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Leserpost zum Blütenfest: Kollektives Besäufnis

Zu „Obstwein und Radio Teddy“ vom 15. Mai In dem Artikel wird eine selbstzufriedene Bilanz von Stadt und Veranstaltungsagentur zum diesjährigen Blütenfest in Werder präsentiert.

Zu „Obstwein und Radio Teddy“ vom 15. Mai

In dem Artikel wird eine selbstzufriedene Bilanz von Stadt und Veranstaltungsagentur zum diesjährigen Blütenfest in Werder präsentiert. Diese Darstellung verfehlt jedenfalls auf der Inselstadt die Stimmung der Bürgerinnen und Bürger vollständig. Der ganz und gar unfestliche Rummel, den Veranstalter und Stadt dort zulassen, sorgt keineswegs bloß bei Zugezogenen für Ärger, sondern auch bei den Alteingesessenen. Als Zugezogener bekommt man immer wieder zu hören, dass früher das Baumblütenfest auf den Hohen Weg und die Obstplantagen beschränkt gewesen sei. Die Ausweitung des Rummels ins Uferlose, die Verwischung des ursprünglichen Blütenfest-Charakters ins Farblose, ins Beliebige und Gigantische sei erst in der Nachwende-Zeit vorangetrieben worden.

Die Besucherströme seien verstärkt auf den Hohen Weg gelenkt worden; die Bühne auf dem Plantagenplatz sei von Radio Teddy betrieben worden und habe ein Familienprogramm angeboten; die Blütenrundfahrten hätten sich bewährt, heißt es in dem Artikel. Da wird in der Tat auf erfreuliche Akzente hingewiesen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die alten Zumutungen unvermindert weitergehen. „Für jeden Gast etwas“, heißt das so schön.

Es ist kein Zufall, dass in dem Artikel von der Inselstadt keine Rede ist. Jedenfalls auf dem historisch restaurierten Marktplatz zeigt sich eine Trostlosigkeit, die von völliger konzeptioneller Einfallslosigkeit zeugt. Die Bühne wird tage- und abendelang vom unablässigen Gewummer gleichförmiger Bässe beherrscht, die niemandem in die Beine gehen, aber allen auf den Magen schlagen. Weil dieses Nullachtfünfzehn-Angebot noch nicht einmal genügend Zecher anzieht, wird die Bühne von einem Hauswand großen Monitor flankiert, auf der Werbung flackert. Wäre nicht Waches’ Obstwein-Garten an der Havel (neuerdings auch schon mit lärmender Musik), so wäre der Ausverkauf des ursprünglichen Blütenfest-Gedankens auf der historischen Inselstadt komplett.

Und wenn es dem Fest wirklich um Familien und Jugendliche geht, ist es an der Zeit, das augenzwinkernde Einverständnis mit dem kollektiven Besäufnis von Jugendlichen aufzukündigen, als welches des Blütenfest angeboten und genutzt wird.

Heinz Burghardt, Werder

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