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Kommunalwahl 2019: Stimmungsbarometer für Mirbach

Bei der Kommunalwahl in Michendorf dreht sich vieles um das große Reizthema der Gemeinde: den Anschluss an die Gewog.

Von Eva Schmid

Michendorf - Michendorf steckt mitten im Bürgermeisterwahlkampf, die Kommunalwahl am 26. Mai wird zum Stimmungsbarometer für die Politik von Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU).

Was ist passiert? Das Reizwort in der Gemeinde heißt: Gewog. Seitdem Michendorf nach dem Skandal um in Millionenhöhe veruntreute Gelder durch die ehemalige Hausverwaltung SRS auf der Suche nach einer Lösung für seine kommunalen Immobilien ist, geht ein Riss durch Michendorf. Auf der einen Seite sind diejenigen, die ihre Hoffnungen auf den neuen Partner, die Kleinmachnower Wohnungsgesellschaft Gewog, setzen. Ihr wurden die kommunalen Immobilien kurz vor Jahresbeginn übertragen.

Auf der anderen Seite sind die Gegner des Gewog-Deals, die durch zwei Bürgerbegehren versuchten, das Vorhaben zu stoppen. Sie fürchten den Verkauf des Tafelsilbers.

Dabei wird das neu zu wählende Gemeindeparlament sich mit weitaus größeren Projekten beschäftigen: der Entwicklung der Michendorfer Mitte, dem Ausbau der Michendorfer Grundschule, dem weiteren Zuzug. Knapp 400 Wohneinheiten könnten entstehen. Schon jetzt fehlen 120 Krippen- und 60 Hortplätzen.

Hinzukommt, dass Michendorf ab Juni internationaler wird: In das ehemalige Sens-Convent Hotel sollen Flüchtlinge ziehen. Auch hier zeigt sich Michendorf gespalten: Die einen warten seit Langem darauf, die Fremden begrüßen zu dürfen. Die andere Seite betont, dass 240 Flüchtlinge zu viel seien.  Zu den Kritikern gehören die AfD, FDP und CDU. Ein weiteres Thema, das die neuen Gemeindevertreter beschäftigen wird ist der Ausbau der Deponie in der Fresdorfer Heide, den Michendorf verhindern will.

Was sind die Antworten der sechs Parteien, zwei Wählergemeinschaften und drei Einzelkandidaten auf diese Fragen? Die CDU zieht mit Bürgermeister Mirbach als Spitzenkandidat in den Wahlkampf. Das sei bewusst so entschieden worden, erklärt Mirbach. Die Ziele seiner Partei seien eng mit seinen als Bürgermeister verbunden. Und: Schelte für die CDU-Politik bekomme hauptsächlich er. Darum stelle er sich in die erste Reihe. Sollte Mirbach im September abgewählt werden, kann er tatsächlich als CDU-Vertreter in das Gemeindeparlament.

Die CDU setzt an oberster Stelle in ihrem Wahlprogramm ihr Nein zum Ausbau der Deponie in der Fresdorfer Heide. Sie wirbt dafür, dass alle sechs Ortsteile sich „ausgewogen“ entwickeln. Michendorf soll zudem ein Ärztehaus und einen Drogeriemarkt bekommen. Interessant ist auch die Forderung nach einer eigenen Trinkwasserversorgung, einem Bürgerhaushalt sowie der „gezielten Kontrolle der Verwaltung“. Mit Letzterem ist mehr Transparenz bei den Kosten gemeint.

Mit einem neuen Gesicht wirbt die SPD. Martin Kaspar und seine Partei bieten ein volles Programm: vom Ausbau des wohnortnahen Einzelhandels bis hin zu einem neuen Verkehrskonzept. SPD-Forderungen, die hervorstechen sind: die Abschaffung der Kitabeiträge und der Straßenreinigungsgebühren. Die SPD als Gewog-Kritiker wollen darauf achten, dass es bei Bauvorhaben der Gewog tatsächlich sozial verträgliche Mieten geben wird. Auch die Gründung eigener Gemeindewerke, die Strom, Gas und Wasser liefern, ist für die SPD zusammen mit Nachbargemeinden vorstellbar.

Die Grünen hingegen setzen auf den Klimaschutz, der Chefsache werden soll – mit Solarzellen auf allen Dächern von Gemeindebauten und der Pflicht für Häuslebauer, energiesparend zu bauen. Auch sollen die Bahnen nach Potsdam und Berlin „umgehend“ im 20-Minuten-Takt fahren.

Die Linke fordert den Bau von günstigen Mietwohnungen. Zudem sollen die Bürger in Sachen Ortsentwicklung stärker mit eingebunden werden, auch sie wollen einen Bürgerhaushalt. Ihr Spitzenkandidat ist Peter Pilling, ein Urgestein der Michendorfer Kommunalpolitik.

Überhaupt mutet die Kommunalwahl wie ein Dejà-Vu an. An der Spitze der Parteien fast nur bekannte Gesichter – viele von ihnen seit einer Ewigkeit im Gemeindeparlament. Auch die FDP stellt erneut den Michendorfer Ortsvorsteher Hartmut Besch als Spitzenkandidaten auf. Obwohl er mit dem neuen FDP-Vorstand über Kreuz liegt. Die FDP will eine ausgeglichene Entwicklung aller Ortsteile und lehnt das neue Flüchtlingsheim ab. Zudem soll der Gewog-Deal wieder aufgelöst werden.

