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Lieber heute fahren: Tickets für Reisen von Mittwoch bis Freitag kann man auch am Dienstag nutzen.

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Update

Nur jeder vierte Fernzug fährt: Was Bahnreisende jetzt tun können

Man kann Tickets gratis stornieren oder später fahren. Bei Verspätungen gibt es Entschädigungen. Die Bahnkonkurrenten fahren. Run auf Fernbusse und Mietwagen.

Karl-Peter Naumann dürfte vielen Menschen aus der Seele sprechen. Der Streik der Lokführer sei "deutlich zu kurzfristig“, kritisierte der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn. Die Kunden bräuchten mehr Zeit, um ihre Reisen umzuplanen. „Ein Streik richtet sich bei der Bahn nicht nur gegen das Unternehmen, sondern auch gegen weite Teile der Bevölkerung. Viele Fahrgäste können nicht ausweichen", ärgert sich Naumann.

Tatsächlich macht der Ausstand Hunderttausenden, die jetzt mit der Bahn reisen wollten, Probleme, auch weil es so schnell losgegangen ist. Am Mittwoch konnte nur jeder vierte Fernzug fahren, der Streik wird am Donnerstag fortgesetzt. Doch auch am Freitag, wenn die Lokführer die Arbeit wieder aufnehmen, wird es noch Störungen im Betriebsablauf geben. Die Bahn bittet daher Reisende, möglichst an den Streiktagen auf Bahnfahrten zu verzichten. Die Züge seien teilweise sehr voll, warnte das Unternehmen am Mittwoch.

Bahn bietet Kulanzregelungen an

Das Unternehmen hat einen Notfallplan für den Fern- und Nahverkehr erarbeitet. Auf ausgewählten Hauptachsen soll ein zweistündliches Angebot aufrechterhalten werden. Priorität hat auch die Anbindung der Flughäfen. Infos werden fortlaufend hier und in der DB-Navigator-App aktualisiert. Dort finden Sie auch Infos, welche grenzüberschreitenden Verbindungen bedient werden. Kunden können zudem die kostenlose Hotline 08000 99 66 33 anrufen.

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Wer ein Ticket für Mittwoch, Donnerstag oder Freitag hat und die Reise verschieben möchte, kann das tun. Reisende können später reisen, betont das Unternehmen. Die Zugbindung bei Sparpreisen und Super-Sparpreisen ist aufgehoben. Für die Weiterfahrt können auch andere Züge genutzt werden, dies gilt auch für Züge des Nahverkehrs (RE, RB, IRE und S-Bahn). Die coronabedingte Einschränkung bei der Sitzplatzreservierung wird aufgehoben. Alle Tickets für den Zeitraum von Mittwoch bis Freitag können bis zum 20. August flexibel genutzt oder kostenfrei storniert werden, nicht benötigte Sitzplatzreservierungen werden erstattet. Das entsprechende Formular finden Sie hier.

Fernbus statt Bahn

Aus Angst, auf der Strecke zu bleiben, sind einige Reisende bereits umgestiegen. Das Unternehmen Blablacar, das Fernbusse und Mitfahrgelegenheiten in privaten Pkw anbietet, geht von einer Verdreifachung der Nachfrage aus. Auch Mietwagenanbieter machen das Geschäft ihres Lebens. Flixbus, Marktführer im Fernbusmarkt, betont: "Die Fernbusse fahren", sagte eine Sprecherin, inzwischen würden wieder über 270 Städte angesteuert. Auch der Bahn-Konkurrent Flixtrain ist eine Alternative: Am Mittwoch morgen verkehrten nach Angaben des Unternehmens alle Züge planmäßig.

Umsteigen? Fernbusse sind eine Alternative.
Umsteigen? Fernbusse sind eine Alternative.

© dpa

Das können Bahnkunden tun

Bahnreisende, die durch den Streik nicht wie geplant ans Ziel kommen, können Folgendes tun:

Schauen Sie im Internet nach, ob Ihr Zug fährt. Falls er das nicht tut oder Sie keine Lust auf die Fahrt haben, nutzen Sie die Stornoangebote der Bahn oder fahren Sie später.

Sammeln Sie Belege

Machen Sie sich auf den Weg und stellen Sie fest, dass die Verbindung nicht so klappt wie gedacht, sollten Sie Belege sammeln, bevor sie die Fahrt abbrechen oder sich nach Alternativen umsehen. Die Bahn empfiehlt, sich Verspätungen immer von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens bestätigen zu lassen und hat dafür entsprechende Verspätungsbescheinigungen vorbereitet.

