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Flüchtlinge in Potsdam: Spenden im Überfluss

Die Stadt Potsdam feierte am Wochenende mit einem Toleranzfest ihre Willkommenskultur für Flüchtlinge. Oberbürgermeister Jann Jakobs ist stolz auf "seine Potsdamer". Doch es gibt auch einige Tücken.

Potsdam - Für die neue Flüchtlingsunterkunft in der Heinrich-Mann-Allee ist am Wochenende ein Spendenstopp ausgerufen worden. Derzeit sei man mit der Planung beschäftigt, wie die Spenden künftig auch auf andere Asylunterkünfte in Potsdam verteilt werden könnten, hieß es im sozialen Netzwerk Facebook. Nur noch Speisen und Getränke für ein Willkommenpicknick wurden angenommen.

Gleichwohl nimmt das ehrenamtliche Engagement für die Zweigstelle der Erstaufnahme, in der inzwischen knapp 450 Asylbewerber untergebracht sind, kein Ende. Zu dem Willkommensfest kamen mehr als 500 Besucher – etwa die Hälfte davon Helfer. Zudem stellt der SV Babelsberg 03 ab dieser Woche den Helfern und Flüchtlingen sonntags seinen Trainingsplatz zur Verfügung. Ab 16 Uhr haben die Asylbewerber an den Sonntagen außerdem die Möglichkeit, beim Flüchtlingsteam „Welcome United 03“ mitzutrainieren. „Ich bin stolz auf meine Potsdamerinnen und Potsdamer, die das in kürzester Zeit aus dem Boden gestampft haben“, befand Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der am Samstag beim Toleranzfest in Groß Glienicke teilnahm. Die jüngst gegründete Initiative „Potsdamer Gastronomen helfen Flüchtlingen“ kündigte am Sonntag an, das Trinkgeld dieser Woche für die Flüchtlingsunterkunft in der Heinrich-Mann-Allee zu spenden.

Internetplattform soll Kommunikation erleichtern

Jakobs sprach aber auch über die Tücken im ehrenamtlichen Engagement. „Ich habe den Eindruck, dass ein so großes Engagement vorhanden ist, dass es teilweise schwierig ist, dieses zu kanalisieren.“ Erst am Freitag habe ein Helfer eine große Kleiderspende ins Rathaus gebracht, weil er nicht wusste, wohin damit. Die Kommunikationswege müssten direkter werden, so Jakobs. Dazu verwies er auf ein Internetportal, das derzeit am Entstehen ist. Auf der Plattform mit dem Namen www.refunity.org soll die Hilfe für mehrere Einrichtungen deutschlandweit zentral koordiniert werden können.

Um Willkommenskultur ging es auch beim 8. Potsdamer Toleranzfest auf der Badewiese am Groß Glienicker See, das zum ersten Mal in einem eingemeindeten Stadtteil stattfand. Hintergrund: Seit Anfang August wohnen in dem nördlichen Stadtteil 100 Flüchtlinge. Obwohl zu Beginn Anwohner gegen die Asylunterkunft Klage einreichten – und mit dieser scheiterten –, werden die Neuankömmlinge mittlerweile willkommen geheißen.

Mit Ankunft der Flüchtlinge habe sich sofort eine bürgerschaftliche Initiative „Neue Nachbarschaften Groß Glienicke“ gebildet, sagte Ortsvorsteher Winfried Sträter. „Sie ist eine ausgesprochene Bereicherung für den Ort.“ Auch der Internationale Bund, Träger der Unterkunft, ist zufrieden. „Es könnte nicht besser sein“, sagte Robert Schumann, Leiter der Einrichtung, den PNN. Viele ehrenamtliche Helfer würden beispielsweise Sprachunterricht geben. „Sehr schade ist aber, dass albanische Familien vermehrt Abschiebebescheide bekommen. Das trübt die Stimmung.“ Zudem habe es bereits Abschiebungen gegeben, „ohne dass wir vorab informiert wurden. Wir konnten uns nicht einmal verabschieden“, so Schumann.

Wie die Flüchtlinge Groß Glienicke empfinden

An einem der zahlreichen Informationsstände schraubte beim Toleranzfest der syrische Flüchtling Mahmoud Hmaidi gemeinsam mit Marcel Streitenberger vom Groß Glienicker Begegnungshaus an einem Fahrrad. Auch in dem Jugendclub gibt es eine Fahrradwerkstatt, bei der Flüchtlinge bereits ehrenamtlich mitarbeiten. „Wir wollen kein Extraprojekt aufziehen, sondern bereits bestehende für Flüchtlinge öffnen“, erklärte Streitenberger. Von den Fahrrädern, die das Begegnungshaus aus Spenden erhalte, würden einige aufbereitet und an die Asylbewerber in der Waldsiedlung weitergegeben.

Und wie empfinden die Flüchtlinge die Situation in Groß Glienicke? „Wir mögen es hier. Die Groß Glienicker sind sehr nett und hilfsbereit“, sagte Hmaidi. Und: „Wir sind in Syrien vor dem Tod geflohen, das Wichtigste für uns ist Sicherheit“, so Hmaidi. Für viele Asylbewerber sei es jedoch schwer zu ertragen, dass ihre Familien immer noch im syrischen Kriegsgebiet sind. „Meine Mutter und meine Schwester sind zum Glück in der Türkei, mein Bruder mittlerweile in Deutschland. Aber trotzdem sind noch viele, viele Leute – Cousins, Freunde – in Syrien. Das ist das größte Problem für uns."

Preußenhalle bleibt Notfall-Option

Eine Anwohnerin mit einem „Refugees Welcome“-Luftballon am Kinderwagen sagte, dass sie die Flüchtlinge in Groß Glienicke nicht so sehr mitbekommen würde. „Ein bisschen schade“ habe sie die Ankündigung gefunden, dass die regelmäßig von Vereinen genutzte Preußenhalle in dem Ortsteil als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt werden solle – „aber das ist vorerst doch nicht so“, sagte sie. „Die Preußenhalle wird nur gebraucht, wenn wir ganz plötzlich ganz viele Menschen unterbringen müssen“, bestätigte Oberbürgermeister Jakobs. Er verwies auch auf das Potsdamer Modell der Unterbringung: „Wir wollen keine großen Einrichtungen haben, wir wollen die Flüchtlinge über die ganze Stadt verteilen.“ Bei diesem Grundsatz werde man bleiben, „weil gerade kleine Einrichtungen dafür Sorge tragen, dass Integration gelingt.“

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