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Entspannt herumliegen? Wer auf dem Sofa oder in der Hängematte seinen Aufgaben nachgeht, könnte aus Expertensicht schnell von Rückenschmerzen geplagt werden.

© Getty Images/iStockphoto

Permanentes Sitzen macht krank: So gelingt die Arbeit zu Hause ohne Rückenweh und Erschöpfung

Manche arbeiten zur Zeit mehr zu Hause, andere nur noch. Wer nicht aufpasst, schadet dort allerdings seiner Gesundheit. Eine Anleitung.

Ein idealer Schreibtisch

Eigentlich ist es so: Der Arbeitgeber richtet seinem Angestellten den Platz zu Hause ein. Er stellt eine funktionierende technische Ausstattung bereit, übernimmt die Kosten, führt eine Gefährdungsanalyse durch. Daran erinnert die IG Metall in diesen Tagen – und ist sich zugleich bewusst: „In der jetzigen Situation, davon ist auszugehen, werden nur die allerwenigsten Beschäftigten in einem komplett eingerichteten Telearbeitsplatz arbeiten können.“ Die Gewerkschaft appelliert deswegen an die Beschäftigten, das provisorisch hergerichtete Heimbüro selbstständig so gut wie möglich zu gestalten. „Gerade Homeoffice-Neulinge machen es sich oft zu einfach und setzen sich mit ihrem Laptop aufs Sofa“, mahnt André Siegl, Arbeitsschutzexperte beim Tüv-Verband. Das sei für den Körper fatal.

Als allererstes bräuchte jemand einen vernünftigen Tisch. Auch wenn dieser für gewöhnlich anders genutzt wird, sollte er freigeräumt und nur für den Job benutzt werden. Ein fester Platz hat immerhin auch den Vorteil, dass Kabel sicher fixiert werden. Wer braucht gerade noch Stolperfallen. Idealerweise sollte die Arbeitsfläche des Tisches mindestens 120 Zentimeter breit und 80 Zentimeter tief sein, um genügend Ablagefläche zu haben. Der Sehabstand zum Computerbildschirm sollte 50 Zentimeter nicht unterschreiten. Dazu rät der Industrieverband Büro und Arbeitswelt. Außerdem sollte der Schreibtisch so hoch sein, dass die Platte auf einer Linie mit den Ellenbogen oder knapp darunterliegt. Ein weiterer Anhaltspunkt ist der Freiraum zwischen der Unterseite des Tisches und den Oberschenkeln: Eine Handbreit gilt als optimal.

Die Tür schließen und für eine Weile Ruhe haben? Das dürfte in den meisten Wohnungen gerade nur ein Wunsch sein. Wer kein Arbeitszimmer hat, kann sich dennoch eine räumliche Abtrennung schaffen – zum Beispiel durch ein Regal oder eine Trennwand.

Richtig auf dem Stuhl sitzen

Im besten Fall hat jemand zu Hause einen Bürostuhl mit verstellbarer Höhe. Ist das nicht so, sind ein paar Details zu beachten: Sowohl die Ober- und Unterarme als auch die Ober- und Unterschenkel sollten in einem 90-Grad-Winkel zueinander stehen, heißt es vom Tüv. Die Sitzhöhe entspricht ungefähr der Kniekehlenhöhe. Die Füße sollten den Boden vollständig berühren; die Arme bestenfalls auf der Stuhllehne liegen und die Schultern ebenfalls angelehnt, um die Wirbelsäule zu schützen.

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Fühlt es sich gut an, muss man trotzdem regelmäßig aufstehen. „Langes Sitzen führt – egal auf welchem Stuhl – zwangsläufig zu Rückenschmerzen“, warnt Siegl. „Darüber hinaus kann eine falsche Position die Blutversorgung in den Beinen einschränken.“ Was noch gegen zu viel Starre und für Abwechslung sorgt: ein großer Gymnastikball.

Die technische Ausstattung

Für wochenlanges Arbeiten ist ein Laptop nur bedingt geeignet. Es lohnt sich aus Sicht des Tüv, die externe Tastatur und Maus sowie den Bildschirm aus dem Büro nach Hause zu holen oder neu anzuschaffen. Das entlaste den Nacken, Handgelenke und Augen. Ein Headset sorge außerdem für eine bessere, nicht nervende, Tonqualität bei Videokonferenzen mit Kolleginnen und Kollegen.

Ohne Monitor sollte der Laptop nach Empfehlungen der Büroindustrie zumindest erhöht aufgestellt werden, beispielsweise mit aufeinandergestapelten, dicken Romanen. Die Höhe des Bildschirms ist gut eingestellt, wenn die oberste Zeile etwas unter Augenhöhe liege. „Am besten schaut man entspannt von oben auf den Bildschirm herab, so als würde man ein Buch lesen“, ergänzt die IG Metall. Der Monitor sollte so weit nach hinten geneigt sein, dass der Blick senkrecht auf den Bildschirm trifft. Auch das dient dem Zweck, den Kopf leicht zu senken. Verspannungen werden unwahrscheinlicher.