Ein weiteres Urgestein der Michendorfer Kommunalpolitik ist Gerd Sommerlatte. Seine Listenvereinigung FBL/UWG setzt sich für eine kinder-, jugend- und familienfreundliche Kommunalpolitik ein. So soll das neue Freizeitareal An der Umgehungsbahn zusammen mit Jugendlichen entwickelt werden. Wichtig ist ihnen auch ein „sinnvoller“ Umweltschutz, sowie die Unterstützung der Ortsfeuerwehren und Vereine.

Ebenfalls ein bekanntes Gesicht präsentiert das 2017 gegründete Bündnis für Michendorf (BfM) mit Spitzenkandidatin Claudia Nowka. Dass die ehemalige Kämmerin der Gemeinde nun selbst in die Kommunalpolitik geht, könnte bei vielen Michendorfern für Zustimmung sorgen. Nowka ist bekannt für ihre ruhige, sachliche Art. Sie kennt sich in der Gemeindepolitik gut aus, ist im Ort gut vernetzt. Nur folgerichtig ist, dass ihr Bündnis einen ausgeglichenen Haushalt fordert. Auf dem Programm steht auch ein Zuzugskonzept, das Bündnis will sich auch in die Investitionsplanung der Gewog einbringen und fordert eine Klimawerkstatt.

Das noch junge Bündnis war bisher mit seinen drei Stimmen oft Zünglein an der Waage. Meist eher zugunsten der CDU/FBL/UWG – aber durchaus kritisch. Mit ihren 16 zum Teil sehr bekannten Kandidaten kann es durchaus sein, dass sich die seit Jahren verfestigten Mehrheiten wieder auflockern.

Hintergrund

Die Wahl zur Gemeindevertreterversammlung und zu den Ortsbeiräten

Am 26. Mai sind 10.465 Michendorfer aufgerufen, ein neues Gemeindeparlament zu wählen, das derzeit aus 22 ehrenamtlichen Politikern sowie dem Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) besteht. Die stärkste Kraft ist bisher die CDU, darauf folgt die Wählervereinigung FBL/UWG. Auch die Abweichler anderer Parteien, die sich 2017 zum Bündnis für Michendorf zusammengeschlossen haben, kommen auf vier Sitze. Die SPD bildet derzeit eine Fraktion mit der Linken. Sie, zusammen mit der FDP und den Grünen, sind bisher das Gegengewicht zur CDU, FBL/UWG und oftmals dem Bündnis. Spannend wird, wie viele Michendorfer sich dieses Mal zur Kommunalwahl aufraffen. Bei der Kommunalwahl 2014 betrug die Wahlbeteiligung lediglich 33,5 Prozent. Damit ist die Gemeindevertretung von Michendorf diejenige in Brandenburg, die mit der geringsten Wahlbeteiligung gewählt wurde.

Am 26. Mai wählen die Michendorfer auch neue Ortsbeiräte für alle sechs Ortsteile der Gemeinde. In Wilhelmshorst wird die CDU von Maria Overbeck angeführt. Für die SPD führt die Liste Marianne Baer an, sie stand zunächst auch als Bürgermeisterkandidatin im Gespräch. Die Grünen schicken Christoph Schulte ins Rennen, die AfD den Spitzenkandidat Peer Dorow.

Die FDP macht mit Mario Schüning Wahlkampf. Die längste Kandidatenliste bietet die Initiativgruppe für Wilhelmshorst mit Gerd Sommerlatte an der Spitze. Für den Ortsbeirat in Michendorf geht Andreas Henning für die CDU ins Rennen, die SPD stellt Karsten Tischer auf. Die Linke will mit dem Michendorfer Peter Pilling punkten, die FDP mit ihrem Urgestein Hartmut Besch. Ingo Heymann will um Stimmen für die Grünen in Michendorf werben. Die UWG hat Silvia Zander, die derzeit die Gemeindevertretung leitet, an der Spitze. Die meisten Kandidaten (10) stellt das Bündnis für Michendorf, auch hier Spitzenkandidatin Claudia Nowka auf Listenplatz 1. Als Einzelkandidatin tritt Janet Frisch-Petrasch an. In Wildenbruch will Roland Syring Stimmen für die CDU holen, die SPD ernennt Andrea Heiser-Reichert. Die Linke hat nur eine Kandidatin, Roswitha Huth. Die Grünen schicken Günther Schiemann ins Rennen. Für die FDP tritt Sabine Crippa an. Die FBL werben mit Ronald Krebs. Das Bündnis für Michendorf mit dem Gemeindevertreter Ralf Jechow. Zwei Einzelkandidaten gibt es in Wildenbruch: Rolf Siwula und den Arzt Henry Rübe.

Die Zahl der antretenden Parteien fällt in den kleinen drei Ortsteilen deutlich geringer aus. So hat in Langerwisch die CDU nur zwei Kandidaten, darunter Mario Heere. Die SPD wirbt mit Otto Käthe. Die Linke mit Peter Neuer. Björn Grüneberg tritt für die Grünen an. Anette Riedel für die FDP. Lang ist die Liste der Langerwischer, mit ihrem Kandidat und Ortsvorsteher Wolfgang Kroll.

In Fresdorf tritt für die CDU Manfred Imme an, die Grüne Ulrike Wunderlich und Knut Ewert für die AfD. Die Fresdorfer Interessengemeinschaft mit Bernd Hermann hat die meisten Kandidaten.

Zuletzt nach Stücken: Dort kandidiert für die CDU der Gemeindevertreter Jens Schreinicke, für die SPD Peter Winkelmann. Die Grünen vertritt Stephan Hoffstadt, Udo Plauschinat die FDP. Das Bündnis für Michendorf setzt auf Udo Grötzner. Die Stückener Bürger wollen mit Ortsvorsteher Udo Reich punkten.

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