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Undurchsichtig: Die Spree und ihre Zuflüsse sind trübe Gewässer geworden.

© Alexander Fröhlich

Lobbyismus im Landtag: Transparenz

Weg mit den Hüllen: Die Transparenzoffensive der Landesregierung wirkt, findet Peter Tiede. Ein erster, forscher Schritt war es, der Vattenfall-Aufsichtsrätin Martina Gregor-Ness das Rederecht zu erteilen.

Die vom brandenburgischen Regierungs- und SPD-Parteichef Matthias Platzeck in Sachen Flughafenskandal ausgerufene Transparenzoffensive wirkt – bis in die Landtagsfraktion seiner Partei hinein auch bei flughafenfremden Themen. Das ist ein erster, ein sehr schneller Erfolg. Wenn man so will. Denn statt hinter den Kulissen zu netzwerkeln, bekommt etwa der schwedisch/Lausitzer Braunkohlekonzern Vattenfall neuerdings von der SPD-Fraktion direktes Rederecht im Landtag. Das ist, das muss nur richtig gewürdigt werden, ein forscher Schritt bei der Einführung direkter Demokratie.

Dank dieser neuen Transparenzoffensive konnte sich das Vattenfall-Aufsichtsratsmitglied Martina Gregor-Ness am Donnerstag im Landtag direkt dagegen aussprechen, ihren Konzern an den Kosten für die Schadensbeseitigung bei der durch Tagebaue braunen und verschlammten Spree zu beteiligen. Auch einen Appell an die volksverschreckenden Medien konnte sie, die Ehefrau des RBB-Rundfunkrates und SPD-Generalsekretärs Klaus Ness, so direkt absetzen: Diese Medien sollten nicht so unschöne Bilder von dem nun neufarbigen und fluiditätsgeminderten Wasser im Naturreservat Spreewald – Zitat – „produzieren“ und auch noch zeigen. Gut, dass Frau Ness, die Aufsichtsrätin vom naturintensivsten Konzern und wichtigsten CO2-Produzenten des Landes, vom Landtagspräsidenten noch als umweltpolitische Sprecherin ihrer Fraktion angekündigt wurde, war nicht so glücklich. Aber das Transparenzding ist ja noch ganz neu. Die SPD sollte nicht nachgeben bei der Freizügigkeit – denn man muss bei ihr nicht mehr wie bei der FDP gucken, wer dahinter steht. Udo Folgart muss sich nicht mehr als agrarpolitischer Sprecher selbst verleugnen. Weg mit den Hüllen, abgewischt die Tünche: Er kann endlich offen als Vize-Bundeschef des Deutschen Bauernverbandes und als Landeschef dieser mächtigsten Großagrar-Lobby auftreten und die rote Linie auf dem Acker vorgeben.

Ja, sie werden kommen, die Nörgler, die Vertreter der reinen Lehre, sie werden sagen, dass das Lobbyismus von der schlimmssten Sorte, in der Direkt- und Expliziertheit so etwas wie Lobbyporno sei. Aber die Lobbyisten wider die Direktheit sind nur politprüde und interessenverklemmt. Die SPD gibt in Brandenburg einfach nur eine neue Leichtigkeit vor – in Anlehnung an die Berliner Denglisch-Werbekampagne: „Be Brandenburg, be bipolitisch! Sei beides: partei- und konzernpolitisch. Steh dazu! Das ist auch gut so. Ihr müsst Euch nicht entscheiden – seid beides, lebt es aus!“

Und wenn diese neue Freizügigkeit, dieses mutige Experiment der SPD mit der direkten Mitwirkung bei den Großen gelingt, dann müssen sich auch bald die kleinen Gemeindevertreter nicht mehr der Stimme enthalten oder Sitzungen verlassen, wenn gerade ihre beruflichen oder privaten Interessen betroffen sind.

Egal, wohin das führt: Es geht. Ob voran, ist nur eine Frage der Perspektive.

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