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Das Konzert des Filmorchesters Babelsberg auf dem Winzerberg. 

© Manfred Thomas

Potsdamer Winzerberg eröffnet: Der Berggeist

13 Jahre hat die Restaurierung des Potsdamer Winzerbergs am Park Sanssouci gedauert. Rund 1500 Besucher feierten am Samstag nun die Vollendung – bei einem sensationell stimmungsvollen Fest mit dem Filmorchester Babelsberg und einem Konzert der Band Keimzeit

Marcel, ein 35-jähriger Besucher der Eröffnungsfete am Winzerberg, brachte es am Samstag zu vorgerückter Stunde auf den Punkt. „Noch perfekter und dann wäre es nicht mehr real“, meinte der Potsdamer über die just zu Ende gehende Veranstaltung. Seine Begeisterung kannte keine Grenzen: „Ein sensationeller Abend“ sei dies gerade, „kaum beschreibbar“. Vor wenigen Minuten war hier ein Konzert zu Ende gegangen, das mit einer dicken Überraschung begann und – wie immer, wenn so etwas wirklich gefällt – mit „Zugabe“-Rufen endete. Der Winzerberg, diese märchenhafte Kulisse, war in stimmungsvolles Licht getaucht, die Ränder der Terrassenanlage und das Winzerhaus erstrahlten in zartem Lila, die vordere Terrassenmauer leuchtete in warmem Rot.

Es war ein Abend der Überraschungen

Die offizielle Eröffnung des Winzerbergs, die hier gefeiert wurde, geriet gleich in zweifacher Hinsicht zu einem Abend der Überraschungen. So waren die Organisatoren vom großen Zuspruch überrascht. Es kamen doch viel mehr Besucher als gedacht. „Niemals, nie“ habe man mit einer so großen Zahl von Menschen gerechnet, sagte Roland Schulze, Vorsitzender des Winzerberg-Vereins. Wie viele es wirklich waren, hat niemand gezählt, Schätzungen gehen von 1500 Besuchern aus. Schulze selbst hatte mit vielleicht 600 Besuchern gerechnet, wie er später bekannte. Zwischenzeitlich war ob des großen Ansturms sogar der Wein an den Wagen auf dem Festgelände ausverkauft. Doch die Veranstalter schafften schnell Nachschub heran.

Aber auch der Winzerberg-Verein hielt für das Publikum eine echte Überraschung parat. Für den Abend angekündigt waren das Deutsche Filmorchester Babelsberg und „Special Guests“. Als die Orchestermusiker schon Platz genommen hatten, ließ Moderator Jacob Weigert die Katze aus dem Sack – und kündigte die allseits bekannte Gruppe Keimzeit an. Und dann kamen sie auch schon unter dem Applaus der Zuschauer: Sänger Norbert Leisegang und seine Musiker. Das Orchester unter dem Dirigat von Bernd Wefelmeyer legte gemeinsam mit den Musikern von Keimzeit einen satten Sound unter Leisegangs Texte. Ob bei „Maggie“, oder „Zweiundzwanzig“ – da konnte man als Fan innerlich mitfeiern. Irgendwann, na klar, forderte eine Frau aus dem Publikum „Kling Klang“, gleich darauf noch ein zweites Mal dasselbe. „Nee, das ist nicht ,Kling Klang’“ antwortete Leisegang von der Bühne her. Doch etwas später, als letzter Titel vor den Zugaben, spielten sie ihren größten Hit. Die Zuhörer, von denen viele während des Konzerts sitzen geblieben waren, hielt es nun nicht mehr auf den Bänken und Stühlen.

Der Winzerberg wurde erst unter Friedrich II. zum Weinberg

Auch „Hofnarr“, ein weiterer Titel von Keimzeit, kam zu Gehör. Vielleicht hätte dieses Lied ja sogar den legendären Gundling erfreut, jenen Narren am Hofe Friedrich Wilhelms I., den der Monarch bekanntlich liebend gern verspottete und ihm so das Leben sehr schwer machte. Der Winzerberg allerdings wurde erst unter Friedrich Wilhelms Nachfolger Friedrich II. zu dem, was er heute – wieder – ist: ein Weinberg. In der Zeit davor muss dieser Ort eher unschön ausgesehen haben. Architekt Heinrich Ludwig Manger schrieb im 18. Jahrhundert, es habe hier „an einer ziemlichen Anhöhe eine große Grube“ gegeben, „wo ehemals Lehm war gegraben worden, die ein sehr schlechtes Ansehen hatte“.

Ein ähnlich schlechtes „Ansehen“, wir würden heute von „Aussehen“ sprechen, hatte der Winzerberg auch vor anderthalb Dekaden. Die Terrassenmauern waren verfallen, alles von Pflanzen überwuchert. Doch dann fanden sich vor 14 Jahren Enthusiasten um den Potsdamer Baudenkmalpfleger Roland Schulze zusammen und hauchten dem Berg in Abertausenden Stunden ehrenamtlicher Arbeit neues Leben und einen neuen Geist ein. Unzählige ehrenamtliche Helfer – es sollen über die Jahre hinweg mehr 2000 Menschen gewesen sein – machten aus eben jener Wildnis diesen wunderbaren Ort, den viele Potsdamer – nicht zuletzt bei den abendlichen Picknicks, den sogenannten Bacchusabenden – mittlerweile schon sehr zu schätzen gelernt haben. „Ein richtiger Hingucker ist das geworden“, sagte Hartmut Dorgerloh, Intendant des Berliner Humboldt-Forums und vormaliger Chef der Schlösserstiftung, über die Terrassenanlage. Die Stiftung ist Eigentümerin des Winzerbergs. In seiner kurzen Ansprache wartete Dorgerloh am Samstagabend mit einer frischen Idee auf: Das Triumphtor am Fuße des Bergs, von Friedrich Wilhelm IV. als Denkmal für die Niederschlagung der Badischen Revolution 1848/49 konzipiert, könne künftig als „das Triumphtor der Bürgerinnen und Bürger“ angesehen werden, die den Berg wiederbelebt haben. Die metallene Pforte im Triumphtor, von Lehrlingen der Oberlinwerkstätten nach historischem Vorbild neu gefertigt, wurde am Samstag feierlich eingeweiht.

Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte auf der Veranstaltung an die Adresse des Vereins gerichtet: „Jetzt wird es darauf ankommen, ein Verein zu sein, der das Ganze betreibt.“ Ideen für Veranstaltungen habe man schon, sagte Roland Schulze. Doch ein kommerzialisierter Ort soll der Berg nicht werden. Das Gärtnern an den Weinbergterrassen steht nun im Vordergrund. Die Vereinsgruppe „Grün“ trifft sich von Mai bis September montags um 17 Uhr. Jeder ist willkommen.

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