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PNN-Serie "Das neue Potsdam": In der Feldmark (14): Wie eine Spielstraße

In der Feldmark in Golm leben viele junge Familien. Sie schätzen die ruhige Lage, beobachten das Wachstum des Viertels aber auch mit gemischten Gefühlen.

Potsdam wächst rasant, überall in der Stadt schießen neue Wohnviertel empor. Doch wie lebt es sich dort eigentlich? Die PNN besuchen die Quartiere und stellen sie in der Serie „Das neue Potsdam“ vor.

Heute: Golm, In der Feldmark (Folge 14)

Golm - Das Klischee: Einfamilienhäuser, Zaun an Zaun, dicht an dicht. Und doch ohne wirkliche Nachbarschaft außer einem dahingemurmelten „Guten Morgen“, wenn die Anwohner in der Frühe in Richtung Arbeit hasten. Kati Hallstein (Name auf Wunsch geändert) empfindet es hier in Golm ganz anders. „Das ist hier wie eine Spielstraße für unsere Kinder – und überhaupt nicht anonym“, erzählt die 36-jährige Mutter von zwei Kindern. Ihr Einfamilienhaus steht in einer der fünf Stichstraßen, die von der Straße In der Feldmark abgehen – mit Namen wie Kleiber-, Meisen- oder Sperberweg. Die Gebäude sind alle erst in den vergangenen zehn Jahren so entstanden, bebaut worden – anders als in anderen Wohngebieten vor allem in Eigeninitiative. Lehrer, Polizisten, Mediziner, viele Berufe sind nun vertreten.

Die Mallmanns, sie wohnen gegenüber den Hallsteins, haben vor drei Jahren eines der letzten Grundstücke in ihrer Straße erworben. Vorher lebten sie fünf Jahre lang in Babelsberg: „Damals haben wir in unserer Nachbarschaft kaum jemanden gekannt – das ist jetzt anders“, sagt Christian Mallmann. Unter anderem organisieren die Anwohner jährlich ein Straßenfest im Sommer und auch zu Halloween gibt es eine Party, gemeinsam mit den Kindern zieht man um die Häuser.

Mehrere Spiel- und Bolzplätze

Die Kinder, immer wieder ist von ihnen die Rede. 15 Jungen und Mädchen zwischen null und zehn Jahren hat Kati Hallstein für die knapp 20 Häuser in ihrer Straße gezählt. Sie spielen alle miteinander, auch auf dem Feld nebenan. Außerdem finden sich mehrere Spiel- und Bolzplätze in der Nähe, dazu der bewaldete Große Herzberg. „Die Kinder klingeln gegenseitig an den Türen, besuchen sich, holen sich zum Spielen draußen ab, treffen sich, altersunabhängig. Das ist schon toll“, sagt sie.

Auf der anderen Seite sorgen die vielen Kinder aber auch für Bedenken: Reicht die Infrastruktur für junge Familien künftig noch aus? Denn zwar sind fünf Kitas in der Nähe. „Aber die sind alle gut besucht – einen Platz zu bekommen, ist nicht selbstverständlich“, erzählt Kati Hallstein.  Sie hatten Glück mit den Kitaplätzen für ihre beiden Kinder. Familie Hallstein blickt auch mit einigen Sorgen in die Zukunft, wenn es um die Frage geht, ob die Klassen in der voll ausgelasteten Grundschule „Ludwig Renn“ dann wirklich für alle Kinder reichen werden – oder auch die Hortplätze. Immerhin: Momentan entsteht eine Privatschule der Arbeiterwohlfahrt mit Montessoripädagogik im Viertel. „Wir hoffen, dass diese Schule etwas für Entlastung sorgen könnte“, sagt Kati Hallstein.

