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750 Jahre Groß Glienicke: Vom Bauerndorf zum Labor der Wiedervereinigung

Groß Glienicke begeht in diesem Jahr sein 750. Jubiläum. Besonders in den letzten 100 Jahren hat sich viel verändert: Der Ort wurde von der deutsch-deutschen Teilung und ihren Folgen geprägt.

Ein Bauer hinter einem Pferdegespann, Stroh auf abgeernteten Feldern, eine verschneite Dorfstraße – ländliche Idylle eines märkischen Bauerndorfs. Die Fotografien zeigen einen Ausschnitt aus der Geschichte des Ortes Groß Glienicke, der seit 2003 ein Ortsteil Potsdams ist. Den Kalender herausgegeben hat der Groß Glienicker Kreis aus Anlass des 750. Ortsjubiläums. Erstmals erwähnt wurde der Ort im Jahr 1267 in einer Urkunde über Abgaben an das Spandauer Nonnenkloster. In dieser Urkunde erhält das Benediktinerinnen-Kloster in Spandau vom Markgrafen Otto zwei Hufen in „Glinicke“ zugesprochen, wie Ortsvorsteher Winfried Sträter weiß, der in Personalunion auch Ortschronist ist.

Slawische Siedlung vor mehr als 1000 Jahren

Dass das Jubiläum in diesem Jahr mit einer Vielzahl von Veranstaltungen gefeiert wird, ist also der mittelalterlichen Bürokratie zu verdanken. Denn tatsächlich gab es dort bereits vor mehr als 1000 Jahren eine slawische Siedlung. Das kann man auch am Namen erkennen, in dem der slawische Begriff für Lehm steckt, nämlich „glina“. Und vermutlich war das Seeufer sogar schon lange vorher besiedelt, worauf archäologische Funde hindeuten. Die längste Zeit seit jener ersten urkundlichen Erwähnung war Groß Glienicke ein märkisches Bauerndorf, an dessen Rand sich ein Rittergut befand.

Die für Ortschronist Sträter interessanteste Zeit brach im 20. Jahrhundert an. Nach dem Ersten Weltkrieg lebten auf dem Rittergut 250 Menschen, an den Ufern des Groß Glienicker Sees etwas weniger als 250. Doch als in der Weimarer Republik 1927 der Gutsbezirk aufgehoben und das Areal südlich davon als Siedlungsgebiet ausgewiesen wurde, veränderte sich der Charakter des Ortes: Aus dem nahen Berlin zog es zahlreiche Zuzügler ins Grüne, ein großstädtisches Publikum, darunter Künstler und Schauspieler. Pionier war damals die Familie Alexander. Alfred Alexander, Präsident der Berliner Ärztekammer, ließ in der Straße Am Park ein Wochenendhaus errichten. 1936 floh die jüdische Familie vor den Nazis nach England. Das Haus steht heute unter Denkmalschutz und soll zum interreligiösen Begegnungszentrum werden (PNN berichteten).

"Nicht nur Berlin war geteilt, sondern auch Groß Glienicke"

Die schwunghafte Entwicklung des Siedlungsgebiets wurde jedoch durch den Zweiten Weltkrieg gestoppt. Mit dessen Ende wurde der Ort geteilt. Das östliche Seeufer wurde wegen des nahen Flughafens Gatow dem britischen Sektor Westberlins zugeschlagen, der Ortskern und das Westufer der sowjetischen Besatzungszone. „Nicht nur Berlin war geteilt, sondern auch Groß Glienicke“, sagt Sträter. Mit dem Mauerbau 1961 machte die DDR den Ort zur Hochsicherheitszone. „Die Entwicklung war wie eingefroren“, beschreibt es Sträter. In der Kaserne der Grenztruppen, dort wo heute die Preußenhalle steht, war auch Artillerie stationiert, die im Kriegsfall nach Westberlin hätte schießen sollen.

Mit dem Ende des SED-Regimes endete auch die Randlage von Groß Glienicke. Und es dauerte nicht lange, bis der Ort wieder für Zuzügler aus der Metropole interessant wurde. In 25 Jahren stieg die Einwohnerzahl von 1800 auf mehr als 4500. Auch Sträter selbst zog 1997 aus Berlin nach Groß Glienicke und hat es nicht bereut. „Es gibt hier sehr viele nette Leute.“ Für die Alteingesessenen sei der massive Zuzug anfangs sicher gewöhnungsbedürftig gewesen, so Sträter. Mittlerweile sei die Veränderung aber die Konstante im Ort. „Wir sind ein kleines Labor der Wiedervereinigung.“

Heute sei Groß Glienicke viel mehr als ein Schlafdorf für Menschen, die nach Berlin oder Potsdam pendeln. Es gebe ein Vereinsleben mit vielen engagierten Menschen und eine aufgeschlossene Stimmung. Das habe auch die hilfsbereite Reaktion der Groß Glienicker gezeigt, als 2015 im Ort eine Flüchtlingsunterkunft eröffnet wurde.

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