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Lesermeinung: Hotel Mercure – Abriss oder Erhalt?

Zu „33 Stimmen gegen das Mercure“ vom 3. März und dem Kommentar „Um 90 Grad kippen“ vom 25.

Zu „33 Stimmen gegen das Mercure“ vom 3. März und dem Kommentar „Um 90 Grad kippen“ vom 25. Februar

Dies ist der wahre Kulturkampf dieser Zeit: Brüche in der Stadtgestaltung werden zum Ziel der Stadtgestaltung erhoben. Und demokratisch getroffene Beschlüsse, durch unser städtisches Parlament, werden als „veraltet“ gebrandmarkt, um sie zu diskreditieren und so als nicht mehr verpflichtend und zeitgemäß auszusitzen, ja, somit sogar die Bevölkerung dagegen aufzubringen. Und diese parteiische und undemokratische Meinung wird von der PNN als offizieller Kommentar einfach so veröffentlicht. Un-Demokraten zeichnen sich nicht nur durch „Abendspaziergänge“ aus. Un-Demokraten der anderen Seite schreiben parteiische Kommentare und negieren die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung. Un-Demokraten aller Seiten bekämpfen ungewollt – oder gewollt – gemeinsam unsere freiheitlich-demokratische Rechtsordnung und versuchen diese auf verschiedenste Weise zu diskreditieren.

Stefan Karau, Potsdam

Es gibt in Potsdam viele Liebhaber des Hotels Mercure. Nur wozu sie es brauchen, bleibt unklar. Übernachten sie dort? Gehen sie dort essen? Wohl nicht. Hotels sind vorrangig für Auswärtige bestimmt. Sollte man dann nicht auch vorrangig Auswärtige fragen, ob sie es brauchen? Eine mir bekannte Auswärtige, die nichts über die hiesigen Hotelpossen weiß, buchte im Mercure kürzlich eine Übernachtung. Hier ihr Erfahrungsbericht: „Dieses Hotel ist nur knapp zu ertragen. Wenn man drin ist, dann sieht man es wenigstens nicht. Wenn man es ein wenig warm haben möchte im Zimmer, muss man die mit der Heizung kombinierte Klimaanlage anschalten, dann brummt der Ventilator, als ob eine Boeing landet. Also: entweder laut und warm oder kalt und leise. Eine andere Auswahl gibt es nicht.“ Auf dem Buchungsportal booking.com hat das Hotel Mercure eine der schlechtesten Bewertungen der Potsdamer Hotels (7,7 Punkte). Ideologische Gründe versperren manchmal den Blick auf die Wirklichkeit.

Dr. habil. Clemens Alexander Wimmer, Potsdam

Nur schwer Geistesgestörte können das Hotel Mercure abreißen wollen – oder Wessis, die alles, was aus der DDR kommt, vernichten und die Erinnerung daran auslöschen wollen! Hindern Sie bitte diese Leute daran!

Uwe Dittmer, Potsdam

Mir als ehemaligem Westberliner missfällt es sehr, wie Zeitzeugen der DDR dem Erdboden gleich gemacht werden sollen. Das erinnert mich an Siegergehabe, einfach unwürdig. Auch sind die Gebäude werthaltig und werden genutzt. Städtebaulich wäre damit neben dem toten Stadtschloss und neuen Museen eine weitere menschliche Verarmung der Potsdamer Mitte zu befürchten. Bemerkenswert ist, dass die Rathauskooperation zwar immer wieder den Bürgerdialog fordert und ihn angeblich fördern will, in diesem Fall eine Befragung aller Potsdamer jedoch vehement ablehnt. Fürchten die neokonservativen Kräfte in der Stadtverordnetenversammlung mit ihrem Willen in der Bürgerschaft keine Bestätigung zu finden?

Was bleibt uns Bürgern da übrig? Direkte Demokratie wagen: Die Brandenburgische Kommunalverfassung sieht da einen Weg vor: ein Bürgerbegehren!

