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Meinung: Die Rückkehr der Regulierer

Mindestlohn, Frauenquote, Rückkehrrecht – klingt alles besser, als es ist

Als Nächstes wird vermutlich die Arbeitslosigkeit verboten. Die angehenden Koalitionäre von Union und SPD regulieren sich ja gerade warm. Eine Fülle von neuen Gesetzen und Projekten haben sie in den vergangenen Tagen ersonnen, um in den kommenden vier Jahren die Arbeitswelt nach ihren Wünschen zu formen. Doch die Berliner Großregulierer laufen Gefahr, damit über das Ziel hinauszuschießen – und Deutschland in eine Zeit zurückzuwerfen, die längst überstanden schien.

Das größte Risiko ist der einheitliche Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde, das Herzensprojekt Sigmar Gabriels. Zwar sind die Wirkungen einer Lohnuntergrenze umstritten, doch dass eine starre Marke ohne negative Wirkung bleiben wird, davon träumen wohl nur bedingungslose Sozialromantiker. Gerade in Ostdeutschland, wo ein Viertel der Beschäftigten für weniger als 8,50 Euro arbeitet, dürften viele Stellen verloren gehen. Wenn am Ende die Bezahlung moralisch und politisch korrekt ist, die dazu gehörenden Jobs aber gestrichen werden, ist niemandem geholfen.

Weil das den Koalitionären noch nicht Risiko genug ist, wird es demnächst eine Frauenquote für die Unternehmen geben. Ebenso wie den Plan, die Bezahlung von Frauen und Männern anzugleichen – mit einem dicken Paket von Maßnahmen, das nebenbei eine Menge Geld kosten dürfte. Teilzeitbeschäftigte sollen überdies von ihrem Chef jederzeit die Rückkehr auf eine Vollzeitstelle verlangen können. Und wenn es nach der SPD geht, werden zusätzlich noch Werkverträge und befristete Arbeitsverträge stark eingeschränkt, und Zeitarbeiter bekommen den gleichen Lohn wie Stammkräfte.

Wer ein so dichtes Netz aus neuen Gesetzen und Regeln plant, sieht den Arbeitsmarkt offenbar als von Wildwuchs und Raubtierkapitalismus geprägt. Doch auch wenn im Niedriglohnbereich einiges im Argen liegt und viele Stundenlöhne miserabel sind – von Zuständen wie in Manchester ist die Bundesrepublik weit entfernt. Die Beschäftigung erreicht immer neue Rekorde, eine Garantie indes, dass der Arbeitsmarkt allen Widrigkeiten auf ewig trotzen kann, ist das nicht. Zumal die Lohnnebenkosten angesichts der Wünsche nach höheren Renten und besseren Pflegeleistungen nur eine Richtung kennen werden: nach oben.

Für wen macht die neue Koalition diese Politik? Jedenfalls nicht für die 2,8 Millionen Menschen, die noch immer eine Stelle suchen. Es sind oft Langzeitarbeitslose, Schulabbrecher, Berufswechsler. Ihre Chancen werden kaum besser, trotz anziehender Konjunktur. Diesen Menschen müsste das Augenmerk der Politik gelten, sie haben es schwer gegen Berufsrückkehrer und Zuwanderer.

Union und SPD haben andere Interessen. Doch damit setzen sie die Flexibilität des Arbeitsmarkts, den größten wirtschaftspolitischen Erfolg der letzten Dekade, aufs Spiel. Ein verkrusteter Jobmarkt ohne Chancen vor allem für weniger Gebildete – so sah Deutschland vor der Agenda 2010 aus. Schwarz-Rot muss aufpassen, dass ihre großkoalitionäre Politik nicht wieder in diese Richtung geht.

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