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Eröffnung Jüdisches Filmfestival Berlin-Brandenburg: Ein Zeichen für Offenheit und Zusammenhalt

Das Jüdische Filmfestival Berlin-Brandenburg eröffnete am Sonntagim Potsdamer Hans Otto Theater. Die Veranstaltung verlief ohne Zwischenfälle, dennoch wurden mahnende Worte gesprochen.

Von Sarah Kugler


Potsdam - Peter Simonischek hatte sich verplappert, zumindest halb. Bei der Eröffnung des diesjährigen 25. Jüdischen Filmfestivals Berlin-Brandenburg am Sonntagabend im Hans Otto Theater plauderte der österreichische Schauspieler freimütig über seine Rolle im Eröffnungsfilm „Crescendo“ und spoilerte dabei versehentlich Hintergründe zu der Figur. Simonischek spielt einen Dirigenten, der ein israelisch-palästinensisches Jugendorchester zusammenstellen und leiten soll – zur symbolischen Versöhnung. 
Bereits vor der Filmvorführung hatte man gewusst, dass die Eltern dieses Dirigenten Nazi-Ärzte waren, die in Konzentrationslagern für den Tod von Tausenden verantwortlich waren. Nicht bekannt war allerdings, wie genau Simonischeks Figur mehr über seine Familiengeschichte erfährt. „Das ist ja alles nicht im Film zu sehen“, verteidigt sich Simonischek lachend als er von der entsprechenden Szene mit einer alten Bäuerin schwärmt. „Deswegen darf ich das auch verraten.“

Tatsächlich ist die Sequenz herausgeschnitten worden, wie die zahlreich erschienenen Zuschauer im Potsdamer Theatersaal später feststellen durften. Für Simonischek war das Thema des Films ein wichtiges Anliegen, für Regisseur Dror Zahavi sowieso. „Er zeigt ein wichtiges Bild der Gegenwart“, sagte er am Sonntag. Die Vorführung in Potsdam war für ihn eine Rückkehr in seine Studienstadt: Zahavi studierte Regie an der Filmuniversität Babelsberg. 

Das 25. Jüdisches Filmfestival Berlin & Brandenburg steht unter dem Motto "Celebration".
Das 25. Jüdisches Filmfestival Berlin & Brandenburg steht unter dem Motto "Celebration".

© Manfred Thomas

Hoffnung ist nötig

Trotzdem hatte das Filmteam großen Respekt, „Crescendo“ auf dem JFBB zu zeigen, da im Film sowohl die palästinensische als auch die isrelische Seite ungeschönt dargestellt werden. „Wir hatten doch etwas Angst davor, wie das hier aufgenommen wird“, sagte Produzentin Alice Brauner, Tochter von Artur Brauner nach der Filmvorführung. Umso dankbarer sei sie für den langen Applaus. Die Geschichte ist von Daniel Barenboims West-Eastern Divan Orchestra inspiriert, die Idee, daraus einen Film zu machen stammt von Brauner selbst. Festivalchefin Nicola Galliner, die das JFBB vor 25 Jahren ins Leben gerufen hat, freut sich besonders darüber, „Crescendo“ als Eröffnungsfilm gewonnen zu haben: „Er macht Hoffnung und die brauchen wir ganz dringend“, sagte sie am Sonntag. Besonders in Bezug auf die Ergebnisse der Landtagswahlen und den wieder erstarkenden Antisemitismus im Land.

Umso wichtiger seien Kulturveranstaltungen wie das JFBB, die gegen Intoleranz kämpfen und ein Zeichen für Offenheit und Zusammenhalt sind, betonte Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. „Wir brauchen mehr jüdische Kultur in der Öffentlichkeit, mehr Diskussionen, um ein Zeichen gegen den Hass zu setzen.“ Auch Brandenburgs Bevollmächtigter beim Bund und Medienstaatssekretär Thomas Kralinski machte ganz deutlich: „Wir wollen ein Land sein, in dem jüdische Mitbürger ihrem Leben, ihrer Kultur nachgehen können ohne Angst haben zu müssen.“ Ein Rückfall in längst verloren geglaubte rückständige Ansichten, die auf Hass und Fremdenfeindlichkeit beruhen, darf nicht passieren. „Der Schrecken darf sich nicht wiederholen“, betont er. „Jüdische Kultur gehört zu unserem Land.“ Das JFBB sei genau deswegen so wichtig, weil es jüdische Kultur in all ihren Facetten greifbar mache. 

Mehr jüdische Kultur in Potsdam

Gerade in Potsdam könnte in der Hinsicht noch mehr passieren, jüdisches Leben könnte sich noch mehr in der Stadt abbilden, sagte Potsdams Bildungsdezernentin Noosha Aubel am Sonntag. Umso wichtiger sei die Potsdamer Eröffnung des JFBB. „Ich hoffe auch, dass sich mit dem Bau der Synagoge noch viel mehr bewegt.“
Kirsten Niehuus, Geschäftsführerin des Medienboard Berlin-Brandenburg, welches in diesem Jahr der größte Förderer des JFBB ist, hatte da auch gleich eine praktische Idee: mehr jüdische Restaurants in Brandenburg. „Vielleicht schwappt das Erfolgsrezept des Hummus aus Berlin rüber“, sagte sie und lachte. „Erkenntnisse gehen schließlich auch durch den Magen.“

Dazu beitragen könnte eventuell die diesjährige Festivalpatin Shani Leidermann. Sie ist nicht nur das Gesicht der wunderbar-bunten Plakate, sondern betreibt auch das jüdische Restaurant Beba im Berliner Gropius Bau. Viel Vegetarisches gebe es dort, wie Knut Elstermann am Sonntag während seiner Moderation sagte. „Und das ist so gut, dass es selbst mir schmeckt.“ 

Auch er ist schon 25 Jahre in das JFBB involviert – und ist in diesem Jahr quasi selbst mit einem Film vertreten: der Dokumentarfilm „Gerdas Schweigen“, der am morgigen Mittwoch im Filmmuseum zu sehen ist, erzählt von einer engen Bekannten Elstermanns und ihren erschütternden Erlebnisssen während des Nazi-Regimes. Der Film von der Regisseurin Britta Wauer basiert auf einem Buch, das Elstermann geschrieben hat. 

>> Das JFBB findet noch bis zum 17. September statt. Das Programm finden Sie hier: https://www.jfbb.de/programm

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