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Protest gegen Kreisreform in Brandenburg: "Wir wollen den Volksentscheid"

Seit einem Jahr tobt in Brandenburg die Debatte über den von der Landesregierung geplanten neuen Zuschnitt der Landkreise. Nun will eine Volksinitiative die Bürger über die Reform entscheiden lassen.

Potsdam - Mit Unterstützung von CDU, BVB/Freie Wähler und FDP soll am 1. November eine Volksinitiative gegen die geplante Kreisgebietsreform starten. "Wir werden das auf jeden Fall bis zum Volksentscheid treiben", sagte der Vorsitzende des dazu neu gegründeten Vereins "Bürgernahes Brandenburg", Hans Lange, am Donnerstag in Potsdam. Die Initiative unter dem ehemaligen CDU-Landrat der Prignitz fordert, dass alle 14 Landkreise und 4 kreisfreien Städte erhalten bleiben. Dagegen will die rot-rote Landesregierung die Verwaltung auf 9 Landkreise und Potsdam als einzige kreisfreie Stadt verschlanken.

CDU will stärkere Zusammenarbeit statt Zwangsfusionen

Bei der Reform geht aus CDU-Sicht Bürgernähe verloren, ohne dass Geld gespart wird. "Im Gegenteil, Gutachten über entsprechende Reformen in anderen Bundesländern zeigen, dass die Verwaltung teurer wird", betonte CDU-Oppositionschef Ingo Senftleben. Seine Partei wolle eine stärkere Zusammenarbeit der Kommunen statt Zwangsfusionen. Dafür setze die CDU auf direkte Demokratie: "Der Bürger soll mitentscheiden, ob er sich seine Heimat in solch monstermäßig großen Landkreisen vorstellt, wie das geplant ist." Die Reform greife direkt in den Alltag jedes Bürgers ein. "Es geht um Schulstandorte, den Nahverkehr oder das Theater in der Stadt."

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Der Landtagsabgeordnete Péter Vida betonte, der Bürger sei nach der Verfassung der Souverän in Brandenburg. Dagegen wolle die rot-rote Landesregierung mit aller Macht ihren Zentralismus durchsetzen. "Wir wollen denjenigen eine Stimme geben, die sich in den Kommunen tagtäglich engagieren und denen bei der Reform von der Landesregierung keinerlei Beachtung geschenkt wird."

Auch der Bürgermeister von Stahnsdorf, Bernd Albers (BVB/Freie Wähler), engagiert sich in dem Verein. "Wir praktizieren mit unseren Nachbargemeinden Teltow und Kleinmachnow bereits eine gute Zusammenarbeit, etwa bei der Feuerwehr, einem gemeinsamen Konzept für den Nahverkehr und mit einem gemeinsamen Freibad." Dafür müsse die Gemeinde ihre Eigenständigkeit nicht aufgeben.

SPD kritisiert die Volksinitiative 

Deutliche Kritik an der Volksinitiative kam von der regierenden SPD. Brandenburg stehe angesichts des Bevölkerungsrückgangs und knapper werdenden Finanzen vor großen Herausforderungen, sagte Fraktionsvize Daniel Kurth. "Wer will, dass Brandenburg zusammenhält und die Kommunen auch künftig Gestaltungskraft haben, muss die Reformchancen jetzt nutzen." Weiter bemerkte Kurth: "Nur starke Landkreise können für ihre Bürgerinnen und Bürger dauerhaft eine Verwaltung auf hohem Niveau leisten."

Ebenso stellten sich die oppositionellen Grünen gegen die Initiative. "Gar keine Reform ist auch keine Lösung", meinte ihr Landesvorsitzender Clemens Rostock. Allerdings sei auch seine Partei mit dem Vorschlag der Landesregierung nicht einverstanden. So werde mit einem Lausitzkreis im Süden des Landes ein viel zu großes Gebilde angestrebt. "Hier gilt es, die Landesregierung im parlamentarischen Verfahren zu konkreten Verbesserungen zu bewegen." Mit der Volksinitiative seien keine Verbesserungen zu erreichen.

Hintergrund: Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid

Potsdam - Im Land Brandenburg können Bürger selbst Anträge in den Landtag einbringen - oder sogar Gesetze erlassen. In der Verfassung sind dafür drei Schritte vorgesehen: Zunächst die Volksinitiative, dann das Volksbegehren und schließlich der Volksentscheid.

Für die im Streit um die Kreisreform zunächst angekündigte VOLKSINITIATIVE sind 20 000 Unterschriften notwendig, die binnen eines Jahres einfach auf der Straße gesammelt werden können. Sind alle Bedingungen erfüllt, beschäftigt sich das Plenum des Landtags damit.

Sollte das Ansinnen nicht angenommen werden, kann das VOLKSBEGEHREN als zweite Stufe folgen. Dafür müssen 80 000 Bürger in Rathäusern oder Bürgerbüros ihre Unterschrift abgeben.

Lehnt der Landtag das Ansinnen erneut ab, kann es zum VOLKSENTSCHEID kommen. Dabei muss an einem festgesetzten Wahltag nicht nur die Mehrheit mit «Ja» stimmen, sondern auch mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten. Dies wären gut eine halbe Million Brandenburger ab 16 Jahren.

Wenn über ein Gesetz abgestimmt wurde, ist es dann genauso gültig wie ein vom Landtag verabschiedetes Gesetz. Eine allgemeine Forderung von Bürgern an die Landesregierung hat dagegen keine Bindungswirkung - wohl aber eine starke politische Signalwirkung. (dpa)

Klaus Peters

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