Zumal Golm in den kommenden Jahren weiter wachsen wird. Allein im nahe gelegenen Wissenschaftspark sollen Schritt für Schritt 1000 neue Arbeitsplätze entstehen. Dann werden auch neue Einfamilienhäuser entstehen, speziell nördlich der Feldmark. Kati Hallstein sieht dem Zuzug mit gemischten Gefühlen entgegen. „Ich denke, dass es hier dann auch noch mehr Angebote geben wird.“

Sporadische Kontakte mit Alteingesessenen

Ein anderer Wermutstropfen für die Bewohner des Viertels: Die fehlende feste Ortsmitte. Mit den alteingesessenen Golmern gäbe es nur sporadische Kontakte, etwa beim Feuerwehrfest, heißt es. Und mit dem 500 Meter entfernten neu entstandenen Rewe-Markt gebe es zwar inzwischen eine Einkaufsmöglichkeit, die irgendwie auch eine Art „Begegnungsort“ geworden ist – aber wenn man eine Drogerie oder einen Kinderarzt braucht, dann muss man trotzdem noch in die Innenstadt fahren.

Die Purfürss weisen aber auch auf eine eventuelle Schwierigkeit im Zusammenhang mit dem rasanten Wachstum des Stadtteils hin: „Hier wird es wahrscheinlich noch ein Verkehrsproblem geben“, prophezeit Kati Hallstein  Schon jetzt würden sich die Autos in der schmalen Kaiser-Friedrich-Straße manchmal in Richtung Innenstadt stauen. Und die Busse seien mitunter auch voll. Die Familie versucht sich darauf einzustellen: Sie fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit in die Innenstadt. Und außer bei Schmuddelwetter wie jetzt im Winter genießen das auch beide. „Besonders schön ist der Radweg über die Lindenallee in Richtung Sanssouci – und dann dort komplett durch den Park bis zum Luisenplatz. Fast kein Verkehr, auf der gesamten Strecke“, sagt Kati Hallstein.

Die Umstellung komplett auf Fahrräder könnte Christian Mallmann nicht leisten: Der 37-Jährige muss täglich nach Berlin pendeln – und ist deswegen glücklich über den nahen Bahnhof Golm. „Nach Charlottenburg dauert es nur etwas mehr als 25 Minuten“, sagt er. Das sei auch ein Argument für den Hausbau an dieser Stelle gewesen. Seine Frau kannte das damals freilich weit weniger erschlossene Viertel noch aus ihrer Studienzeit in Golm.

Streit um Badewiese am Zernsee

Bereut hat sie den Hausbau nicht. Schade findet sie einzig, dass es im Ort bisher keine richtige Badewiese am dortigen Zernsee gibt – um eine vom Gutschloss Golm gepachtete Wiese gibt es bekanntlich seit Jahren Streit, weil diese wegen Veranstaltungen im Schloss im Sommer nicht jedes Wochenende geöffnet war. Ein Stadtsprecher erklärt auf PNN-Anfrage, die Verhandlungen zu einem neuen Pachtvertrag stünden kurz vor dem erfolgreichen Abschluss, damit werde die öffentliche Zugänglichkeit der Fläche weiter garantiert. Details nennt er freilich nicht.

Doch im Prinzip sind solche Fragen Kleinigkeiten – im Vergleich zum Gefühl der Sicherheit, das die Familien Mallmann und Hallstein hier genießen. Auch in finanzieller Hinsicht, wie Matthias Hallstein vorrechnet: „Die Grundstückspreise sind hier mittlerweile um bis zu 50 Prozent gestiegen.“ Von Jahr zu Jahr stiegen die Preise, ein Ende sei kaum absehbar. „Wir müssen uns keine Sorgen machen, sollte man doch einmal wieder verkaufen wollen oder müssen“, sagt der Familienvater.

Doch daran denkt hier zurzeit niemand. Vielmehr werden die Grundstücke verschönert. „Ich kann mich im Garten ausleben“, sagt Christian Mallmann. Und Matthias Hallstein hat inzwischen schon eine Gartenlaube und ein Spielhaus aufgebaut, auch einen Zaun gesetzt. Zum Teil wochenlange Arbeit. „Hier werkeln fast alle“, erzählt er. „Kinderaktivität und Gehämmer gibt es hier nahezu immer, es ist sehr lebendig und aktiv. Das muss man mögen – und wir tun das.“

In der nächsten Folge lesen Sie am Freitag, dem 30. Dezember: Campus Jungfernsee.

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