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20er Jahre-Party: Im Landhaus Adlon wird gefeiert

Mit einer 20er-Jahre-Party stellte sich das Landhaus Adlon als neuer Veranstaltungsort vor. Am Dienstag feierte dort Radio Potsdam mit der Kammerakademie.

Potsdam - Herren in Smoking und Lackschuhen, Damen in perlenbestickten Kleidchen, Stimmung am Roulette-Tisch und Absinth an der Bar: So könnte es in den 1920 Jahren auch im Landhaus Adlon am Lehnitzsee zugegangen sein. Ein solches Bild bot sich auch den Gästen einer Motto-Party am Dienstagabend. Radio Potsdam hatte Kunden und Partner in die 1925 erbaute Villa in Neu Fahrland eingeladen, dazu Musiker der Kammerakademie.

Der Abend mit Wandelkonzert war als Dankeschön für Geschäftspartner gedacht – und zugleich als Generalprobe für die Inhaber des Hauses. Wilhelm Wilderink, Jurist, und Mathilda Huss, Wissenschaftlerin, planen, in ihrem Gästehaus künftig vermehrt öffentliche kulturelle Veranstaltungen, Konzerte, Lesungen oder Empfänge stattfinden zu lassen. „Der Norden Potsdams entwickelt sich, das Publikum ist praktisch schon da, wir müssen nur bekannter werden“, sagte Geschäftsführer Thomas Gottschalk.

Das Haus hat Geschichte: Erbauer war Louis Adlon, Hotelier, der sich hier am Wasser etwas Ruhiges gesucht hatte, dann aber soll – so Überlieferungen – hier nicht selten die Post abgegangen sein. Man empfing gerne Gäste, viele blieben länger, man richtete ihnen Zimmer ein. Nach einer durchfeierten Nacht sollen am Morgen manche auch nackt in den See gehüpft sein.

Eine komplizierte Aufgabe

Weniger schillernd die Nachkriegsgeschichte: Nach der Enteignung Nutzung als Kinderklinik und Schule für Zivilverteidigung, nach der Wende als Sitz der Landesakademie für öffentliche Verwaltung. 2011 kaufte Wilderink die Immobilie von den Adlon-Erben und begann, zusammen mit seiner Frau, mit der denkmalgerechten Sanierung der abgewirtschafteten Villa, die wieder ein Gästehaus werden sollte. Eine umfängliche und komplizierte Aufgabe. „Es war schwieriger als gedacht“, sagte Wilderink am Mittwoch den PNN. Denkmalgerechte, möglichst originale Wände und Böden, stilechte Beschläge und Lichtschalter einerseits, andererseits moderner Komfort für die Gäste.

Die Innenausstattung ist weitgehend fertig, das Ergebnis war am Dienstag zu besichtigen. Die Räume und Suiten, zum Teil opulent ausgestattet, können für Feriengäste angemietet werden, für Familienfeiern, für kleinere Tagungen oder Seminare. Neben den Zimmern gehört eine gemütliche Gemeinschaftswohnküche zum Haus. Den kleinen Praxistest habe das Haus bereits bestanden. „Hier wurden schon einige Hochzeiten gefeiert“, sagt Wilderink. Jetzt finden im Haus noch Restarbeiten statt, das parkähnliche Außengelände soll 2020 fertig sein.

Überraschende Zuarbeit kam von einer ganz anderen Seite: Die Produzenten der TV-Serie „Babylon Berlin“ entdeckten das Haus als Drehort. In den vergangenen Monaten entstanden hier viele Szenen der dritten Staffel. Dazu wurden stilechte Art-Deco-Tapeten in den Salons angebracht. Diese haben Wilderink und Gottschalk gleich dran gelassen, und so musizierte und tanzte man Dienstagabend in den originalen Kulissen der kultigen Fernsehserie.

Leidenschaft ist gefragt

Zu den etwa 150 Gästen gehörten Unternehmer wie der langjährige Rewe-Marktchef Siegfried Grube, und Optiker Stefan Scharnbeck, Thomas und Renata Streit-Rodriguez vom Weber-Grillstore. Ebenso Förderer der Kammerakademie Potsdam und kulturaffine Potsdamer wie Axel Fischer, der mit dem restaurierten Palais Lichtenau einen kleinen, feinen Kulturort schuf, sowie Marianne und Stefan Ludes, die regelmäßig in ihre Villa Jacobs zu Weinfest und Literaturfestival einladen. Fischer, der die Adlon-Villa noch unsaniert gesehen hatte, lobte das Ergebnis und sprach aus eigener Erfahrung: „Wer sich auf so ein Projekt einlässt, braucht viel Leidenschaft.“

Leidenschaftlich auch das Party-Programm: Gottschalk hatte Mitglieder der Bohème Sauvage, der selbsternannten Gesellschaft für mondäne Unterhaltung, ins Boot geholt, Damen und Herren in originalgetreuer Kleidung, die in zeitgemäßer Attitüde, also vornehm aufgedreht, durch Haus und Garten flanierten und als Louis Adlon und Gattin Hedwig die Gäste begrüßten, im Übrigen genau am offiziellen Todestag des unter mysteriösen Umständen einen Tag vor Kriegsende verstorbenen Hotelchefs.

Essen wie damals

Das Bläserquintett der Kammerakademie spielte dazu Stücke von Rossini bis Schrammel, die Gäste nippten an Sekt und dem seinerzeit verruchten Absinth, der heute nicht mehr als giftig gilt, und wurden von Potsdams Gastronom René Dost mit Fingerfood versorgt. Der war persönlich vor Ort, um beim Schnippeln zu helfen. „Das brauche ich ab und zu, es beruhigt“, so Dost. Und was gab es in den 1920ern zu essen? „Wienerwürstchen an jeder Ecke“, sagte Auskenner Lars Schwuchow von Bohème Sauvage. „Neumodische Sandwiches und Waldorf-Salat“, sagte Juliane Adams, Geschäftsführerin von Radio Potsdam. Dost servierte schließlich eine feine Auswahl für eilige Gäste, von Spieß und Tellerchen. Gegessen habe man damals gerne. „Die Leute waren vergnügungssüchtig“, so Christine Wankel, ebenfalls Bohème Sauvage. „Bei den lockeren Kleidern war das auch egal, das Korsett war weg und man sah, was man eben sah.“

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