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"Wäre es nicht eine gute Lösung, das FH-Gebäude abzutragen und zusammen mit ausgewählten DDR-Bauten, wie z. B. dem „Café Minsk“ und dem Mosaik des Rechenzentrums, an anderer Stelle als „Cluster der DDR-Moderne“ in der Nachbarschaft wieder aufzubauen?"

© A. Klaer

Leserbriefe zum Bürgerbegehren in Potsdam: Ein Best-of-DDR-Architektur-Areal einrichten

Eine PNN-Leserin schlägt vor, das FH-Gebäude abzutragen und zusammen mit anderen DDR-Bauten an einer anderen Stelle in Potsdam wieder aufzubauen.

Zum Thema Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte – Abriss FH-Gebäude

Dies vorab: Ich selbst gehöre zu denjenigen Bürgern der Stadt, die den Wiederaufbau des Schlosses und des umgebenden Areals anstelle der vorhandenen Kreuzung und der Brachlandschaft und auch anstelle eines zeitgemäßen Neubaus à la IHK oder Bibliothek oder à la Washington-Platz am Hauptbahnhof Berlin vorgezogen haben. Auch das Ergebnis finde ich gelungen und freue mich nun jeden Tag über den Anblick.

Ich gehöre auch zu jenen, die für den Abriss des Mercure waren, als es noch ein einsamer Zahn in der Brache war. Gleichzeitig habe ich aber im Fall des FH-Gebäudes durchaus große Sympathien für den Erhalt der doch auch sehr interessanten und spezifischen DDR-Architektur. Genauso wie mir auch das „Café Minsk“ eher gefällt. Doch insbesondere das FH-Gebäude passt meiner Meinung nach nicht mehr an diesen konkreten ursprünglichen Platz. Auch renoviert würde es immer ein Fremdkörper bleiben und das Ensemble sicherlich nachhaltig stören.

Wäre es nicht eine gute Lösung, das Gebäude abzutragen und zusammen mit ausgewählten DDR-Bauten, wie z. B. dem „Café Minsk“ und dem Mosaik des Rechenzentrums, an anderer Stelle als „Cluster der DDR-Moderne“ in der Nachbarschaft wieder aufzubauen? Gebäudeversetzungen gab es doch in der Vergangenheit, so wie seinerzeit der Wiederaufbau ostdeutscher Platten in Russland, häufiger.

Es würde sozusagen eine Art DDR-Gelände der ästhetischen Art, ein „Best-of-DDR-Architektur-in-Potsdam-Gelände“, entstehen, wo ebenso kulturelle Veranstaltungen stattfinden könnten, das gleichzeitig auch ein neuer, lebendiger, touristischer Anziehungspunkt werden könnte. Die FH an neuem Standort böte auch genügend Platz für attraktive Wohnungen und Gastronomie.

Der Standort müsste innenstadtnah gewählt werden, damit er auch für Potsdam-Touristen leicht erreichbar wäre. In Frage kämen zum Beispiel die Areale gegenüber dem Mercure auf der Bahnhofsseite oder gegenüber der Freundschaftsinsel. Vielleicht könnten die Erlöse aus dem Verkauf des FH-Grundstücks, wie auch eventuell private Investitionen in die Finanzierung der Maßnahme einfließen? Und vielleicht kann man mit diesem Vorschlag auch Abrissgegner und -befürworter zusammenbringen?!

Marion Paulus, Potsdam

Und was meinen Sie? Schreiben Sie uns an leserpost@pnn.de!

Zunächst seien einige Erfahrungen benannt. Der Streit „Beseitigung oder Bewahrung der Bibliothek“ ist lehrreich. Die schließlich gegen Widerstand erreichte „Bewahrung mit Modernisierung“ zeigte ein hervorragendes Resultat. Augenscheinlich ist nun, was Modernisierung heutzutage vermag. Täglich wird bewiesen, es besteht Bedarf an Kultur und Wissenschaft in der Mitte Potsdams.

Lehrreich ist auch die Entstehung des Museums „Barberini“. Kein Planungsorgan der Stadt, keine Partei, kein Verein ist auf die Museumsidee gekommen, sondern der Manager, der die Hotelnutzung nicht hinbekam. Das ist beunruhigend und verwunderlich, denn als Wohnhaus gebaut, ließ Friedrich Wilhelm IV. das Barberini von 1845 bis 1849 nach Plänen von Persius als Gesellschaftshaus für die künstlerische und wissenschaftliche Vereinigung der Potsdamer Bürgerschaft umbauen, mit großem Vortrags- und prächtigem Konzertsaal!

Das Leitbautenkonzept hat sich als Prinzip bewährt. Aber das Prinzip allein garantiert noch nicht eine hervorragende Umsetzung unter konkreten Randbedingungen. Die Neubauten an der Humboldtstraße beziehungsweise Alten Fahrt sind leider architektonisch mittelmäßige Bauten an einem hervorragenden Standort. Mittelmäßig wie etwa das Mercure. Hoffentlich werden die teuren Wohnungen hinter alter und neuer Fassade nicht nur gekauft oder gemietet, sondern auch bewohnt.

Nun zum aktuellen Bauabschnitt links und rechts der Schwertfegerstraße. Der aktuelle Plan sieht Wohnen, Essen, Trinken, Einkaufen in angenähert historischem Ambiente auf einer erzeugten Tabula rasa vor – nach einem Anfang der 1990er-Jahre erarbeiteten Konzept.

„Als Genossen einer fortschreitenden Zeit werden wir auf neue Standpunkte geführt“(Goethe). Mit Wohnen, Essen, Trinken, Einkaufen in angenähert historischem Ambiente allein können wir im 21. Jahrhundert nicht bestehen. Wissenschaft, Kultur, Raum für Kreative müssen hinzukommen. Diese Dringlichkeit ist neu und international überzeugend begründet. Einmalig ist die Möglichkeit sich am Ort mit DDR-Architektur auseinander setzen zu können. Neuerdings werden Wissenschaft und Kultur vom Oberbürgermeister mit in die Aufzählung der Funktionen aufgenommen, aber mit dem nicht ausgesprochenen Vorbehalt, wenn sich dafür ein privater Investor findet und der Bekräftigung, dass die Fachhochschule vollständig abgerissen wird. Folgerichtig sind wir Anhänger einer Erweiterung des bisherigen Konzepts (alle vorgesehenen Leitbauten werden realisiert). Teile der Fachhochschule werden erhalten und für die Nutzung durch Wissenschaft, Kultur und Kreative hergerichtet. In Auseinandersetzung mit der DDR-Architektur erfolgt eine kühne Modernisierung – siehe Bildungsforum. Eine begeisternde Aufgabe für Architekten und Stadtplaner.

Dr. Jochen und Gudrun W. Kluge, Potsdam

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