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Ministeriums-Umzug: Dietmar Woidke gerät in der SPD unter Druck

Krisen-Telefonkonferenz: SPD-Abgeordnete kritisieren Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke wegen des Ministeriumsumzug nach Cottbus. Dieser räumt Fehler ein, bleibt aber bei der Entscheidung.

Potsdam - Brandenburgs Ministerpräsident und SPD-Landeschef Dietmar Woidke hat Kommunikationsfehler bei der Blitzentscheidung des rot-roten Kabinetts eingestanden, das Kultur- und Wissenschaftsministerium aus der Landeshauptstadt Potsdam nach Cottbus zu verlegen. Selbst seine Genossen waren davon überrumpelt worden. In einer kurzfristig angesetzten Telefonkonferenz mit SPD-Landesvorstand und Landtagsfraktion bedauerte Woidke, wie Teilnehmer bestätigten, am Mittwoch diesen Umgang. Er verteidigte aber die Verlegung: Die Vorbereitungen dafür sollten sofort vorangetrieben werden. Es sei zudem erst der Anfang, weitere Schritte zur Stärkung der berlinfernen Regionen würden folgen. Kritiker in den eigenen Reihen überzeugte Woidke damit nicht.

Kritik an Inhalt und Stil

Fast eine Stunde dauerte die Telefonkonferenz mitten in den Osterferien, bei der Woidke wegen der Entscheidung hart wie selten zuvor kritisiert wurde. Etwa von der früheren SPD-Generalsekretärin und Potsdamer Abgeordneten Klara Geywitz, die Kritik an Inhalt und Stil übte. Die von ihr geforderte Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Cottbus-Verlegung wurde zugesagt. SPD-Landesschatzmeister Harald Sempf kritisierte die mit dem rot-roten Kabinettsbeschluss verbundene Vorfestlegung auf ein weiteres Bündnis mit den Linken, die den SPD-Wahlkampf erschweren würde. Kritik übte auch der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert. Der Potsdamer Unterbezirk ist mit rund 1000 Mitgliedern, einem Sechstel des Landesverbandes, der größte der Brandenburger SPD.

Kopfschütteln bei den Genossen

Doch der Unmut bei den Sozialdemokraten, die bei der Landtagswahl am 1. September erstmals seit 1990 den Verlust ihrer Führungsrolle befürchten müssen, in Umfragen nur knapp über 20 Prozent und mit hauchdünnem Vorsprung vorn liegen, geht über Potsdam hinaus. Ignorieren kann Woidke das eigentlich nicht – oder nur mit Risiko, da er am 11. Mai auf einem Landesparteitag zum Spitzenkandidaten für die Brandenburg-Wahl gekürt werden und dort auch sein Vorschlag für die Landesliste abgestimmt werden soll. Dem Vernehmen nach soll sich Schubert bemühen, bis dahin im SPD-Wahlprogramm eine Kompromissformulierung zu finden.

Sogar einige Genossen aus der Lausitz schütteln den Kopf. „Ministerien gehören in die Landeshauptstadt, Punkt. Nachgeordnete Bereiche kann man in der Fläche verteilen“, sagte der Senftenberger SPD-Abgeordnete Wolfgang Roick, der die Enquetekommission des Landtages zur Stärkung der berlinfernen Regionen geleitet hat, nach der Telefonkonferenz den PNN. Die Bonn-Berlin-Aufteilung der Bundesregierung habe doch „definitiv gezeigt, dass das nicht funktioniert“. Stattdessen sollte die Regierung erst einmal die Cottbuser Gerichte personell aufstocken, die regelmäßig für Schlagzeilen sorgen.

Viele Fragen offen

Nicht überzeugt ist nach wie vor auch die SPD-Abgeordnete Ulrike Liedtke aus Neuruppin, die wissenschaftspolitische Sprecherin der Fraktion. „Ich kann viele Fragen immer noch nicht beantworten, zum Beispiel die, warum ausgerechnet dieses Ministerium ausgewählt wurde“, sagte Liedtke den PNN. Nötig sei ein umfassendes, sorgfältig ausgearbeitetes und abgewogenes Gesamtkonzept für die Lausitz und für Behördenstandorte im Land, statt Dinge aus dem Hut zu zaubern „Ich habe Probleme mit diesem Stil. Man muss sich diesen Fragen mit einer größeren Ernsthaftigkeit widmen.“ Liedtke findet es auch „nicht in Ordnung“, von Woidke den gleichen Brief bekommen zu haben wie die AfD-Fraktion. Gemeint ist ein Erklärschreiben Woidkes nach der Kabinettsentscheidung zum Ministeriumsumzug an alle Landtagsabgeordneten. Ziel sei es, heißt es darin, „in den Regionen neue Impulse zu setzen und den Brandenburgerinnen und Brandenburgern zu signalisieren, dass der Staat für sie auch in der Fläche da ist“. Das Wissenschaftsministerium soll bis 2023 nach Cottbus ziehen. Der Woidke-Brief liest sich so, als wäre das Ministerium schon in Cottbus. Zitat: „Keine Frage: Dass das MWFK seinen Sitz in Potsdam hatte, war ein Standortvorteil. Auf kurzen Wegen konnte jederzeit schnell ein Kontakt hergestellt werden, ein Gespräch geführt werden.“ Roicks Kommentar: „Genau deshalb sollte man es in Potsdam lassen.“

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