Betroffene können aber auch Fotos von Anzeigetafeln oder Screenshots von einer Information in der App oder auf der Internetseite des Eisenbahnunternehmens machen, auf denen die Verspätung oder der Ausfall des Zugs stehen. Mit diesen Belegen sowie einem ausgefüllten Fahrgastrechte-Formular des Eisenbahnunternehmens können Betroffene anschließend die Reise reklamieren, betont die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

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Weiter mit dem Taxi

Wenn der gebuchte Zug ausfällt oder Verspätung hat, gibt es verschiedene Möglichkeiten, trotzdem ans Ziel zu gelangen. Im Nahverkehr hat die Deutsche Bahn in der Vergangenheit bereits Taxifahrten von größeren Bahnhöfen aus organisiert. Falls Reisende auf eigene Faust nach einem Taxi suchen, gibt es allerdings einige Einschränkungen – nicht jede Taxirechnung muss das Eisenbahnunternehmen nachträglich übernehmen.

Nur wenn die geplante Ankunft am Ziel zwischen 0 Uhr und 5 Uhr nachts liegt und Reisende mindestens 60 Minuten später per Zug ankommen würden, muss das Bahnunternehmen die Kosten für eine Taxifahrt bis maximal 80 Euro erstatten. Das gleiche gilt, wenn der letzte planmäßige Zug des Tages ausfällt und Reisende ihr Ziel bis 24 Uhr nicht anders erreichen, betonen die Verbraucherschützer der Verbraucherzentrale NRW.

Zuhause bleiben: Fahrkarten kann man kostenlos stornieren.
Zuhause bleiben: Fahrkarten kann man kostenlos stornieren.

© dpa

Auf den Fernverkehr umsteigen

Wenn sich abzeichnet, dass Fahrgäste ihr Ziel mit Nahverkehrszügen erst mit mehr als 20 Minuten Verspätung erreichen, können sie ohne Aufpreis mit einem Zug des Fernverkehrs fahren (falls einer fährt). Dieser darf aber nicht reservierungspflichtig sein. Auch Sonderfahrten sind von dieser Regelung ausgeschlossen.

Bevor Fahrgäste in den Fernverkehrszug einsteigen, müssen sie ein gültiges Ticket lösen. Den entstehenden Mehraufwand können sie sich später von dem Bahnunternehmen zurückerstatten lassen. Dieses Recht besteht allerdings nur dann, wenn die ursprüngliche Route nicht mehr als 50 Kilometer lang ist oder nicht länger als eine Stunde dauert. Auch bei einer "erheblich ermäßigten" Fahrkarte, also beispielsweise einem Länder-Ticket, gilt diese Regelung nicht.

Wer an einem Streiktag auf das eigene Auto umsteigt, kann sich die Kosten nicht vom Bahnunternehmen erstatten lassen.

Erstattung wegen Verspätung

Wer wegen des Bahnstreiks nicht pünktlich ans Ziel kommt, kann je nach Verspätung einen Teil des Fahrpreises oder sogar den kompletten Fahrpreis zurückbekommen. Das regelt die entsprechende EU-Fahrgastverordnung. Wie hoch die Entschädigung ausfällt, hängt von der Länge der Verspätung ab. Kommen Fahrgäste mindestens 60 Minuten später als geplant an, haben sie Anspruch auf 25 Prozent Erstattung, bei mehr als 120 Minuten sind es 50 Prozent.

Bei einer Verspätung von mehr als 60 Minuten muss die Bahngesellschaft außerdem kostenlos Erfrischungen und Mahlzeiten in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit anbieten. Gibt es von dem Unternehmen nichts, sollten Reisende auch hier die Rechnungen für ihre Verpflegung aufbewahren.

Wenn nichts mehr geht

Wer an einem Bahnhof strandet und wen die Bahn auch nicht auf anderem Weg ans Ziel bringen kann, dem muss die Bahn eine Unterkunft organisieren und den Transport dorthin organisieren. Bevor Sie auf eigene Faust ein Hotel buchen, sollten Sie sich aber unbedingt vorher bestätigen lassen, dass die Bahn an diesem Tag keine Fahrt mehr durchführt und Ihnen auch nicht mit einer Unterkunft für die Nacht aushelfen kann.

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