Andreas Menzel, Groß Glienicke

Völlig verwundert lese ich immer wieder über die Diskussionen, den Abriss des Hotels Mercure betreffend. Abgesehen von meinem persönlichen Empfinden, wonach dieses Gebäude als eines der hässlichsten in Potsdam zu bewerten ist, frage ich mich dennoch, ob es die Stadt sich in Zeiten wie diesen, wo es an Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge und Asylbewerber mangelt, leisten kann, ein Gebäude mit einer quasi funktionierenden Infrastruktur wie Großküche, Aufenthaltsräumen, Zimmer mit eigenen Bädern und Toiletten, die auch Frauen und Kinder geschützt aufsuchen können, abzureißen. Noch verwunderter bin ich allerdings darüber, dass ich bisher noch nicht einmal von dem Vorschlag, das Mercure als temporäres Aufnahmelager zu nutzen, gehört habe. Sicherlich dürfte es einigen Potsdamern nicht gefallen, ein Aufnahmelager an einer solch exponierten Lage entstehen zu sehen. Aber in Anbetracht dessen, dass sich das keine Gemeinde in Deutschland aussuchen dürfte, wäre dies wohl eine ernstzunehmende Überlegung wert.

Jessi Kobek, Kleinmachnow

Es wurde zum Thema Mercure bereits sehr viel geschrieben, aber recht wenig, wie die Eigentümer und Betreiber sich die Zukunft des Hotels vorstellen. Momentan gewinnt der Betrachter den Eindruck, dass das Gebäude auf Verschleiß genutzt wird, denn der Sanierungsbedarf besteht seit vielen Jahren. Die Platten weisen beängstigend lange Risse auf und die Heizungsanlage scheint noch im Original vorhanden zu sein, wenn Gäste die Wahl haben, mit offenem Fenster und dem Lärm der Straße oder mit geschlossenem Fenster bei 35 Grad Celsius in der Nacht zu schlafen. Der Erhalt des Gebäudes und die weitere Nutzung als Hotel sind nur dann wirtschaftlich, wenn Investitionen nach den aktuellen Standards erfolgen und das Konzept in den Bettenbedarf der Stadt passt. Der fragwürdige Erhalt der Arbeitsplätze kann deshalb nicht für den Erhalt ausschlaggebend sein, ebenso wenig Erinnerungen an Feiern, die nicht wiederholbar sind. Auch fehlen der Stadt für Bürger zugängliche Konzepte für Alternativen. Die Kosten der Investitionen und die der Alternativen sollten den Abrisskosten gegenübergestellt werden, bevor eine Bürgerbeteiligung bei der Entscheidung Berücksichtigung finden kann.

Hans-Jürgen Kernbach, Potsdam

Eine „Wiese des Volkes“ statt eines gut florierenden Hotelbetriebs? Das kann ja nur eine Idee der ideologisch bornierten Linkspartei sein, oder? In Potsdam liegen die Fronten genau quer. Die Idee, ein Hotel durch eine Wiese, inklusive des DDR-typischen Vokabulars, zu ersetzen, stammt von der ganz großen Rathauskoalition aus SPD, CDU, FDP und Grünen. Sie könnte aber auch im alten SED-Politbüro ausgedacht worden sein.

Zurecht wird scharf kritisiert, dass die SED während ihrer Herrschaft viele historische Gebäude – viele davon hatten den Krieg leicht beschädigt überstanden und wären durchaus sanierbar gewesen – hat abreißen lassen: Das Berliner und das Potsdamer Stadtschloss sowie die Potsdamer Garnisonkirche sind nur die bekanntesten Opfer dieser sozialistischen „Stadtbildbereinigung“. Oft entstanden mangels Ressourcen und Ideen an deren Stellen nur ein Parkplatz – oder eben eine Wiese. Potsdams SPD-OB und seine Rathauskoalition haben ihre eigene Agenda einer „Stadtbildbereinigung“. Der Volksmund weiß: Die größten Kritiker der Elche sind selber welche.

Eine weitere wichtige Frage: Wenn das mit Abstand größte Hotel Potsdams aus dem Markt verschwände, wird sich die ortansässige Konkurrenz die Hände reiben. Und: Wem nützt es? Wessen geschäftliche Interessen verfolgen der OB und seine Koalition? Die seit Jahren schwelende Debatte um den Abriss des Hotels hat diesem laut Mitteilung seines Direktors schon erheblichen Schaden verursacht. Viele Kunden würden verunsichert sein und bei Buchungen fragen, ob das Hotel denn im nächsten Monat noch stehen werde. Auch so kann man ein florierendes Geschäft zerstören. Auch hierfür lieferte die SED-Diktatur die Blaupause. Im Unterschied zu damals kann sich der betroffene Besitzer heute aber gegen staatliche oder eben städtische Willkür wehren. Nicht die Kritiker denken „ideologisch“, sondern die Protagonisten einer postsozialistischen „Stadtbildbereinigung“.

Dr. Klaus Storkmann, Potsdam

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