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Meinung: Ein Königreich für einen Kredit

Spanien geht es besser – doch über den Berg ist das Land noch lange nicht

Die gute Nachricht lautet: Der Euro-Krisenpatient, der vor einem Jahr noch auf die Staatspleite zutrieb, befindet sich nicht mehr auf der Intensivstation. Das südeuropäische Land, dessen heftiger Immobiliencrash die Banken und die übrige Wirtschaft krankenhausreif machte, steht wieder auf eigenen Füßen. Spanien vermeldet ein minimales Wachstum und sogar kleine Lichtblicke auf dem Arbeitsmarkt.

Der Euro-Rettungsfonds, welcher die spanischen Geldhäuser mit einem Kredit von 41 Milliarden Euro stützte, half bei dieser Erholung entscheidend. Nach 18 Monaten am Tropf konnte das Königreich zu Jahresbeginn den Rettungsschirm wieder verlassen. Harte Reformen in Spanien sowie die generelle wirtschaftliche Erholung der Euro-Zone haben dies möglich gemacht.

Doch ist Spanien wirklich schon über den Berg? Viele Probleme sind ungelöst, so dass ein Rückfall nicht ausschlossen werden kann. Die Daten der spanischen Krise signalisieren, dass immer noch erhebliche Risiken die dauerhafte Gesundung gefährden. Wegen der geplatzten Baublase steigt zum Beispiel bei den Banken die Zahl der faulen Kredite, die als Verluste abgeschrieben werden müssen. Das allein sind 190 Milliarden Euro.

Auch die explodierenden Staatsschulden flößen wenig Vertrauen ein. Spanien spart zwar eisern, gibt aber immer noch sehr viel mehr aus, als es einnimmt. Die öffentliche Verschuldung wird in diesem Jahr mehr als 100 Prozent der gesamten spanischen Jahreswirtschaftsleistung betragen. Damit steigt die Zinslast, die auf dem Land lastet.

Der Schuldenberg ist weniger die Folge der Wirtschaftskrise, sondern von verbreiteter Großmannssucht, Korruption und Verschwendung. Folge dieser Inkompetenz sind Geisterflughäfen, verwaiste Autobahnen oder Betonsiedlungen, in denen keine Menschenseele wohnt: Symbole für den Größenwahn, der das Königreich jahrelang geprägt hat, und der durch großzügige EU-Milliarden noch unterstützt wurde.

Angesichts von immer noch 27 Prozent Arbeitslosigkeit, 57 Prozent Jugendarbeitslosigkeit und wachsender Armut klingt es für die Bevölkerung zynisch, wenn Spaniens konservative Regierung vollmundig verkündet, dass die Wirtschaftskrise überwunden sei.

Dass es nicht noch düsterer aussieht, ist vor allem den ausländischen Urlaubern zu verdanken. Der internationale Tourismus ist einer der wenigen spanischen Wirtschaftssektoren, der nicht schrumpft, sondern boomt. Und der Spanien 2013 mit rund 60 Millionen ausländischen Feriengästen ein Rekordjahr beschert hat. Dabei half freilich nicht unwesentlich die Flucht der Touristen aus politisch instabilen Mittelmeerländern wie Tunesien oder Ägypten.

Es ist also ein Hoffnungsschimmer für Spanien zu erkennen. Setzt sich die Entwicklung fort, könnte die optimistische Prognose von Ministerpräsident Mariano Rajoy in Erfüllung gehen, wonach 2014 „das Jahr der wirtschaftlichen Erholung“ sein wird. Geht dieses Versprechen nicht in Erfüllung, könnte Spanien ganz schnell wieder dort stehen, wo es vor der Hilfe durch den Euro-Rettungsfonds bereits war: am Abgrund.

Ralph Schulze

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