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Kolumne | Etwas Hella: Der singende Weihnachtsbaum

Vor dem Segen der Digitalisierung ist keiner gefeit, auch nicht unsere Kolumnistin. Doch nicht jede Innovation ist ein Fortschritt.

Nachdem uns Corona so ziemlich alles an Unterhaltung und Freizeitbeschäftigung genommen hat, was irgenwie Spaß macht, kündigte nun auch noch der liebste Freund in Pandemie-Zeiten, mein Fernseher, den Dienst auf. Reparaturen, das weiß inzwischen jeder, lohnen sich nicht mehr. Also musste ein neues Gerät her. Das war natürlich auf dem neuesten Stand der Technik, während die Anschlüsse sich eher als etwas vorsintflutlich erwiesen und nicht mit dem Neuling zusammenarbeiten wollten. In dieser Phase wurde mir schlagartig klar, wie sehr wir doch von Technik umzingelt sind und was in meinem Haushalt alles so stand by leuchtet und in Warteposition flimmert oder auch ausgeschaltet zur gefälligen Nutzung zur Verfügung steht. Dabei gehöre ich nicht einmal zu den Technikfreaks, die so ziemlich alles zur Verfügung haben, was man sich anschaffen kann. 

Hella Dittfeld ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.
Hella Dittfeld ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam.

© Sebastian Gabsch

Keine Symptome, dafür aber eine Heidenangst

Alexa kommt mir zum Beispiel nicht ins Haus, denn die Dame ist nur mäßig hilfreich. Nicht mal Adventskerzen ausblasen kann sie. Außerdem spioniert mich das Biest aus und tratscht im Internet mit wer weiß wem. Ich habe mir auch die Corona-App nicht heruntergeladen, denn die ist gelinde gesagt für den A... Meine Nachbarin, die die App hat, erhielt vor kurzem die Nachricht, dass sie sich womöglich angesteckt haben könnte. Wo? Kein Hinweis. Bei wem? Auch nichts. Sie selbst - keine Symptome, dafür aber eine Heidenangst. Wir beschlossen, uns zwei Wochen lang nur noch anzurufen, obwohl wir eigentlich eine Treppenabsatz-WG sind. Danke Warn-App!!! Dafür wissen aber alle möglichen und unmöglichen Anbieter, was ich wann gekauft habe, welches Schaumbad ich benutze und dass ich kein Veganer bin. Denn ich schmeiße mir meine eeechte Thüringer Weihnachtsmarkt-Bratwurst jetzt selbst auf den Grill. Einen elektrischen natürlich, mit Temperaturregler und Abzugshaube. Während die Wurst brutzelt geht trotzdem jedes mal der Rauchmelder an. Ich muss mit dem Besenstiel dagegen klopfen, damit er still ist. Daraufhin fällt der Deckel ab. Ich steige auf die Leiter, um ihn wieder anzubringen. Wahrscheinlich trete ich bei diesem Rauchmelderbeschwichtigungszirkus irgendwann mal fehl, falle um und verbrenne mich. Ich habe zum Glück aber ein Notfall-Armband, das dann einen Hilfsdienst alarmiert. So segensreich kann Technik sein.

Weihnachtsbraten über Smartphone bestellt

Fernseher und Heim-Technik sind übrigens wieder kompatibel und ich kann beim vierten oder fünften Krimi selig entschlummern, während mir ein gutes Buch doch manchmal den Nachtschlaf raubt. Dafür verlangt es nicht, dass ich Cookies akzeptiere, ehe ich es aufschlagen darf. Was mich aber technisch überhaupt nicht weiter bringt. Also habe ich wenigstens den Weihnachtsbraten über mein neues Smartphone bestellt und ich überlege gerade, welche Technik ich in Stellung bringen muss, um zu einem versierten Weihnachtsbaum-Anputzer (wegen der wackligen Leiter) zu kommen. Und wenn der dann noch blauen Lichterglanz installiert und die Tanne Jingle Bells singen lässt, wird mir auch der abgesagte Weihnachtsmarkt nicht mehr fehlen.

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Hella Dittfeld

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