzer fast ausschließlich wohlwollend in ihrem Urteil über die Darbietung anderer Nutzer sind. Mobbing gebe es auf musical.ly ihres Wissens nicht, sagt Doro, die früher in der Schule selbst gehänselt wurde. Ihr erstes Mal-Video stellte Doro an Weihnachten 2016 online, also vor etwas mehr als einem halben Jahr. Die Zahl derjenigen, die sich ihre neusten Veröffentlichungen ansehen wollten, stieg danach rasant an – wohl auch, weil Doro im Gegensatz zu vielen anderen Nutzern selbst etwas erschafft.

36 000 Fans auf musical.ly 

Die meisten „Muser“, wie sich die App-Nutzer nennen, bewegen lediglich ihre Lippen zu den Liedern ihrer Lieblingsstars. So machen es auch die beiden weltweit berühmtesten Muser, die ebenfalls aus Deutschland kommen: die 15-jährigen Zwillinge Lisa und Lena aus Stuttgart. Mit Videos von ihrem Playbackgesang erreichen die beiden Schwäbinnen mittlerweile rund 20 Millionen Follower. Zwar ist Doro von dieser Follower- Zahl noch weit entfernt, dafür ist sie mit ihrer Kreativität aber eine Vorreiterin. Einige würden singen, tanzen oder sich mit Comedy-Einlagen präsentieren.

Die App dient Jugendlichen dazu, ihre Talente auszuprobieren, aber auch Leute aus ihrer Umgebung besser kennenzulernen. Unter den 36 000 Menschen, die Doro auf musical.ly folgen, seien einige Schulkameraden, sagt die Gymnasiastin. „Manchmal grüßen mich auf dem Schulhof inzwischen Leute, die ich überhaupt nicht kenne.“ Von den meisten ihrer Fans hingegen weiß Doro nicht einmal den echten Namen, den muss nämlich kein Nutzer öffentlich machen.

Englischlehrerin kaufte ein Bild für 200 Euro

Langfristig möchte die Schülerin ihr Hobby zum Beruf machen und am liebsten freischaffende Künstlerin werden. Um ihren Bekanntheitsgrad zu erhöhen, möchte die Gymnasiastin vorerst weiter die sozialen Medien nutzen. Mit dem Abitur in der Tasche soll später vielleicht ein Kunststudium folgen. Nach dem bisherigen Erfolg auf musical.ly möchte Doro ihre Malkünste als nächstes auch auf YouTube präsentieren. Ihr Vater, der als Veranstaltungstechniker arbeitet, hat ihr dafür schon mal eine geeignete Kamera mit Stativ zur Verfügung gestellt. Anders als bei musical.ly reiche für ein YouTube-Video die Qualität der Handykamera nicht aus. Außerdem müssen die Nutzer ihre Videos selbst schneiden, womit sich Doro ebenfalls bald vertraut machen möchte. Der Aufwand kann sich lohnen: Erfolgreiche YouTuber erzielen mit Werbeeinnahmen teilweise vier- bis fünfstellige Monatseinnahmen. Die Videos auf musical.ly bringen den Musern hingegen kein Geld ein.

Neben einer Social-Media-Karriere auch auf YouTube will Doro sich bald um den Aufbau eines Online-Shops kümmern, in dem sie ihre Werke zum Verkauf anbieten möchte. Denn immer wieder würden Muser in Kommentaren zu Doros Bildern fragen, ob sie diese auch kaufen könnten.

Und vor Kurzem zeigte sogar die Englischlehrerin der 16-Jährigen Interesse an einem ihrer Werke. „Sie hat für 200 Euro ein Bild mit zwei Giraffen gekauft, das ich gemalt habe“, erzählt die Schülerin stolz. Aufmerksam geworden war die Lehrerin auf das Bild allerdings nicht über die Handy-App, sondern bei einer Präsentation in der Schule.

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Wer sich ein Profil bei musical.ly anlegt, kann die Videos von Dorothee Berger aufrufen.

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