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Meinung: Freunde der Union

Die SPD findet kein eigenes Thema, denn bei Europa kann sie sich nicht abgrenzen

Von Hans Monath

Der Spruch stammt zwar nicht von Friedensfürst Willy Brandt, stimmt für die SPD aber trotzdem: Wähler sind nicht alles, aber ohne Wähler ist alles nichts. Weil diese Einsicht den Sozialdemokraten angesichts erdrückender Kompetenzwerte für die Kanzlerin zu schaffen macht, lädt die SPD-Bundestagsfraktion am Wochenende zu einem zweitägigen „Zukunftskongress“.

Das Treffen soll ein Jahr vor der Bundestagswahl die wirtschaftliche und gesellschaftliche Modernisierungskompetenz der Partei und ihre Fähigkeit zu politischen Lösungen untermauern, von denen alle profitieren. Zuletzt hatte die SPD vor allem als jene Partei Schlagzeilen gemacht, in der drei Anwärter mit freundlichster Miene hart um das Amt des Kanzlerkandidaten ringen.

Das dürfte noch eine Weile so bleiben, denn je eher ihr Vorsitzender Sigmar Gabriel sich entscheidet, umso schwieriger wird es der Partei im Wahlkampf fallen, die Balance zu halten. Die Sozialdemokraten brauchen alle drei, Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück, wenn sie ein breites Repertoire ansprechen wollen.

Schlägt der Parteivorsitzende den Fraktionschef oder den Ex-Finanzminister vor, besteht sofort die Gefahr, dass jeder merkt: Der Partei fehlt ein strategisches Zentrum. Wenn der Kandidat seine Leute aber nicht führt, verliert er Autorität. Jeder Tag mehr macht das Unternehmen deshalb nur anstrengender und heikler. Wirklich klären lassen sich die Machtverhältnisse in einer Troika, das zeigt die Geschichte, erst nach der Wahl.

Die vielen interessanten Berichte von der Kandidatenfront haben jedenfalls nicht dazu beigetragen, die SPD aus der Gefangenschaft der 30-Prozent-Marke in Umfragen zu befreien. Auch die Konzentration auf das Kernthema soziale Gerechtigkeit brachte noch keine Dynamik nach oben.

Denn Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich hartnäckig an die Fersen der Konkurrenz geheftet und mindert die Absatzchancen der SPD auf dem Wählermarkt, selbst wenn ihre Angebote mit dem sozialdemokratischen Original oft so wenig zu tun haben wie die chinesische Billigkopie mit dem Produkt eines deutschen Markenherstellers.

Nur auf wenigen Feldern konnte sich die SPD zuletzt gegen die Union profilieren – nämlich mit der Attacke auf Banken und Steuersünder und mit Gabriels Radikalbekenntnis zu einer Fiskalunion mit gemeinschaftlicher Haftung. Die Wahrheit ist aber, dass viele Sozialdemokraten davor zittern, im Wahljahr als fröhliche Schuldenzahler diffamiert zu werden. Der Beweis der SPD-These, wonach Merkels Krisenpolitik in die Irre führt, wäre nur dann schlagend erbracht, wenn der Euro in Trümmern läge.

Also ein Wahlkampf unter dem Motto „Europa kaputt, SPD ans Ruder“? Da sieht es eher danach aus, dass die Partei noch viele „Zukunftskongresse“ abhalten muss, bevor sie die Wähler davon überzeugen kann, dass die SPD in der Regierung nicht alles ist, dass aber ohne sie vieles schlechter bliebe.

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