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Baulücke im Zentrum. Die Garnisonkirchenstiftung will in der Breiten Straße den Turm der im Krieg beschädigten und zu DDR-Zeiten gesprengten Garnisonkirche als Versöhnungszentrum wiederaufbauen. Für ein Bürgerbegehren zur Auflösung der Stiftung hatten mehr als 14 000 Potsdamer unterschrieben.

© A. Klaer

Lesermeinung: Trauerspiel für ein Gebäude, das nicht mehr da ist

„Grüne wollen Workshop zur Garnisonkirche“ vom 9. 8.

„Grüne wollen Workshop zur Garnisonkirche“ vom 9. 8. 2014 und die Berichterstattung zur Debatte um das Projekt

Zur Versachlichung der Diskussion um die ehemalige Garnisonkirche lade ich in die Ausstellung in der Nagelkreuzkapelle ein. Jeder Besucher bringt so viele Geschichtskenntnisse mit, dass er die Dinge, die er dann per Anschauung aufnimmt, zur Bekräftigung oder Änderung seines mitgebrachten Standpunktes nutzen kann. Danach diskutiert es sich bestimmt besser über die lokale, nationale und internationale Bedeutung des Ortes in der Breiten Straße 7.

Mir geht es um den Erfolg. Ich bin für die Wiederherstellung des Turms der ehemaligen Garnisonkirche. Modern hat es uns doch schon ein italienischer Professor mit dem Neubau des Turms der ehemaligen Heiliggeistkirche gezeigt. Ich beschränke mich auf das barocke Äußere und hier auf den Turm, da es allein zu diesem einen kühnen Termin mit Baugenehmigung gibt. Es geht in erster Linie um die Schönheit. Da wird man sich, auch wenn die Geschmäcker verschieden sind, meist schneller einig als bei der geschichtlichen Wahrheit. Allein schon der geplante Einbau von erhaltenen alten Teilen zeigt genug Brüche in der Geschichte des Hauses, um das Nachfragen nicht einschlafen zu lassen.

Es geht um die Schönheit Potsdams. Das ist für mich die Stadt, in die ich 1983 mit meiner Familie gezogen bin. Die gleiche Motivation hatte ich für den Wiederaufbau des Belvedere auf dem Pfingstberg und für den Neubau des Stadtschlosses à la Knobelsdorff in seiner Funktion als Landtag. Die Ergebnisse, die ich einer gemeinsamen Arbeit mit vielen Gleichgesinnten zurechne, sind doch nicht schlecht. Oder? Das muss doch auch für den barocken Turm möglich sein. Deshalb engagiere ich mich jetzt bei der Betreuung der Ausstellung in der Nagelkreuzkapelle. Das ist mir erst möglich geworden, nachdem Herr Klaar und sein Verein keine Rolle mehr für den Wiederaufbau spielen.

Reinhard Schöneich, Potsdam

Ein Trauerspiel für ein Gebäude, das nicht mehr da ist. Da erheben sich ältere Herrschaften, die vorgeben, eine schlimme Zeit ohne Kirchen in einer kommunistischen Diktatur erlebt zu haben. Prominente und Mäzene, die sich mit Spenden bekannt oder bekannter machen wollen und Menschen, die sich in Potsdam, ohne das alte Potsdam gekannt zu haben, eingekauft haben und von Stadtansichten und Silhouetten reden, die sie nur von alten Bildern kennen können. Es ist traurig und verwunderlich, dass viele dieser Menschen von undemokratischen Diktaturen reden, von Zerstörungswut des DDR-Regimes, sich nun aber darüber erregen, dass Menschen, die in Potsdam leben, ein demokratisches Mittel nutzen, um ihre Ablehnung gegen die Garnisionskirche kundzutun. Und nun auch blind meinen, alle Gebäude, die zu DDR Zeiten entstanden sind, abreißen zu müssen.

Liebe Befürworter, nennt uns ein wirkliches Argument, warum wir diese Kirche brauchen! Wegen des Stadtbildes? Haben wir keine schöne Stadt? Für Versöhnung und Gedenken? Findet dies nicht in Gesprächen, Gedanken, im Herzen und in Taten statt? Wer hat das Recht, Menschen zu diffamieren, die das Dritte Reich, den Krieg und die wohl auch undemokratische Monarchie überstanden haben und nicht willens waren, gleich wieder ein Schloss aufzubauen oder eine Kirche, sondern an eine neue Zeit geglaubt haben, Unterkünfte brauchten, ein Dach über den Kopf? Viele unserer Besucher finden es befremdlich, was in Potsdam los ist, dass ein demokratischer Landtag sich ein Schloss bauen lässt. Eine Kirche aufgebaut werden soll, die es nicht mehr gibt. Und dass die Stadt dann beklagt, dass Spielplätze nicht instand gehalten werden können, weil kein Geld dafür da ist. Die Menschen in dieser Stadt benötigen gute Spielplätze, Straßen, sichere Radwege, bezahlbare Kindergartenplätze und Schulen sowie Kulturangebote für alle Schichten der Bevölkerung. Für eine moderne Stadt, mit neuen Stadtansichten.

Rico Franke, Potsdam

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