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PORTRÄT PAUL FLOWERS BRITISCHER BANKER, PFARRER:: „Meine Erfahrung war nicht aktuell“

Ein bisschen sieht Methodistenpfarrer Paul Flowers wie Willy Millowitsch aus, ein vertrauenswürdiger Großvater, dem niemand Böses zutraut. Aber nun bekommen Politiker hochrote Köpfe, wenn sie über ihn debattieren, und Zeitungsleser schütteln nur halb belustigt den Kopf.

Ein bisschen sieht Methodistenpfarrer Paul Flowers wie Willy Millowitsch aus, ein vertrauenswürdiger Großvater, dem niemand Böses zutraut. Aber nun bekommen Politiker hochrote Köpfe, wenn sie über ihn debattieren, und Zeitungsleser schütteln nur halb belustigt den Kopf. Alle wollen wissen, wie er Vorsitzender einer der wichtigsten britischen Banken werden konnte – der Cooperative Bank, die mit einem 1,5- Milliarden-Pfund-Bilanzloch ums Überleben bangt.

„Meine Bankenerfahrung ist ein bisschen überholt“, gab der 63-Jährige jüngst vor einem Unterhausausschuss zu, aber als junger Mann habe er eine Banklehre gemacht. Als er das Bankvermögen auf 3 Milliarden Pfund bezifferte, wurde er vom Ausschussvorsitzenden korrigiert: „47 Milliarden“. Was nicht weiter schlimm gewesen wäre, hätte die „Mail on Sunday“ nicht einen Film gekauft, auf dem der Reverend einem Drogenhändler 300 Pfund für Kokain und die Partydroge „Crystal Meth“ hinblättert. Von dem „Rentboy“, der alles heimlich filmte.

Vor einer Woche wurde Flowers verhaftet. Sein Pfarrhaus steht leer. Die Methodistengemeinde Bradford hat ihn suspendiert. Höchste Zeit, sagt man. Obwohl die nächtelangen Parties mit den „Rentboys“ zwar sündig, aber nicht illegal waren. Auch die Pornobilder, die man bei einer Reparatur auf der Festplatte fand, seien nicht von der illegalen Sorte gewesen, betonte die Stadtverwaltung Bradford – nur für den Dienstcomputer eines Stadtrats nicht das Richtige. So legte man ihm den Rücktritt nahe. Im Schulaufsichtsgremium durfte er bleiben, gegen Bezahlung.

Dass Flowers schon 2004 wegen falscher Spesenabrechnungen als Treuhänder einer Drogenhilfsorganisation zurücktreten musste, hatte niemanden gestört, auch nicht das Manchester „Camerata“Orchester und die Aidshilfe Organisation, wo er weiter Aufsicht führte. 2009 wurde er dann in den Aufsichtsrat der Cooperative Bank berufen – man hält in der Labourbewegung, aus der die Bank hervor ging, fest zueinander.

Aber Premier David Cameron will nun doch wissen, wie der Lebemann, dessen Finanzerfahrung sich auf Spesenabrechnungen konzentrierte, Aufsichtsratsvorsitzender der Bank werden konnte. Versagte die Finanzaufsicht? War Nepotismus der damaligen Labourregierung im Spiel? Zurückgetreten bei der Co-op war Volksbanker Flowers schon im Juni. Nicht wegen Inkompetenz. Es war die Spesenrechnung. Matthias Thibaut

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