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Lesermeinung: Lichtmasterplan? Potsdam ist kein Ort der Finsternis!

Zu: „Potsdam droht Wildwuchs“ und „Lichtmasterplan für Potsdam gefordert“, 2.12.

Zu: „Potsdam droht Wildwuchs“ und „Lichtmasterplan für Potsdam gefordert“, 2.12.

Wie bietet sich die Stadt mit Einbruch der Dunkelheit dem Betrachter dar? Etwa als Ort der Finsternis? Und wenn ja, wäre es der rettende Eingriff mit gesteuertem Kunstlicht, die Stadt und ihre Tore mit Kunstlicht zu inszenieren ? Die drei Tore führen zur Innenstadt, die anschließenden Platzsituationen bleiben eher bescheiden, bieten kaum Aufenthaltsqualität. Am Jägertor überhaupt nicht, am Brandenburger Tor nur bedingt während der Geschäftszeiten, am Jägertor nur mit Straßenbahn- und Parkplatzerlebnis. Licht, Tageslicht zeichnet sich im Gegensatz zu LED-Kunstlicht durch seine Lebendigkeit, seine Wärme oder Kälte, seine Klarheit oder diffuse Gestalt im ständigen Wechsel von Hell und Dunkel aus. Es bringt Lebendigkeit in die Bauwerke und deren barocken Schmuck. Wer sehen will, erlebt wandelnde Szenen und Bauelemente, die sich im Auge entwickeln. Tageslicht eröffnet einen Zugang zur Bau- und Skulpturenkunst. Das technische Licht bietet konstante, immer gleichbleibende Ausleuchtung. Dass heute mit kostengünstiger Lichttechnik alles und jedes geflutet wird, bedeutet den Abschied von Wahrnehmungsgewohnheiten, bedeutet schlicht Verlust an Sehkultur. Berlin gibt dafür abstoßende Beispiele mit den Lindenlichterketten, dem farbübergossenem Schloss Charlottenburg, mit der Lichtwand der Schlossinfobox, die so sehr die Gestalt des Alten Museums stört, dass es wehtut.

Natürlich gibt es den Zusammenhang zwischen Reizüberflutung und dem Wegschauen. Es gibt auch diese erzieherische Komponente in der Lenkung von Aufmerksamkeit und individueller Wahrnehmung. Der Einzelne wird an die Hand der Master genommen und gelenkt. So soll es besser für ihn sein, als wenn er sich selbst suchend in seiner urbanen Welt umschaut, und selbst entscheidet, was er sehen und beachten will und was nicht. Punktuelle Illuminationen mit Festcharakter haben ihre eigene Gesetzlichkeit. Wie Weihnachts-, Frühjahrs- oder Herbstmärkte, wie punktuelle, zeitlich oder historisch hergeleitete Ereignisse. Dort ist es auf Zeit sinnvoll, der Freude an Farbe und Abwechslung durch Illuminationen Raum zu geben, so wie bei der Schlös- sernacht. Die Genesis ‚ Es werde Licht' war der erste notwendige Versuch, die Finsternis zu strukturieren in Tag und Nacht, und allem was dazwischenliegt. Dies zu sehen und zu erleben haben wir 365 Tage wechselnde Lichtereignisse jeden Tag, jede Nacht. Das sollte reichen!

Peter Vogel, Potsdam

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