zum Hauptinhalt
Was ist gute Integration?

© dpa

Pegida, Einwanderung, #YallaCSU: Was ist das, "ein gut integrierter Ausländer"?

Einer der wenigen Punkte in der Einwanderungspolitik, über den Konsens herrscht, lautet: Ausländer sollen sich möglichst schnell integrieren. Doch was bedeutet das überhaupt? Darüber muss man sich dringend mal unterhalten – jenseits von Polemik und Pegida-Spuk.

Zu den „Ich habe nichts gegen Ausländer, aber“-Debatten, wie sie anlässlich steigender Asylbewerberzahlen und Dresdner Pegida-Spuk aktuell wieder vermehrt geführt werden, gehört einigermaßen zuverlässig auch die Einschränkung „wenn sie gut integriert sind“. Nun könnte man sagen: „Ich habe nichts gegen Einschränkungen, aber …“ Aber: Was soll diese bedeuten? Was ist gemeint, wenn von Integration die Rede ist? Was ist das, ein gut integrierter Ausländer?

Auf der Homepage des Bundesinnenministeriums (BMI), von federführender Zuständigkeit in der Angelegenheit, steht unter anderem: „Gelungene Integration bedeutet, sich einer Gemeinschaft zugehörig zu fühlen.“ Damit ist die Bewertung des Integrationserfolgs in die Zuständigkeit des Integrierten gestellt: Fühlt der sich zugehörig oder nicht, das ist die Frage. Allerdings wird die kaum bis gar nicht gestellt. Hierzulande bewertet stattdessen andauernd die Gemeinschaft, wer sich ihr zugehörig fühlt oder nicht. Das ist an sich schon irrsinnig genug. Und es kommt dann noch oben drauf, dass sie nicht verrät, nach was für Kriterien sie urteilt. Sie hat nämlich keine einvernehmlichen. Jeder urteilt, wie es ihm passt.

Der einzige Integrationsbaustein, auf den sich in dieser Kakophonie bisher alle einigen können, ist: Deutsch sprechen. Wie gut das Deutsch sein soll, wird darüber hinaus nicht formuliert. Reicht es, gezielt ein Pfund mehlig kochende Kartoffeln einkaufen zu können? Sollte es Smalltalkniveau haben? Akademisch sein? Fehlerfrei? Akzentfrei?

Große Definitionslücke im deutschen Zuwandereranspruch

Ein möglicherweise zweiter mehrheitsfähiger Baustein ist Bildung. In der BMI-Theorie nimmt der integrationswillige Ausländer die Bildungsangebote an, weil die ihm gesellschaftliche „Teilhabe“ ermöglichen. Gute Deutschkenntnisse und einen Studienplatz hatte allerdings auch der 9/11-Pilot Mohammed Atta. Dem fehlte nun aber der Sinn für „die Bedeutung der freiheitlich demokratischen Grundordnung“ in Deutschland, der laut BMI auch mit zur Integration gehört. Hier wird es allmählich kompliziert, denn deren Bedeutung ist offenkundig auch manchem Inländer nicht bekannt. Über die große Definitionslücke im deutschen Zuwandereranspruch soll nun eine gestärkte „Willkommens- und Anerkennungskultur“ hinwegtrösten – was so pathetisch-hohl, hilflos und geradezu verlogen klingt, dass das aus dem herzlos Technischen herrührende Wort „Integration“ in seiner rein inhaltlichen Leere schon wieder sympathisch ist.

Eine Kultur kann man kaum verordnen. Und überhaupt: Warum sollen die Bürger auf Geheiß der Politik einerseits das Fremde willkommen heißen und anerkennen, wenn dieselbe Politik demselben Fremden aufträgt, bitte gerne rasch ganz „unfremd“ zu werden, indem er sich integriert und möglichst unsichtbar wird? (Was ganz nebenbei auch zur Frage führt, worin dann noch die Bereicherung besteht, die Zuwanderung für Deutschland laut BMI darstellt.) Konsistent ist das alles nicht. Und sonderlich „freiheitlich demokratisch“ im Grunde auch nicht. Die Gesellschaft muss sich so wenig in „Willkommens- und Anerkennungskultur“ üben wie die Ausländer sich integrieren müssen.

Arbeit als Schlüssel zur Integration

Wenn sich alle an Gesetze und Vorschriften hielten und sich ansonsten mehr um sich selbst kümmern würden und könnten, wäre viel mehr gewonnen. Womit Arbeit ins Spiel käme. Arbeit als Schlüssel zur Integration, das ist Millionen Mal beschrieben worden. Es ist der Boden, auf dem Einwanderungsgesellschaften gedeihen können. Aber die deutschen Ausländergesetze gestatten den meisten einwandernden Menschen das Arbeiten nur unter Auflagen oder untersagen es ganz. Man rückt bildlich gesprochen den Schlüssel für den Weg nicht raus, verlangt aber den nächsten Schritt. Das funktioniert vorhersehbar schlecht.

Was soll also die Integrationsbegrifflichkeit, die mit letztlich unklaren Absichten herumgewirbelt wird wie ein Schwert? Sie wirkt wie eine Ausflucht, weil man nicht weiterweiß. Wer vom anderen verlangt, dass er sich integrieren soll, der muss auch klar sagen, wie und worein. Darüber sollte man sich in Deutschland dringend mal unterhalten – und zwar jenseits hysterischer „Leitkultur-Debatten“ und Zu-Hause-Deutschsprech-Forderungen, als deren Subbotschaft jedes Mal als ein lautes „eigentlich wollen wir euch nicht“ durchklang. Denn wer wollte sich mit Menschen, die so denken, schon gemein machen?

Zur Startseite