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Lesermeinung: Bürgerbegehren gegen die Garnisonkirche

„Unterschriften gegen die Garnisonkirche“ vom 15. Februar 2014Wie ich der Presse entnehmen konnte, wollen junge Studenten eine Unterschriftensammlung gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche durchführen.

„Unterschriften gegen die Garnisonkirche“ vom 15. Februar 2014

Wie ich der Presse entnehmen konnte, wollen junge Studenten eine Unterschriftensammlung gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche durchführen. Es ist sehr traurig, dass diese jungen Menschen leider nichts von der städtebaulichen, architektonischen, künstlerischen Bedeutung und Schönheit dieses Gotteshauses für Potsdam wissen. Diese Kirche war für alle Potsdamer ein wunderschönes Wahrzeichen, auch mit dem berühmten und einmaligen Dreikirchenblick, den es nur in unserer Stadt gab. Dieses Gotteshaus sollte, wie nach dem guten Vorbild der Dresdner Frauenkirche, unbedingt uns Potsdamern wieder geschenkt werden, damit wir sie wieder in unser Herz schließen und uns an ihr erfreuen können.

Lina Grundmann

„Das Alte bezaubert die Besucher dieser Stadt“

Ich bin nur eine Bürgerin Potsdams und hoffe doch inständig, dass viele so denken wie ich und keine Unterschrift gegen die Garnisonkirche setzen. Der Pfarrer hat sich damals gegen die Garnisonkirche als Örtlichkeit für dieses Spektakel am „Tag von Potsdam“ ausgesprochen. Zählt das denn gar nicht? Einzig und allein Goebbels wollte den Preußenkönig dazu benutzen, Hitler voranzubringen. Der Alte Fritz musste herhalten als Sinnbild deutscher Tugenden und die Garnisonkirche wegen der Grabstätte Friedrichs nebst seinem Vater. Weder Friedrich II. noch die Kirche kann man dafür verantwortlich machen! Und wie heuchlerisch ist es doch, sich all die Fußballspiele im Olympiastadion in Berlin anzuschauen? Was haben Hitler und seine Handlanger da nicht alles inszeniert. Wie oft hat sich der Herr dort feiern lassen? Dem Stadion hat man die Chance gegeben, Sinnbild für anderes zu werden, ein anderes Bild in die Köpfe zu kriegen. Ich bin jedes Mal todtraurig, wenn ich sehe, wie schön Potsdam doch einst war. Wenn sich doch bloß damals eine Initiative gemeldet hätte, als die Schwertfegergasse, die Achteckenhäuser, der gesamte Bereich Am Kanal, die vielen liebevoll verzierten Brücken, einfach so viel, durch absolut hässliche Bauten ersetzt wurden! Es mag sein, dass ich alles etwas romantisiere und die Menschen damals in Potsdam mit anderen Augen gesehen haben. Aber was bezaubert und verzaubert unsere Besucher oder Besucher anderer großer Städte? Genau: Das Alte! Viele Hotels sind in unserer Stadt auf Touristen angewiesen, ebenso die Geschäftsleute der Innenstadt. Also muss die Losung lauten: „Potsdam, vergiss nicht, aber finde zu alter Schönheit zurück! Sei stolz und ehrfürchtig zugleich und lass dich nicht unterkriegen!“

P. Günther

„Wir brauchen diese Kirche als Mahnmal“

Das Bürgerbegehren gegen den Wiederaufbau der Garnisonkirche wäre ein verhängnisvolles Signal für das Bestreben der Stadt und vieler engagierter Bürger zur Rückgewinnung der Potsdamer Innenstadt. Potsdam darf sich glücklich schätzen, dass es die ihm durch Kriegseinwirkungen und Sozialismus zugefügten Wunden mithilfe großzügiger Sponsoren und engagierter Bürger weitgehend beseitigen konnte. Wenn es heute eine viele Neubürger und vor allem Touristen anziehende Stadt geworden ist, dann verdankt sie dies einem Stadtbild, das neben der Moderne auch die Anlehnung an das preußische Kulturerbe sucht. Aus dieser Sicht war es klug, den Alten Markt mit der Wiedererrichtung des Stadtschlosses attraktiver zu machen.

In dieser Betrachtung darf natürlich nicht die Garnisonkirche fehlen. Auch sie gehört zum Stadtbild. Darüber hinaus war sie nicht nur die Kirche, in der Hitler den Handschlag vom Reichspräsidenten Hindenburg erhielt, sondern ein Bauwerk von nationaler Bedeutung. Hier wurde am Grabe Friedrichs des Großen der Pakt zwischen dem russischen Zaren Alexander I. und dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. gegen Napoleon geschmiedet. Aber auch Napoleon zeigte seine Wertschätzung für Friedrich den Großen durch den Besuch seines Grabes in der Garnisonkirche, als er 1806 in Berlin einzog und schließlich fanden sich in dieser Kirche 1817 Lutheraner und Reformierte zur Union zusammen. Heute wird das kaum noch beachtet, damals war es fast ein revolutionäres Ereignis.

Auf dieses großartige Geschichtsbild warf der 21. März 1933 mit dem „Tag von Potsdam“ seinen Schatten. Obwohl ein Gebäude für Ereignisse oder Veranstaltungen, die in seinen Mauern stattfinden, sich nicht schuldig machen, aber wohl von Menschen missbraucht werden kann, wurde die Kirche von den Kommunisten verteufelt und schließlich abgerissen. Aus dem Abstand zu den geschichtlichen Ereignissen muss man heute sagen, wir brauchen diese Kirche nicht nur als Mahnmal und Ort des Gedenkens an den 21. März 1933, sondern allein schon als sichtbaren Beweis dafür, dass wir uns unser Denken nicht vorschreiben lassen. Sie ist damit ein besonderer Ort des Gedenkens an eine Zeit, die großes Unheil über uns gebracht hat. Hieraus wird aber auch deutlich, dem Potsdamer Stadtbild und dem deutschen Volk würde etwas fehlen, wenn man auf den Wiederaufbau dieser Kirche verzichten würde. Wir haben zwei menschenverachtende Diktaturen überwunden, in der Gestaltung unseres Staates und unserer Politik die notwendigen Lehren gezogen. Aus dieser Entwicklung zu folgern, mit dem Wiederaufbau der Garnisonkirche könnte ein neuer Militarismus entstehen, ist schlicht abwegig.

Eine wiedererrichtete Garnisonkirche hat mit Blick auf die Zukunft einen positiven Aspekt. In der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau haben sich ehemalige DDR-Bürger und Westdeutsche zu einer Gemeinschaft zusammengefunden, die sich einvernehmlich dem gemeinsamen Ziel verpflichtet fühlen. Wenn wir es nicht zulassen wollen, dass die bisherige positive Entwicklung dieser Stadt gestört wird, sind wir Potsdamer Bürger gut beraten, rückwärts gerichtetes Denken in die Schranken zu verweisen.

Dietrich Gerlach, Potsdam

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