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Meinung: Bewegung in Nahost

Auf Druck der USA verhandeln Israelis und Palästinenser ernsthaft miteinander

Selbst im ermüdenden Hickhack des Nahostkonflikts gibt es Überraschungen. Zum Beispiel diese: Mahmud Abbas nimmt Israel gegen Boykotte in Schutz – gegen die eigenen Leute. Vor einigen Tagen soll der Palästinenserpräsident gesagt haben, er halte wenig von generellen Boykottaufrufen gegen den jüdischen Staat.

Das allein lässt aufhorchen. Doch wie Abbas seine Absage an Boykotte begründet, klingt nach einer kleinen diplomatischen Sensation: „Wir haben Beziehungen zu Israel. Wir erkennen uns gegenseitig an.“ Da spricht ein Realpolitiker, der derzeit wenig Lust verspürt, sein Gegenüber schlecht aussehen zu lassen oder gar schlechtzumachen. Eine pragmatische Haltung. Und eine zielorientierte. Bei den seit Monaten andauernden Verhandlungen über eine Lösung des Nahostkonflikts steht zu viel auf dem Spiel. Schließlich könnte am Ende der Gespräche so etwas wie ein Staat Palästina stehen.

So weit ist es noch lange nicht. Das Ganze kann trotz des Engagements der Amerikaner von einer auf die andere Sekunde sang- und klanglos scheitern. Immerhin sind Missgunst und -trauen auf beiden Seiten groß. Einerseits. Andererseits ist keineswegs ausgeschlossen, dass sich die Kontrahenten entgegen allen Erwartungen am Ende irgendwie zusammenraufen. Nicht unbedingt aus innerer Überzeugung, sondern vielmehr, weil sie von allen Seiten dazu genötigt werden. Vor allem durch die USA.

Wie selten zuvor legt sich Washington ins Zeug. Seit Monaten reist der amerikanische Außenminister John Kerry quasi wöchentlich in die Region, um Palästinenser wie Israelis von der Sinnhaftigkeit einer Vereinbarung zu überzeugen. Ein hartes Stück Arbeit. Bis vor kurzem war zurückhaltend davon die Rede, die USA würden „Vorschläge und Ideen zur Überbrückung der Gegensätze“ unterbreiten. Nun heißt es, man werde eine „Rahmenvereinbarung“ vorlegen. Im Klartext: Die Supermacht droht mit einem Friedensplan, der beiden Seiten unbequeme Entscheidungen abverlangen würde. So müssten die Palästinenser wohl auf ein Rückkehrrecht der Flüchtlinge verzichten, die Israelis im Gegenzug Dutzende jüdische Siedlungen im Westjordanland aufgeben. Die Kontrahenten könnten derartige Vorgaben als unzumutbar zurückweisen. Doch dies hätte mit Sicherheit zur Folge, dass Amerika künftig jegliche Art der Unterstützung verweigert. Das können sich weder Jerusalem noch Ramallah leisten – finanziell und politisch.

Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sich jenseits rhetorischer Störmanöver im Verhandlungsalltag einiges gegenüber früheren Runden geändert hat. Da ist die ungewöhnliche Verschwiegenheit. Und gleichzeitig – ähnlich ungewöhnlich – eine sachlich-nüchterne Gesprächsatmosphäre.

Es gibt also so etwas wie Ernsthaftigkeit. Das verspricht noch keine Ergebnisse, ist aber wenigstens ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das Wort „Frieden“ mag keiner der Beteiligten in den Mund nehmen. Zu steinig ist der Weg dorthin. Dennoch will Kerry nichts ausschließen, auch nichts Überraschendes. Vor kurzem zitierte er den Friedensstifter Nelson Mandela: „Es sieht immer unmöglich aus, bis man es geschafft hat.“ Wohl wahr.

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