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Landeshauptstadt: Safe aus der Tiefe

Suttner-Gymnasium engagiert sich für den Aradosee. Tauchende Väter gründelten auf der Suche nach Müll

Teltower Vorstadt/Babelsberg - „Geheimnisvolle Dinge“ sollen im Aradosee liegen, alte Flugzeuge, Panzer, von einem Bunker wird gemunkelt Als Naturwissenschaftler, als promovierter Chemiker, will es Jochen Woller nicht bei Gerüchten belassen, sondern sehen, was da Wahres dran ist. Zumal zwei Väter, deren Kinder das Bertha-von-Suttner-Gymnasium besuchen, an dem Woller als Bio- und Chemielehrer arbeitet, Tauchsportler sind. Am Samstagmorgen stiegen beide – Fred Jebsen und Mario Fuchs – im Rahmen einer von Woller initiierten großen Seereinigungsaktion von Schülern, Eltern und Lehrern hinab in die Tiefe des naturschönen Sees unweit der Nuthe.

Das neue Babelsberger Gymnasium hat es sich zum Ziel gesetzt, den Aradosee zu erforschen und seine Wasserqualität zu verbessern. Das scheint auch dringend nötig. Während Schüler alte Stiefel, Bierflaschen und Geröll in einen von der Stadtverwaltung gestellten Container warfen, erschien plötzlich Potsdams Biberpapst Burkhart Sell am See. „Seine“ Biber haben nur wenige Meter entfernt an der Nuthe ihren Bau. Sell hat Fotos vom Sommer 2008 dabei, auf denen Tausende Fische zu sehen sind, die ihre Mäuler aus dem Aradosee stecken, um nach Luft zu schnappen. Hunderte Karauschen, Plötzen und Rotfeder trieben tot an der Oberfläche, berichtete Sell. „Der See kippt regelmäßig um“, ergänzt Woller, „er eutrophiert“. Der Lehrer hat eine Vision, wie das künftig verhindert werden könnte. Der Aradosee, künstlich entstanden bei der Begradigung der Nuthe, hat nur eine winzige Anbindung an den Fluss. Würde jedoch ein zweiter Zufluss an die Nuthe geschaffen, könnte stets genügend Frischwasser zufließen, um den Sauerstoffgehalt des Wassers stabil zu halten. Mikroorganismen könnten dann den Schlamm abbauen, Wasserpflanzen besser wachsen. Woller hofft, dass irgendwann mal „ein Baulöwe“ unter den Vätern seiner Schüler ist, für den das Ausheben eines weiteren kleinen Stichkanals ein Klachs wäre – Genehmigungen von Stadt und Landesumweltamt vorausgesetzt. Aber auch kleine Beträge bringen die Aradosee-Rettung voran, betonte Ivonne Noatsch, Vorsitzende des Schulfördervereins, der das Projekt unterstützt.

Woller hat viel vor mit dem Aradosee. Jeder praktische und theoretische Unterricht kann Bezug zum Aradosee haben: Wasserproben können von Schülern genommen und analysiert werden, Tiere beobachtet oder eine Homepage angelegt werden. Das Gewässer ist auch ein ungehobener Schatz für den Geschichtsunterricht. Den Namen Arado hat der See vom an dieser Stelle ehemals gelegenem Rüstungsbetrieb, den Arado-Flugzeugwerken. Im Zweiten Weltkrieg mussten dort 15 000 Zwangsarbeiter arbeiten. Ein alter Babelsberger, der am Samstag am Ufer spazieren ging, berichtete, dass das Gewässer in früheren Zeiten auch als Badesee für die Werksangehörigen genutzt wurde. Ein weiterer Spaziergänger wusste, dass der See in den 1970er-Jahren kurzzeitig in „Schlaatz-See“ umbenannt wurde. All dies sei ihm noch unbekannt, sagte Woller und freute sich darüber, dass seine Schüler noch so viel zu erforschen haben.

Selbst für den Kunstunterricht am Gymnasium bietet der See Stoff: Kunstlehrerin Beate Skerra war nicht nur hin und weg angesichts großer gelbblühender Wasserlilien. Den gesammelten Müll erblickend – die Taucher wuchteten auch einen alten Einkaufswagen aus dem See – rief sie aus, all das könne „man toll arrangieren zu einer Assemblage“. Kaum sah sie den Zweifel im Blick ihrer Lehrerkollegen, setzte sie schmunzelnd hinzu: „Seht ihr nicht die Ästhetik des Morbiden?“

Ein Flugzeug oder einen Panzer fanden die beiden Taucher indes nicht – wohl aber bargen sie einen Safe vom Grund des Sees. Eine moderne Eingabetastatur für den Schließcode deutete bereits an, dass mit goldenen Reichsmark für die Klassenkasse nicht zu rechnen sein würde. Doch kurze Zeit war die Spannung hoch. Was ist drin? Schüler Hendrik öffnete den Safe mittels der Hebewirkung einer Schippe und fand darin – nichts. Wortlos warf der Junge den Kasten in den Müllcontainer.

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