Die Tastatur sollte in einem Abstand von 10 bis 15 Zentimetern von der Tischvorderkante platziert werden. Wenn möglich ist sie flach, wenig oder gar nicht geneigt, heißt es vom Tüv. Die Maus sollte zur Handgröße passen.

Genügend gutes Licht

„Lichtquellen ohne zu blenden und frische Sauerstoffzufuhr durch regelmäßiges Lüften erhalten Konzentrationsfähigkeit, Erinnerungsvermögen und ermöglichen ein gleichbleibend hohes Energielevel“, sagt der TÜV Verband. Der Arbeitsplatz sollte allerdings parallel zum Fenster eingerichtet werden, damit das Licht von der Seite einfallen kann. Sonnenstrahlen tun dem Gemüt gut. Lichtreflektionen stören aber auf dem Monitor. Für die künstliche Beleuchtung seien indirekte Lichtquellen eine gute Wahl, sofern sie ebenfalls keine Reflektionen oder Schatten verursachen. Was außerdem zu meiden ist? Spiegelnde und glänzende Oberflächen im Sichtfeld, sagt der Industrieverband Büro. So wie ein Arbeitstisch mit Glasplatte.

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Pausen nicht vergessen

Gerade wer bislang selten oder nie im Homeoffice gearbeitet hat, muss sich erstmal umstellen. Ein organisierter, disziplinierter Tagesablauf ist extrem wichtig. Dazu gehört auch Bewegung. Immerhin entfallen die üblichen Wege zu Meetings, Terminen, zu Kopierer und Kaffeemaschine. Das birgt enorme Risiken: Muskeln werden kaum aktiviert, wodurch der Körper weniger Kalorien verbrennt. Der Blutkreislauf und die Sauerstoffversorgung von Gehirn und Organen sind gehemmt. Es drohen Verspannungen, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Probleme.

Als Faustregel empfehlen Orthopäden: 50 Prozent Sitzen, 25 Prozent Stehen und 25 Prozent Gehen. Wie das gerade gehen soll? Telefonate im Schlendergang durch die Wohnung führen; den Text mal stehend an einem niedrigen Regal lesen, zwischendurch Dehnübungen machen wie etwa die Schultern rollen. „Im Homeoffice kann man sich in der Pause zudem etwas gönnen, was man sonst eher nicht macht“, sagt die Psychologin und Beraterin Kristine Qualen. Zwei Vorschläge: Mittags um den Block spazieren oder eine halbe Stunde joggen.

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Pausen sind außerdem wichtig, um sich mental zu erholen. Experten gehen davon aus, dass die durchschnittliche Konzentrationsspanne bei 70 bis 80 Minuten am Stück liegt. Auch deswegen ist es sinnvoll, immer wieder innezuhalten – und wenn machbar – dass Zimmer zu wechseln. Ab auf den Balkon, kurz mit einer Freundin telefonieren – oder mit der Familie gemeinsam zu Mittag essen.

Rituale am Morgen und Abend

Wenn alles in den immergleichen Wänden stattfindet, ist es schwer, die Arbeit vom privaten Leben zu trennen. Aus diesem Grund ist es ratsam, Anfang und Ende des beruflichen Tagesabschnitts bewusst zu gestalten. Zum Beispiel mit festen Uhrzeiten und kleinen Ritualen: Das kann am Morgen die Tasse Kaffee am Fenster sein, bei absoluter Stille, oder der Nachrichtenpodcast. Manch einer freut sich jetzt über die bequeme Jogginghose. Viele Experten raten allerdings dazu, sich trotz der Bequemlichkeit morgens zurecht zu machen und so zu kleiden, wie man es im Büro normalerweise täte. Das hilft, in den Arbeitsmodus zu kommen.

Routinen sind weiterhin nötig. Damit jemand nicht vor einer endlosen To-Do-Liste sitzt, unwissend, wo er anfangen soll, sollte er sich morgens zunächst hinsetzen und überlegen, was dringend erledigt werden muss. Diese Dinge werden dann der Reihe nach abgearbeitet, auch wenn die Küche mal wieder gewischt werden könnte. Ohne Plan in den Tag hineinleben wird aus Sicht von Kristine Qualen nicht funktionieren. Abends kann man sich fragen: Was hab ich geschafft? Wie effizient war ich? Wo kann ich was verbessern? Ein Abschlussritual hilft schließlich, den Job hinter sich zu lassen. Ein paar Ideen: Den Schreibtisch aufräumen, sich umziehen. Yoga machen oder einen anderen Sport auf dem Wohnzimmerboden. Die Fenster weit aufreißen, duschen, ein Lied laut hören.

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