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Klavierstudent David (Louis Hofmann) zerbricht in dem Film „Prélude“ an dem enormen Leistungsdruck der Musikszene.

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Sabrina Sarabis Film "Prélude" im Thalia: Fiebriger Klavieralbtraum

Regisseurin Sabrina Sarabi und Schauspieler Louis Hofmann stellten ihren Film „Prélude“ im Thalia-Kino vor. Darin kämpft ein junger Musikstudent mit innerem und äußerem Druck.

Von Sarah Kugler

Potsdam - Die Studentenwohnheime am Rande des Babelsberger Parks sind sofort zu erkennen: Die tristen Außenwandelgänge in Beige, nur hier und da ist eine Blumendekoration zu sehen. In „Prélude“ unterstreicht das kastenförmige Gebäude den unterkühlten Stil des Films, die Einsamkeit des Protagonisten, der sich überehrgeizig durch sein Klavierstudium quält. David heißt dieser junge Mann, gespielt von Louis Hofmann, der „Prélude“ am Mittwochabend gemeinsam mit Regisseurin Sabrina Sarabi im Thalia-Kino vorstellte.

Extra Klavier gelernt hat Hofmann für den Film. Bereits zwei Jahre vor Drehbeginn nahm er an Workshops teil, drei Wochen lang hatte er täglich mehrere Stunden intensiven Unterricht. So war es möglich, auch in den Nahaufnahmen seine Hände beim Klavierspiel zu zeigen. Nicht selten werden dafür in Filmen Double verwendet. „Wir wollten uns bildlich nicht einschränken“, sagte Hofmann am Mittwoch. Außerdem wollte er realen Klavierschülern gerecht werden, die täglich viele, viele Stunden an ihrem Instrument verbringen.

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Genau davon erzählt auch „Prélude“. Protagonist David trainiert wie ein Wahnsinniger, um die immer wieder wechselnden Anforderungen seiner Dozentin, Professor Matussek (Ursina Lardi) zu erfüllen. Und das wahnsinnig ist hier wörtlich zu nehmen. Nicht nur, dass er sich die Hände wund und krampfig spielt, er geht sogar so weit, sich eine Klaviertastatur in den Schreibtisch zu ritzen. So geht das Martyrium auch ohne Instrument weiter. Dem ständigen Druck ist David allerdings nicht gewachsen, die dadurch aufsteigende Aggressivität richtet er gegen sich selbst. Seine Hand klemmt er mit Absicht im Schrank ein, das Gesicht schmettert er gegen einen Spiegel. Wo einmal Leidenschaft für Musik war, ist zunehmend nur noch Schrecken.

Genau diesen Schrecken, diesen immensen Druck wollte Sabrina Sarabi zeigen – um das musikalische Genre ging es ihr dabei gar nicht vorrangig. „Ich hätte auch ein komplett anderes Setting wählen können, das Thema wäre das gleiche geblieben“, sagte Sarabi, die auch das Drehbuch zum Film schrieb. Die Musik wurde vielmehr aus ästhetischen Gründen gewählt. Weil es damit gelingt, den Druck akustisch und visuell sichtbar zu machen.

Besonders eindringlich: Eine Fingerübung Davids, bei der er einen bestimmten Triller immer wieder spielen muss, bis die Dozentin zufrieden ist. Die Tonfolge ertönt in intensiver Wiederholung noch lange, nachdem der Unterricht vorbei ist. Sie begleitet David in sein Studentenwohnheimzimmer, in sein Bett, zermürbt ihn. Dieses Zermürbende, die immer tiefer gehende Desillusionierung zeichnet sich deutlich in Louis Hofmanns Spiel ab. Mit nur ganz wenigen Gesten und Gesichtsregungen transportiert er große Emotionen. Ein glücklich-erleichtertes Lächeln bei einem Lob seiner Dozentin, ein Insich-Zusammenfallen bei Kritik.

„Ich habe eine Faszination für das Traurige und Figuren die gebrochen werden“, sagte Hofmann, der auch in der düsteren Netflix-Serie „Dark“ eine Hauptrolle spielt. Die Figur von David beschreibt er als traurig und schön zugleich, die Entwicklung seiner Rolle sei ganz organisch passiert. Vor allem aber hat ihn die Systemkritik im Film für die Rolle überzeugt. „Druck muss ja nicht immer schlecht sein, aber gerade in Bezug auf unser Beispiel sollte man darüber nachdenken, ob es wirklich der richtige Weg ist.“

Marie (Liv Lisa Fries) und Walter (Johannes Nussbaum) studieren an der gleichen Hochschule wie David.
Marie (Liv Lisa Fries) und Walter (Johannes Nussbaum) studieren an der gleichen Hochschule wie David.

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Das Zerstörerische des immensen Leistungsdrucks stellt der Film auch deswegen so gut dar, weil Regisseurin Sabrina Sarabi den ganzen Fokus auf Protagonist David legt. Die anderen Figuren dienen nur dazu, dieses Bild zu verstärken. Sie erhöhen den Druck, wie die Dozentin und Konkurrent Walter (wunderbar: Johannes Nussbaum), oder fangen David auf, wie die Mutter oder Freundin Marie (Liv Lisa Fries). Das ist an sich ein gelungenes Stilmittel, stößt aber im Fall der Figur Marie bitter auf: Die junge Gesangsstudentin verkommt zum Traumfrauen-Lustobjekt, was den Film altmodisch anmuten lässt.

Davon abgesehen überzeugt „Prélude“ mit seiner dichten, kühlen und doch so fiebrigen, aggressiven Atmosphäre, die sich eben auch in den tristen Babelsberger Kulissen widerspiegelt. 

>>Täglich im Thalia-Kino, Rudolf-Breitscheid-Straße 50

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