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Lesermeinung: Kein Eingriff in die Meinungsfreiheit

„Umstrittene Bücher in der Bibliothek“, 27. Dezember und folgende LeserbriefeIn den PNN erschienen mehrere Leserbriefe, die unsere Kritik am Umgang mit rechter Propagandaliteratur und Verschwörungstheorien als Eingriff in die Meinungsfreiheit diffamieren.

„Umstrittene Bücher in der Bibliothek“, 27. Dezember und folgende Leserbriefe

In den PNN erschienen mehrere Leserbriefe, die unsere Kritik am Umgang mit rechter Propagandaliteratur und Verschwörungstheorien als Eingriff in die Meinungsfreiheit diffamieren. Dass die AfD – die selbst die Absetzung eines Theaterstückes über Flüchtlingshelfer im Hans Otto Theater forderte – sich plötzlich als Retter der Meinungsfreiheit aufspielt, wundert uns nicht. Aber es enttäuscht uns durchaus, dass auch die Schriftstellerin Sigrid Grabner in ähnliche Diskursmuster verfällt.

Wir stehen gern für unsere Überzeugungen ein. Aber eben nur für die und nicht für das, was uns in AfD-Pressemitteilungen angedichtet wird. Wir haben zu keinem Zeitpunkt gefordert, dass Bücher aus dem Bestand der Bibliothek entfernt werden. Allerdings setzen wir uns für eine kontroverse Präsentation und Auseinandersetzung mit Büchern der Neuen Rechten ein. Wir erwarten von einer öffentlichen Bibliothek, dass sie diese Titel nicht nur aus Bequemlichkeit unkommentiert ins Bestseller-Regal stellt, sondern dass auch Kritikpunkte sichtbar gemacht werden. Das Kontroversitätsgebot und das Überwältigungsverbot sind wichtige Grundsätze politischer Bildung. Ergänzende Informationen zu umstrittenen Büchern sind daher für die eigene Meinungsbildung sehr wertvoll. Udo Ulfkotte stellt in seinem Buch „Gekaufte Journalisten“ zum Beispiel Behauptungen zum Medienkonsum auf, die auf der falschen Wiedergabe von Umfragen basieren. Da die Umfrage selbst im Buch nicht abgedruckt ist, kann die Fußnote nur schwer überprüft werden. Eine Information über unkorrekte Zitate ist daher schon als Service angebracht. Sie ist kein Eingriff in die Meinungsfreiheit, sondern ermöglicht erst eine eigene Meinungsbildung des Lesers. Eine gute Bibliothek sollte Kritik an der eigenen Behäbigkeit nicht als „Zensur“ abqualifizieren. Ergänzende Informationen zu umstrittenen Büchern fördern die freie Meinungsbildung und die kontroverse Diskussion.

Solche Informationen können durch Beipackzettel oder Links auf der Homepage bereitgestellt werden. In vielen Bibliotheken gibt es eine Kategorie „Neue Rechte“, zu der häufig auch kritische Literatur gestellt wird. Welche Methode geeigneter ist, um den Auftrag der Bibliothek zu erfüllen, darüber kann man diskutieren. Aber unkommentiert Spinnereien über Reptiloide in Menschengestalt oder über Chemtrails in die Wissenschaftsabteilung zu stellen, ist sicher kein vernünftiger Weg.

Lutz Boede, Wählergruppe Die Andere, Potsdam

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