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Streit um den Zwarten Piet in Potsdam: „Wir wollen so nicht dargestellt werden“

Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) lädt heute Abend in Potsdam zu einer Podiumsdiskussion über den „Zwarten Piet“ ein. Vorstandsmitglied Tahir Della erklärt im PNN-Interview, wieso.

Von Katharina Wiechers

Herr Della, die Stadt Potsdam hat beschlossen, den Auftritt von Sinterklaas und „Zwartem Piet“ in diesem Jahr nicht mehr finanziell zu fördern. Freuen Sie sich darüber?

Ich hätte mir eine noch deutlichere Aussage der Stadt gewünscht, warum sie den Auftritt für rassistisch und problematisch hält. Aber prinzipiell begrüßen wir diese Entscheidung natürlich.

Trotzdem gibt es heute Abend eine Podiumsdiskussion zu dem Thema, die Sie organisiert haben. Warum?

Wir haben schon im vergangenen Jahr beschlossen, im Vorfeld zum diesjährigen Sinterklaas-Fest eine solche Veranstaltung zu machen – damals war ja noch nicht klar, wie die Stadt entscheiden wird. Aber auch wenn der „Zwarte Piet“ in diesem Jahr nicht auftritt, sollte das Thema weiter in der Öffentlichkeit diskutiert werden – gerade in Potsdam. Und wir wollen auch die Betroffenen zu Wort kommen lassen. Das ist bislang in der Debatte zu kurz gekommen.

Die Verteidiger des „Zwarten Piet“ in Potsdam, aber vor allem auch in den Niederlanden, berufen sich oft auf die lange Tradition, die hinter dieser Darstellung steckt, und weisen den Rassismusvorwurf zurück ...

Rassismus ist auch dann Rassismus, wenn der Handelnde selbst nicht rassistisch denkt oder sein Handeln nicht als rassistisch bewertet. Es kommt doch darauf an, wie es bei den Betroffenen ankommt, also bei uns Schwarzen. Dass manche Menschen das nur lustig finden, ist für uns ja wenig hilfreich.

Die Kritik ist bekannt, trotzdem noch einmal die Frage: Was genau stört Sie am „Zwarten Piet“?

Er tradiert ein rassistisches Klischee, eine Fantasie über Schwarze, die stark kolonialgeschichtlich geprägt ist. Er ist ja nicht nur schwarz, er hat auch eine entsprechende Perücke auf, große Ohrringe, dicke Lippen und ein clownhaftes Verhalten. Wir haben einfach keine Lust mehr, uns so darstellen zu lassen. Das ist alles andere als harmlos.

In den Niederlanden wird seit Jahren über den „Zwarten Piet“ diskutiert. In einigen Städten ist er in diesem Jahr gar nicht aufgetreten, in anderen waren die Darsteller lediglich mit Ruß geschwärzt oder waren rot oder grün statt schwarz bemalt. Ist das aus Ihrer Sicht eine Alternative?

Aus meiner Sicht wird die Figur dadurch nur abgeschwächt. Richtig wäre hingegen, zu sagen: OK, wir haben Fehler gemacht, wir haben Menschen verletzt und diskriminiert. Deshalb verabschieden wir uns jetzt bewusst von diesen klischeehaften und rassistischen Bildern und machen stattdessen etwas, was alle lustig finden.

Im Sommer gab es eine Empfehlung der Vereinten Nationen, den „Zwarten Piet“ abzuschaffen. Werten Sie das als Erfolg?

Auf jeden Fall ist es gut, dass das Thema auf der Ebene verhandelt wurde. Es geht eben nicht nur um ein paar übersensible Schwarze und linke Spinner. Leider ist eine solche Empfehlung unverbindlich, es gibt keine Sanktionsmöglichkeiten.

Der Verein zur Pflege niederländischer Kultur, der das Sinterklaas-Fest seit Jahren veranstaltet, versteht die Kritik am „Zwarten Piet“ nicht. Eines der Mitglieder hat zudem Unverständnis geäußert, dass keiner der Befürworter zu der Podiumsdiskussion eingeladen ist. Warum haben Sie nur Kritiker eingeladen? 

Wir haben bei den Veranstaltern des Festes bislang keinerlei Gesprächsbereitschaft erkannt. Die können ja gerne eine eigene Veranstaltung organisieren.

Die Fragen stellte Katharina Wiechers.

ZUR PERSON: Tahir Della, Jahrgang 1962, ist in München geboren und aufgewachsen. Seit 1986/87 ist er bei der ISD aktiv und heute Mitglied im Vorstand. Er ist Vater von vier Kindern.

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