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Zur "Stadtteiloper" gibt es jetzt auch einen Film.

© Ottmar Winter

Kammerakademie Potsdam: Oper im Plattenbau: Neuer Film über die "Stadtteiloper"

Die Kammerakademie Potsdam und die Grundschule am Priesterweg arbeiten seit zehn Jahren gemeinsam an der "Stadtteiloper".  Jetzt gibt es einen Film über das Projekt

Von Birte Förster

Es herrscht vollkommene Stille, als die Schüler zum ersten Mal ihr eigenes musikalisches Werk ausprobieren: Langsam ziehen einige von ihnen einen gestanzten Lochstreifen durch eine Spieluhr und drehen vorsichtig an der Kurbel. Eine kleine, zarte Melodie erklingt: Es ist eine Übersetzung verschiedener Sternzeichen in Musik. Die entsprechenden Sternbilder haben die Kinder zuvor in kleine Pappstücke gestanzt, um die besonderen Klänge zu erzeugen. Ob höhere oder tiefere Töne zu hören sein sollen, obliegt den Schülern. „Das könnt ihr jetzt alles steuern“, sagt Bettina Lange, Flötistin der Kammerakademie Potsdam (KAP), in einem Klassenraum. Entwickelt haben die Kinder der Drewitzer Grundschule am Priesterweg ihre Idee im Rahmen des Projekts "Stadtteil macht Oper".

In Zusammenarbeit mit zehn Musikern der Kammerakademie Potsdam und dem Oskar-Begegnungszentrum haben insgesamt etwa 380 Schüler der Grundschule das Projekt unter dem Titel „Musikalische Reise durch das Weltall“, inspiriert durch das Werk „Die Planeten" von Gustav Holst, erarbeitet. Im März dieses Jahres fand die Aufführung statt. Die Besonderheit: Da KAP und Grundschule seit mittlerweile zehn Jahren jährlich dieses musikalische Riesenprojekt auf die Beine stellen, begleitete ein Kamerateam dieses Mal die sechsmonatigen Proben sowie die Aufführung. Am Montagabend fand in der Grundschule am Priesterweg die Premiere des Films statt, der daraus entstanden ist.

Das Projekt strahle ins ganze Stadtviertel aus

Zu sehen sind Schüler, die begeistert bei der Sache sind, wenn sie verschiedene Instrumente wie Trommeln, Flöte oder Rasseln ausprobieren, die viele Ideen einbringen und andächtig lauschen, wenn professionelle Musiker ihnen ein Stück vorspielen. Genau das ist der Grund, weshalb sich Schulleiterin Elvira Eichelbaum für das Projekt einsetzt und dafür sorgt, dass es jedes Jahr weitergeht. Ihr sei es wichtig gewesen, ein Projekt zu beginnen, das über den regulären Unterricht hinausgehe. Die zentrale Frage lautete: „Wie fangen wir das ganze soziale Gefüge ein?“, sagt sie vor der Kamera. So entstand die Zusammenarbeit mit der KAP. Das Projekt strahle auf das ganze Viertel aus, da viele Familien und andere Zuschauer zu den Aufführungen kämen, sagt KAP-Geschäftsführer Alexander Hollensteiner in einer anschließenden Gesprächsrunde am Montagabend. Sie habe beobachtet, wie schnell die Kinder so zu begeistern sind, sagt Eichelbaum. „Die werden mitgenommen", erlebt die Schulleiterin jedes Jahr, und entdeckten über die Arbeit in dem Projekt außerdem eine ganz neue Seite in sich.

Davon kann auch Schülerin Josephine erzählen, die am Montag als eine von wenigen Schülern bei der Premiere anwesend war. Die Zwölfjährige hat die Grundschule im Sommer verlassen und geht nun in die siebte Klasse der Leonardo-da-Vinci-Gesamtschule in Potsdam. „Alles war ziemlich toll und ziemlich spannend“, fasst sie das Opernprojekt zusammen. Gefallen habe ihr auch, dass man gemeinsam mit der Klasse viele lustige Momente erlebe. Drei Mal hat sie mit ihrer damaligen Klasse insgesamt daran teilgenommen. Mit ihren Mitschülern arbeitete sie an jenem Projekt, bei dem sie mit Spieluhren ihre Sternbild-Kompositionen abspulten. Auch einen Tanz führten sie auf. Dass sie ihr Wirken nun auf der Leinwand gesehen habe, sei für sie erstmal ungewohnt gewesen, erzählt die Schülerin.

Im März 2020 soll die nächste Stadtteiloper Premiere feiern

Auch ihre ehemalige Klassenlehrerin Julia Zink-Sternkopf ist bei der Premiere anwesend. Die Kamera habe man irgendwann gar nicht mehr wahrgenommen, erzählt die Lehrerin vom Dreh während der Proben. Und über den Film bekomme man auch mehr mit, wie die anderen Klassen gearbeitet haben. „Der Film hat die Möglichkeit, das auch für die anderen sichtbar zu machen“, sagt die Musiklehrerin, die für das Projekt in ihrer Klasse mit KAP-Flötistin Bettina Lange zusammengearbeitet hat. Für jede Klasse waren jeweils ein professioneller KAP-Musiker und ein Klassenlehrer zuständig. Beteiligt seien Klassen vom ersten bis zum sechsten Jahrgang gewesen, die Teilnahme an dem Projekt sei aber freiwillig, sagt Zink-Sternkopf. In Absprache mit den Musikern habe jede Klasse die Probentermine selbst organisiert, mal enger getaktet, mal mit größeren Abständen. Ende dieses Monats sollen die ersten Besprechungen für das nächste Opernprojekt, für das die Aufführung im März 2020 geplant ist, stattfinden. Das Thema stehe bislang noch nicht fest, sagt Zink-Sternkopf. 

Im Film erhält der Zuschauer am Ende Einblick in eine aufwendig gestaltete Oper mit vielen unterschiedlichen Szenen. Kinder in schwarzen Umhängen und Kronen, mit Alu-Hüten oder als Roboter und Sterne verkleidet tanzen über die Bühne. Oder sie singen im Chor: „Unser Weltall ist so riesig, doch wir haben keine Angst.“ Begleitet werden sie dabei vom Orchester der KAP. Dass die Inszenierung für alle ein besonderes Erlebnis war, ist im Film deutlich spürbar. Bei einigen Kindern scheint das Opernprojekt einen dauerhaften Eindruck zu hinterlassen. So auch bei Josephine. Seitdem sei sie sehr an Musik interessiert, erzählt die Schülerin. Und berichtet stolz: „Ich habe jetzt ein eigenes Klavier.“ Darüber freut sich auch ihre ehemalige Lehrerin.

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