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PORTRÄT PEER VON METTERNICH SPD-AUSSENPOLITIKER:: „Nicht auf dem Roten Platz debattieren“

In einer Regierung unter der Führung Peer Steinbrücks hätte jeder Außenminister einen schweren Stand. Jedenfalls hält der Kanzlerkandidat der SPD den Handlungsspielraum des einst so prestigeträchtigen Amtes für eng begrenzt.

Von Hans Monath

In einer Regierung unter der Führung Peer Steinbrücks hätte jeder Außenminister einen schweren Stand. Jedenfalls hält der Kanzlerkandidat der SPD den Handlungsspielraum des einst so prestigeträchtigen Amtes für eng begrenzt. Weil das Kanzleramt immer mehr Kompetenzen an sich ziehe, habe der Minister des Auswärtigen nicht mehr viel zu sagen, erklärte Steinbrück im Herbst in einem Interview.

Vergangene Woche hielt der Herausforderer eine außenpolitische Grundsatzrede, die wegen der großen Aufregung um die Flut und das Drohnendebakel nur wenig Widerhall fand. Dem Verhältnis zu Russland widmete Steinbrück darin breiten Raum, in diesem Zusammenhang spielten auch die Menschenrechte eine Rolle.

Der SPD-Kanzlerkandidat hatte etwas gutzumachen. Denn im März hatte er gewarnt, die „westlichen Maßstäbe pluraler Demokratie“ seien „nicht unmittelbar auf Russland übertragbar“, öffentliche Kritik sei nicht nützlich. Als das Interview erschien, wurden politische Stiftungen in Moskau mit Razzien überzogen, wirkte es wie eine Rechtfertigung. Also nannte der 66-Jährige solche Aktionen und die Gängelung der Opposition nun „absolut inakzeptabel“. Indem er für die Wiederbelebung des Weimarer Dreiecks mit Frankreich und Polen plädierte, zeigte er zudem, dass er gewillt ist, manche Fehler der Schröder’schen Außenpolitik gegenüber dem östlichen Nachbarn nicht zu wiederholen.

Doch als sein Konzept des „Wandels durch Annäherung“ mit Russland nach der Rede kritisiert wurde, bekräftigte Steinbrück seine Absicht, er wolle über Menschenrechte in Moskau nur hinter verschlossenen Türen und „nicht auf dem Roten Platz in aller Öffentlichkeit debattieren“. Dabei scheint es nicht nur unlogisch, das Geheime zum öffentlichen Programm zu machen. Wer daran glaubt, sollte schweigen. Es zeigt darüber hinaus eine seltsame Auffassung vom öffentlichen Stellenwert der Menschenrechte in demokratischer Außenpolitik. Sind diese nur ein geheimer Schatz?

Menschenrechtspolitik nach den Regeln der Metternich’schen Geheimdiplomatie zu propagieren, ist in etwa so zeitgemäß, als wollte man mit den Mitteln des Merkantilismus die Globalisierung gestalten. Gibt es Sozialdemokraten, die ihren Kandidaten in die Gegenwart führen können? Denn die Grundwerte der SPD waren in dieser Hinsicht nie ein Problem, wohl aber zuweilen die Praxis ihrer Kanzler und Exkanzler. Hans Monath

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