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Banken: Das Vertrauen ist weg Last ohne Ausgleich

Kommt die Rentnerdemokratie?

Neun Monate Knast und 118 Millionen Dollar Strafe hat ein früherer Mitarbeiter von Goldman Sachs wegen betrügerischer Spekulationen aufgebrummt bekommen. Gewiss ein besonderer Fall. Auch die Manipulationen mit Liborzinssätzen, mit Wechselkursen, Gold- und Silberpreisen – alles nur Taten von einigen Händlern mit krimineller Energie. Und dass die Bankenindustrie vor fünf Jahren die Welt in Bedrängnis brachte – ist halt dumm gelaufen damals wegen Blasenbildung auf dem US-Immobilienmarkt und der Pleite von Lehman. EZB-Direktor Jörg Asmussen hat jetzt Zweifel geäußert, ob es sich wirklich um Einzelfälle handelt. Tatsächlich gedeihen „Geld, Geiz und Gier“ (Hilmar Kopper) in einem bestimmten System. Die Finanzindustrie hat sich derartig verselbstständigt, dass alles möglich scheint. Mehr als 100 000 Anlageprodukte haben die findigen Banker in den vergangenen Jahren entwickelt, der gemeine Anleger versteht bestenfalls einen Bruchteil davon, und wenn Referenzzinssätze (Libor) manipuliert wurden, bekommt er davon ebenso wenig mit wie von einem Schaden zu seinen Lasten. Die Basis aller Geldgeschäfte ist Vertrauen. Das ist weg. Und es kommt ohne politische Regulierung der Banken auch nicht zurück. alf

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Vor fünf Jahren sprach der frühere Bundespräsident Roman Herzog von der „Rentnerdemokratie“. Er meinte damit ein politisches System, das zuallererst auf die Interessen von Senioren Rücksicht nimmt und nicht mehr genügend auf jene hört, die den Staat über ihre Arbeitseinkommen finanzieren. Der Anlass für Herzogs Äußerung war rückblickend betrachtet ein ziemlich banaler: Es ging um eine außerplanmäßige Rentenerhöhung von 0,6 Prozent. Der damals 27 Jahre alte CDU-Abgeordnete Jens Spahn hatte sie kritisiert – woraufhin ihm ein Vertreter der Senioren-Union mit Problemen bei der Listenaufstellung drohte.

Verglichen mit 2008 allerdings stellen die aktuellen Rentenpläne von Union und SPD die eigentliche Zeitenwende dar. Allein schon der Ablauf der Debatte scheint Herzogs These zu bestätigen: Fast zwei Wochen brauchten die Vertreter der jungen Generation, um ihren Unmut zu artikulieren. Und auch der fällt zaghaft aus. Die 54 CDU-Nachwuchspolitiker, die sich jetzt äußern, verstecken ihre „Sorge“ über die Rente mit 63 hinter einer langen Lobhudelei auf Angela Merkel. Und die Jusos lehnen den Koalitionsvertrag nur deshalb ab, weil er für sie generell zu wenig soziale Gerechtigkeit bietet, nicht aber, weil es ihm an Generationengerechtigkeit mangelt.

Dies zeigt: Nicht nur für die beiden Volksparteien ist es schwer geworden, die Bedürfnisse verschiedener Generationen in Übereinstimmung zu bringen. Sie würden damit möglicherweise ihre treuesten Wähler verprellen. Auch die Jüngeren in Deutschland tun sich schwer damit, ihre Interessen gegen die der Eltern- und Großeltern-Generation durchzusetzen. Denn auch wer jung ist, missgönnt niemandem die Rente mit 63 – selbst dann nicht, wenn sie einem selbst nie vergönnt sein wird.

Fataler jedoch ist etwas anderes: Die Jungen wissen nicht, was auf sie zukommt. Das nämlich kann die Kehrseite der Herzog’schen Rentnerdemokratie sein – zwar werden die Mehrheiten der Zukunft tatsächlich kaum ohne Senioren zu gewinnen sein, noch stärker aber werden künftige Rentner-Generationen auf die Gunst der Politik angewiesen sein.

Wie manipulativ die deutsche Rentenpolitik jetzt schon ist, machte kürzlich eher unfreiwillig SPD-Chef Sigmar Gabriel klar. Er sagte voraus, dass die Ausweitung der Mütterrente auf längere Sicht aus Steuermitteln finanziert werden müsse, denn: „auf Dauer kann man das so nicht durchhalten“. So richtig seine Äußerung inhaltlich war, so sehr zeigt sie, dass die Rentenhöhe von der Kassenlage bestimmt wird. Die Rentenkassen sind auf eine gewisse Flexibilität angewiesen – dass die Altersvorsorge der Bürger aber so umstandslos der Politik ausgeliefert ist, schadet am Ende Jungen wie Alten.

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