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Zweimal wurde der britische Schauspieler Henry Cavill von Regisseur Zack Snyder als Superman besetzt, nun spielt er den "Witcher".

© Netflix

Netflix-Serie „The Witcher“: Das nächste „Game of Thrones“?

Die Netflix-Serie „The Witcher“ beruht zwar ebenfalls auf einer epischen Fantasy-Vorlage, bleibt jedoch hinter dem großen Vorbild von HBO zurück.

Es ist schon bemerkenswert, wenn sich plötzlich diverse Computer- und Games-Publikationen von „Chip“ über „Computer-Bild“ bis zu „PC Games“ zunächst mehr für eine TV-Serie interessieren als die sonst üblichen Verdächtigen. In diesem Fall ist die Erklärung allerdings sehr einfach: Die Fantasy-Saga „The Witcher“, die am Freitag bei Netflix mit acht Episoden startet, wird von diesen Medien deshalb so beachtet, weil die auf der Geralt-Saga des polnischen Romanautors Andrzej Sapkowski basierenden Computerspiele weltweit über 33 Millionen verkauft wurden.

Dass die fünf Fantasy-Romane zudem auf eine Gesamtauflage von 13 Millionen Exemplaren kommen, dürfte Netflix die Entscheidung zusätzlich erleichtert haben, statt des zuerst geplanten Films in eine ganze Serie zu investieren. Schließlich sind alle großen Streamingplattformen seit Jahren auf der Suche nach einem Nachfolger für die bislang erfolgreichste TV-Serie aller Zeiten: „Game of Thrones“. Und tatsächlich bringt „The Witcher“ einige Voraussetzungen mit, die dem großen Vorbild zu diesem überragenden Erfolg verholfen haben.

Epische Vorlagen

Der wohl wichtigste Erfolgsfaktor bei „Game of Thrones“ liegt sicherlich darin, dass es mit George R. R. Martins Romanreihe „Das Lied von Eis und Feuer“ eine in sich fest gefügte epische Erzählung gibt. Das gilt gleichermaßen für die „Der Herr der Ringe“-Verfilmungen und die Harry-Potter-Reihe. Menschen, Elfen, Zwerge existieren auch in „The Witcher“, hinzu kommen neben Schwarzen Rittern mit Terminator-Mimik Ghule, Dschinns und andere Kreaturen.

Die Serienumsetzung von Sapkowskis Geralt-Saga muss es dabei nicht nur den Lesern seiner Romane recht machen, sondern besonders den Millionen Gamern, die „The Witcher“ begeistert. Sie haben ein klares Bild davon, wie ihre Titelfigur Geralt von Riva aussieht und sich verhält. Und diesem Bild trägt die Netflix-Serie von der ersten Minute an Rechnung. Der Kampf des muskelprotzenden Monsterjägers mit seinen Hexer-Fähigkeiten gegen eine Riesenspinne der Gattung Kikimora transportiert eindeutig die Ästhetik der Computerspielewelt.

Dass es trotzdem so schwerfällt, mit Geralt warm zu werden, ist dabei Darsteller Henry Cavill nicht anzulasten. Die Gamer-Gemeinde war zwar zunächst äußerst skeptisch, ob der zweifache Superman-Darsteller einen authentischen Hexer abgeben kann. Cavill macht seine Sache als Monsterjäger in Siegfried-Tradition allerdings gut. Wegen seiner ausgeprägten Gefühlskälte wurde Geralt jedoch zu einem von den Menschen gehassten Einzelgänger, was seine Figur nicht gerade zum Sympathieträger macht.

Im Umgang mit den Mitmenschen tut sich auch Magierin Yennefer (Anya Chalotra) schwer, was nicht zuletzt an ihren Entstellungen liegt. Und was man von der hübschen Kindfrau-Prinzessin Cirilla (Freya Allan) halten soll, muss sich ebenfalls erst zeigen. Auf ihr liegen jedenfalls die Hoffnungen der unterjochten Menschen.

Lars Mikkelsen als Obermagier

Zu den bekannteren Schauspielern neben Cavill gehört Lars Mikkelsen als sinistrer Obermagier Stregebor. Ansonsten wurde auch in der Besetzung versucht, die osteuropäischen Wurzeln des Stoffes beizubehalten. Gedreht wurde dabei in Studios in Ungarn sowie auf den Kanarischen Inseln, in Polen und Österreich.

In einem steht die Netflix-Serie „Game of Thrones“ sicherlich nicht nach: in der Mischung aus Gewalt und Sex. An Schlachtenszenen mit brutalen Schwertkämpfen mangelt es ebenso wenig wie an blanken Frauenbrüsten.

Doch so richtig zündet „The Witcher“ trotzdem nicht. Andere Fantasy-Stoffe mit Mittelalteranmutung finden zwar auch an zunächst unbekannten Orten wie Mittelerde oder Westeros statt. Auch sie sind mit einer Vielzahl von Herrscherhäusern und teils sehr speziellen Wesen wie den Weißen Wanderern bevölkert wie in „Game of Thrones“. Problematisch an „The Witcher“ ist vielmehr, dass der Zuschauer mitten in einen Konflikt zwischen dem friedlichen Cintra und dem aggressiven Nilfgaard geworfen wird, ohne dass die die Beteiligten und deren Motive zuvor hinreichend vorgestellt wurden.

Eine der wichtigsten Fragen, die vor allem die computerspielenden Hexer-Fans interessiert, bleibt ebenfalls lange unbeantwortet: Wer ist hier eigentlich der Boss-Gegner, also der Oberschurke?

Netflix glaubt dennoch an den Erfolg der Serie. Eine zweite Staffel ist bereits bestellt.

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