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Landeshauptstadt: Warten ohne Kippe

In den rund 300 Potsdamer Tram- und Bushaltestellenhäuschen soll nicht mehr geraucht werden. Deshalb klebt der Verkehrsbetrieb Fußbodenschilder

Der Blick nach unten ist ernüchternd. Der Boden in dem Wartehäuschen an der Haltestelle Pappelallee, beim Campus der Fachhochschule, ist mit Kippen übersäht, auch in den Gleisen finden sich die gelben Glimmstengelreste. Seit dem gestrigen Mittwoch gibt es dort noch einen farbenfroheren Blickfang: ein buntes Fußbodenschild, das die Wartenden zumindest unter dem Glasdach vom Rauchen abhalten soll. „Unsere Helden mögen frische Luft und rauchen nicht in Wartehallen“ ist darauf zu lesen. Eine Dame in weiß-grünem Outfit hebt die Hände, im Hintergrund ist ein Rauchverbotszeichen zu sehen.

Ein „Ground-Poster“, also Fußbodenplakat, nennen Martin Grießner und Oliver Glaser, die beiden Chefs des Verkehrsbetriebs Potsdam (ViP), die selbstklebenden und strapazierfähigen bedruckten Folien. Innerhalb der kommenden vier Wochen sollen nach und nach alle 300 Haltestellen in Potsdam mit ihnen ausgestattet werden. 6000 Euro lässt sich das der Verkehrsbetrieb kosten.

Das städtische Unternehmen setzt damit einen Beschluss der Stadtverordneten vom März 2013 um – muss sich allerdings mit einem Appell für mehr Rücksichtnahme begnügen. Denn rechtliche Mittel zur Sanktionierung eines Rauchverbotes an Haltestellen hat der Verkehrsbetrieb nicht, wie Martin Grießner erklärt: Anders als etwa die Deutsche Bahn auf ihren Bahnhöfen habe der Verkehrsbetrieb an den Haltestellen kein Hausrecht, da es sich um den öffentlichen Straßenraum handele. Eine Lösung mit Haltestellenwärtern sei auch unpraktikabel, so Grießner. Die neuen Nichtraucherhinweise passen in ihrer Gestaltung zur ViP-Kampagne „Gute Tat, gute Fahrt“, mit der der Verkehrsbetrieb seit dem vergangenen Sommer mit Plakaten zu mehr Rücksichtnahme gegenüber Mitfahrern in Trams und Bussen aufruft.

Tatsächlich habe es in der Vergangenheit ab und zu Beschwerden von Kunden wegen Rauchern an den Haltestellen gegeben, sagt Grießner. In den Bussen und Trams selbst gilt bekanntlich schon seit Jahren ein Rauchverbot. Mit dem „Appell an die Vernunft“ will man nun auch wartende Raucher zu mehr Rücksichtnahme bewegen. „Über die Wirkungen des Passivrauchens wissen alle Bescheid“, sagt der ViP-Chef. Gerade in den Wartehäuschen mit Dach gelange der Rauch schneller an Danebenstehende, die dem nicht ausweichen können.

Auch das städtische Gesundheitsamt begrüßt die Aktion mit den Nichtraucherschildern. Generell sei der Anteil der Raucher schon seit Jahren rückläufig, sagt Marcel Kosubeck, der Koordinator für Suchtprävention im Gesundheitsamt. Bundesweiten Statistiken zufolge gehe man davon aus, dass mittlerweile 69 Prozent aller Männer und 79 Prozent aller Frauen Nichtraucher sind. Auch bei dem regelmäßig in Potsdam durchgeführten Nichtraucher-Wettbewerb für Schüler mit dem Titel „Be smart, don’t start“ lasse sich diese Tendenz ablesen. Kosubeck geht davon aus, dass sowohl das Bundes-Nichtraucherschutzgesetz, das unter anderem das Rauchen in Gaststätten unmöglich gemacht hat, als auch die steigenden Preise für Zigaretten eine Rolle bei dieser Entwicklung spielen.

Dass es trotzdem genügend Raucher gibt, das merken die Verkehrsbetriebe allein am Müllaufkommen. An Verkehrsknotenpunkten wie dem Platz der Einheit oder dem Hauptbahnhof müsse dreimal täglich gereinigt werden, sagt ViP-Chef Oliver Glaser. Zumindest an der Pappelallee ist die Platzierung der Mülleimer, in die auch die ausgedrückten Zigaretten entsorgt werden sollen, ein weiteres Argument für Raucher, die Häuschen zu meiden – sie befinden sich außerhalb.

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