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PORTRÄT INGO KRAMER ARBEITGEBERVERBAND-CHEF:: „Ich stehe nicht auf Talkshows“

Nun ist das Unglaubliche doch noch wahr geworden: Die Arbeitgeber haben einen neuen Präsidenten. 17 Jahre führte Dieter Hundt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), und manche dachten, es sei ein Amt auf Lebenszeit.

Nun ist das Unglaubliche doch noch wahr geworden: Die Arbeitgeber haben einen neuen Präsidenten. 17 Jahre führte Dieter Hundt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), und manche dachten, es sei ein Amt auf Lebenszeit. Am Montag war dann doch Schluss, und im Rahmen eines Empfangs im Deutschen Historischen Museum gab der 75-Jährige am Abend seinen Abschied. Wenige Stunden zuvor hatte das Präsidium der BDA Ingo Kramer zum Nachfolger gewählt. Der 60-jährige Wirtschaftsingenieur aus Bremerhaven ist nun die Stimme der Arbeitgeber in sozialpolitischen Angelegenheiten. Eine eher leise, auf jeden Fall bedächtige Stimme, kein Lautsprecher und Klassenkämpfer, der die Gewerkschaften in den Senkel zu stellen versucht.

„Ich habe ein distanziertes Verhältnis zu Talkshows“, sagt Kramer. Effekthascherei und Krawall sind nicht seine Sache. Der Chef eines Familienunternehmens mit 260 Mitarbeitern in Bremerhaven, das er in dritter Generation führt, pflegt einen nüchtern-sachlichen Stil. Dass er noch immer Mitglied der FDP ist, der er sich als Student Ende der 70er Jahre anschloss, ist ihm heute fast ein bisschen peinlich. Kramer ist eher ein sozialliberaler denn ein neoliberaler Geist.

Auch deshalb schätzt ihn die andere Seite: Als langjähriger Vorsitzendes des Arbeitgeberverbandes Nordmetall hat er viel zu tun gehabt mit der IG Metall, die seine Zuverlässigkeit und sozialpartnerschaftliche Orientierung schätzt. Mit Tarifpolitik hat er nun zwar operativ nichts mehr zu tun, aber sehr wohl mit den großen Fragen in den Arbeitsbeziehungen: Wie entwickeln sich die Sozialbeiträge weiter, wenn die große Koalition mit dem Füllhorn unterwegs ist? Wie kann mehr Mitbestimmung für Betriebsräte beim Einsatz von Werkvertragsarbeitern verhindert werden? Und wagt sich die neue Koalition an die Tarifeinheit – das Lieblingsthema von Hundt, mit dem Spartengewerkschaften kleingehalten werden sollen?

Der vierfache Vater, der auf der Ostsee segelt und mit dem Tourenfahrrad durch Deutschland strampelt, wird bei der Lobbyarbeit zumindest in der ersten Zeit von Reinhard Göhner unterstützt; der Hauptgeschäftsführer der BDA ist mit allen Wassern gewaschen und bestens verdrahtet in der CDU. Daneben muss der neue Präsident eigene Schwerpunkte setzen. Vielleicht in der Bildung. Kramer kümmert sich ehrenamtlich ebenso um Hochbegabte wie um Schulabbrecher. Alfons Frese

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