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Gewalt am Polterabend: Schwere Vorwürfe gegen Polizisten nach Pfefferspray-Einsatz

Am Freitag beendeten Polizisten einen Polterabend in der Potsdamer Puschkinallee - mit übertriebener Gewalt, wie Gäste meinen.

Potsdam - Dieser Polterabend hatte einen unschönen Ausgang: Als am vergangenen Freitagabend die Polizei wegen Ruhestörung in die Puschkinallee 17 gerufen wurde, gab es zu tumultartig Szenen (PNN berichteten). Am Ende kam gegen mehrere Feiernde – darunter die künftige Braut – Pfefferspray zum Einsatz, ihr Bräutigam und dessen Bruder verbrachten die Nacht in Polizeigewahrsam. Die Polizei gibt an, die Partygäste hätten sich unkooperativ verhalten und sich geweigert, das Gelände zu verlassen. Die Teilnehmer der Familienfeier kritisieren hingegen, die Polizei habe mit unverhältnismäßiger Härte reagiert.

Schauplatz ist der Garten der Villa Gericke direkt am Fuße des Pfingstbergs, die einst mit großem Aufwand restauriert worden war. Heutiger Eigentümer des Grundstücks ist Knud Brandis, Geschäftsführer der Price Waterhouse Cooper Cyber Security Services. 

Dort beging der Potsdamer Christian Müller am Freitag mit seiner künftigen Braut einen Polterabend: „Es war eine ganz friedliche Familienfeier mit etwa 30 Gästen“, sagte Julia Hüller aus Caputh, die ebenfalls vor Ort war, am Dienstag den PNN. Am Freitag um kurz nach 23 Uhr abends war die Polizei erschienen, weil sich ein Nachbar wegen zu lauter Musik beschwert hatte. Laut Hüller standen vier Beamte mit Waffen und dicken Schutzwesten vor dem Gartentor. Man habe sich darauf geeinigt, dass die Musik leiser gedreht werde, die Polizisten seien gegangen. „Wir haben mit den Nachbarn gesprochen und uns entschuldigt“, sagte Bräutigam Müller ebenfalls am Dienstag den PNN.

Was geschah beim zweiten Einsatz auf dem Villengelände?

Kurz vor Mitternacht kam die Polizei jedoch erneut, diesmal mit acht bis zehn Beamten, sagte Hüller. Insgesamt acht Streifenwagen seien an dem Einsatz beteiligt gewesen, sagte Therese Franz, Pressesprecherin der Polizeidirektion West, am Dienstag auf PNN-Anfrage.

Das Tor zum Garten sei verschlossen gewesen, dennoch hätten sich die Polizisten ohne um Erlaubnis zu fragen Zugang zum Gelände verschafft, so Eigentümer Brandis. Aus seiner Sicht lag keine Ruhestörung vor, auch fünf weitere Nachbarn hätten ihm bestätigt, dass es nicht laut gewesen sei. „Herrn Brandis wurde mitgeteilt, dass ein wiederholtes Erscheinen der Polizei wegen ruhestörendem Lärm eine Ordnungswidrigkeitenanzeige sowie die Beendigung der Feier nach sich ziehen würde“, erklärte hingegen Polizeisprecherin Franz. „Bei dem zweiten Erscheinen der Polizei wurden diese Folgemaßnahmen dann umgesetzt.“

„Sie sagten: ,Die Veranstaltung ist beendet und es verlassen alle Gäste sofort das Gelände’“, erinnert sich die Braut in einem Gedächtnisprotokoll. Ihren Vorschlag, die Feier ins Kutscherhaus zu verlegen, hätten die Beamten abgelehnt: Ins Haus durfte nur noch, wer dort wohnte. Dazu sollten sich die Anwesenden ausweisen: „Wir wollten ja unsere Ausweise holen, aber die waren im Haus“, sagte Müller. Der Eingang zum Haus sei jedoch von Beamten versperrt worden. „Einer der Gäste wollte zu seinen Kindern, die im Haus schliefen, um nach Hause zu gehen, wurde aber daran gehindert“, sagte Hüller. „Keiner hat die Polizisten angegriffen.“ Laut Brandis sei die Haltung der Beamten von Anfang an aggressiv gewesen, auch Sätze wie: „Jetzt zeigen wir es Euch, Ihr Anwaltssöhne“, sollen gefallen sein.

„Die haben uns behandelt wie Verbrecher“

Die Polizei stellt die Vorgänge anders dar: Bräutigam Müller habe die Beamten beleidigt und sich daraufhin der Personalfeststellung durch Weglaufen entziehen wollen. Müller hingegen sagt: „Ich wollte erneut versuchen, durch den normalen Eingang ins Haus gelangen.“ Doch er sei von mehreren Beamten eingeholt und zu Boden gedrückt worden: „Einer hat mir das Knie in die Kehle gedrückt, so dass ich keine Luft mehr bekam“, so Müller. Ihm sei der Arm verdreht und gegen den Kopf getreten worden. Laut Polizei habe er sich mit Tritten gewehrt, Müller und seine Gäste bestreiten dies.

Mehrere Minuten lang sei er unter großen Schmerzen fixiert worden, behauptet Müller. Als seine Braut zu ihm gehen wollte, habe einer der Beamten sie weggestoßen und ihr ohne Ankündigung Pfefferspray ins Gesicht gesprüht. „Ich habe bislang nie geglaubt, dass Polizisten auf Demonstrationen einfach Menschen zu Boden werfen und quälen“, sagte Brandis am Dienstag. „Die haben uns behandelt wie Verbrecher.“

Polizei und Gäste haben Anzeige erstattet

Wenig später sei es zu einem weiteren Vorfall gekommen, als Müllers Bruder am Büffet aufräumen wollte und dabei ein Brötchenmesser in die Hand nahm. „Messer, Messer!“ habe daraufhin einer der Beamten gerufen. Im Polizeibericht heißt es: „Ein 36-jähriger Tatverdächtiger ging mit einem Messer in der Hand auf die Polizeibeamten zu, sodass wiederum Pfefferspray gegen diesen Mann eingesetzt werden musste, da er auf die vorherigen wiederholten Aufforderungen dies zu unterlassen, keine Reaktion zeigte.“ „Das stimmt nicht“, so der Beschuldigte. „Ich habe das Messer sofort fallengelassen.“

Am Ende wurden ihm sowie Müller Handschellen angelegt. Gegen mehrere Gäste liegen Strafanzeigen vor, die ihrerseits die Beamten angezeigt haben, unter anderem wegen Hausfriedensbruch, Amtsmissbrauch und Körperverletzung. Zu den Vorwürfen wollte sich die Polizei noch nicht äußern: „Die Bearbeitung aller Strafanzeigen ist noch nicht abgeschlossen. Insofern können zu den Inhalten noch keine Einzelheiten veröffentlicht werden“, sagte Sprecherin Franz.

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